Mutter muss zusehen, wie Tram mit Kind losfährt
Ihre vierjährige Tochter ist in Göggingen bereits in eine Straßenbahn eingestiegen, als sich die Tür vor der Nase der Mutter schließt. Die Tram fährt ohne sie los. Das ist nicht der einzige Grund, warum die 39-Jährige empört ist
Tanja Beck* und ihre kleine Tochter Sonja* fahren regelmäßig mit der Straßenbahn. Wie etwa zum Schwimmtraining des Mädchens nach Göggingen. Doch was die Mutter mit ihrem vier Jahre alten Kind vergangene Woche erlebt hat, empört die 39-Jährige. Ihre Tochter war in die Straßenbahn schon eingestiegen, da schlossen sich die Türen vor der Nase der Mutter. Die Tram fuhr mit dem kleinen Kind davon.
Die beiden saßen Samstagnachmittag an der Haltestelle Hessing der Linie 1 in Göggingen. Sie warteten nach der Schwimmstunde wie immer auf die Tram, um in Richtung Innenstadt zurückzufahren. Nach Angaben von Tanja Beck hielt die Straßenbahn diesmal 15 Meter entfernt von den Sitzplätzen der Haltestelle. „Meine Tochter rannte los zur Tür des letzten Wagens. Sie drückt gerne auf den Knopf, damit die Tür aufgeht.“Aussteigende waren dem Kind zuvorgekommen. Also stieg Sonja in die Tram. Ihre Mutter packte die Taschen und kam hinterher. Doch die Tür ging bereits zu. „Ich drückte auf den Knopf, aber sie öffnete nicht mehr. Ich bekam etwas Panik, lief zur nächsten, aber auch sie ging zu.“
Wie Beck erzählt, trommelte sie gegen die Tür und rief, um den Fahrer auf die Situation aufmerksam zu machen. Sie hörte, wie innen ihre Tochter vor Angst schrie. Jetzt geriet sie völlig in Panik. Die Tram fuhr los. In Badelatschen rannte die Mutter ihr nach. „Ich wusste, dass die nächste Haltestelle die Endstation in Göggingen ist und die Tram eine kurze Pause macht.“Als sie ankam, sah Tanja Beck, dass ein Pärchen mit ihrer Tochter ausgestiegen war und auf die Mutter wartete. „Die Kleine war fix und alle.“
Wie sich herausstellte, hatte sich das Paar in der Tram um Sonja gekümmert. Der Mann habe den Fahrer gebeten, anzuhalten – vergebens. Aufgebracht stellte Tanja Beck den Fahrer zur Rede. „Das war die eigentliche Schmach. Ich bekam eine praktische Demonstration, wie die Tür aufgeht, und gesagt, dass ich wohl genügend Zeit gehabt hätte.“Zudem habe sie sich anhören müssen, dass sie besser auf ihre Tochter aufpassen solle. „Als ich nach seinem Namen fragte, erhielt ich die Antwort, das habe mich nicht zu interessieren.“Tanja Beck schilderte im SWA-Kundencenter den Vorfall. Dort habe man ihr geraten, sich am Montag zu beschweren. Das tat sie. „Bei meinem Anruf erklärte man mir, dass ich einen Rückruf erhalten würde.“
Dass der Fahrer ohne die Mutter losfuhr, habe nichts mit Böswilligkeit zu tun, wird von Seiten der Stadtwerke gegenüber unserer Redaktion erklärt. Sobald die Türen automatisch schließen, bekämen Fahrer das Signal, loszufahren. „Im Prinzip rennt an jeder Haltestelle noch jemand herbei, der mitfahren will“, sagt ein SWA-Sprecher. Aber jeder Fahrer habe einen zeitlichen Turnus, an den er sich halten müsse. In diesem Fall habe der Fahrer die Situation wohl nicht umrissen. „Er sieht im Rückspiegel letztendlich nur, dass noch jemand an einer Tür steht und den Knopf drückt.“
Tanja Beck findet, dass ihr „Randalieren“an der Tür sowie das Schreien ihrer Tochter und das Rufen der Fahrgäste den Fahrer hätte daran hindern müssen, loszufahren. Zudem habe sein unhöfliches Verhalten sie dazu bewegt, mit dem Vorfall an die Öffentlichkeit zu gehen. Inzwischen wurde sie von den Stadtwerken zurückgerufen. „Man hat sich für das Verhalten des Fahrers mir gegenüber entschuldigt. Er bekommt nun ein Gespräch. Das war mir wichtig.“