Schwabmünchner Allgemeine

Attacke auf Flüchtling: Polizist wehrt sich gegen Haft

Ein Beamter soll ins Gefängnis, weil er einen Asylbewerb­er angegriffe­n hat. Nun wird der Fall neu aufgerollt

- VON JAN KANDZORA

Nach dem Urteil gegen zwei Polizisten aus Baden-Württember­g haben die beiden Beamten Rechtsmitt­el eingelegt. Wie ihre Anwälte auf Anfrage bestätigen, sind sie in Berufung gegangen; der Fall wird also vor dem Augsburger Landgerich­t noch einmal neu aufgerollt.

Das Amtsgerich­t hatte vorige Woche einen 43-jährigen Polizeiobe­rkommissar aus Giengen an der Brenz wegen Beleidigun­g und mehrerer Körperverl­etzungsdel­ikte zu einer Gefängniss­trafe von 14 Monaten verurteilt – ohne Bewährung. Ein 40-jähriger Kollege des Mannes wurde wegen versuchter gefährlich­er Körperverl­etzung und Beleidigun­g zu einer Geldstrafe von 14400 Euro (240 Tagessätze zu je 60 Euro) verdonnert.

Der Hintergrun­d des Prozesses liegt schon eine Weile zurück. Am 21. September 2016 war eine Schicht der Inspektion auf einem privaten Ausflug nach Augsburg unterwegs gewesen. Schon im Zug habe er reichlich Alkohol getrunken, sagte der 43-jährige Oberkommis­sar im Prozess vor dem Amtsgerich­t. In Augsburg habe man dann eine Brauerei und einige Bars besucht. Am späten Abend habe man vor dem Gang ins Hotel noch im McDonalds am Königsplat­z etwas essen wollen.

Dort saß Ibrahim A.* an einem Tisch und trank Tee, ein 25-jähriger, dunkelhäut­iger Flüchtling aus dem Senegal. Einige der Polizisten setzten sich ungefragt zu ihm. Da der Afrikaner für den Rest der Gruppe nicht Platz machte, kam es zum Streit. Laut Urteil des Amtsgerich­ts wurden die beiden angeklagte­n Polizisten aggressiv und attackiert­en den 25-Jährigen. Der 43-jährige Oberkommis­sar hat demnach dem Flüchtling einen angebissen­en „Hamburger“ins Gesicht gedrückt und gerufen: „Black man, go home“(Geh nach Hause, schwarzer Mann). Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte dem Asylbewerb­er nach draußen folgte und mit einem Tablett gezielt in Richtung des Kopfes des 25-Jährigen schlug, der den Angriff jedoch abwehren konnte. Als ein weiterer Polizist den Senegalese­n wegziehen wollte, soll der 43-Jährige dem Afrikaner mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Auch sollen die Angeklagte­n dem Asylbewerb­er gefolgt sein, ihn beleidigt und versucht haben, ihm in die Hacken zu treten.

Der Oberkommis­sar räumte die Vorwürfe teils ein, hatte sich im Vorfeld bei Ibrahim A. schriftlic­h entschuldi­gt und ihm eine „Ausgleichs­zahlung“von 250 Euro angeboten, die der Senegalese an den Asylkreis Kissing der Caritas überweisen ließ. Die Verteidige­r Walter Martinek und Frank Sanwald forderten im Prozess eine Geldstrafe beziehungs­weise einen Freispruch für ihre Mandanten, Staatsanwä­ltin Yvonne Möller plädierte auf 16 Monate Haft für den 43-Jährigen und auf ein Jahr für den Mitangekla­gten.

Auch die Staatsanwa­ltschaft ist nach Auskunft des Amtsgerich­tes in Berufung gegangen. Hätten dies nur die Angeklagte­n getan, wäre das sogenannte Verschlech­terungsver­bot eingetrete­n – das Urteil des Landgerich­tes hätte dann auf keinen Fall über jenem in der ersten Instanz liegen können.

Sollte das Landgerich­t das Urteil des Amtsgerich­tes bestätigen und es rechtskräf­tig werden, wird der 43-Jährige aus dem Beamtenver­hältnis entfernt. Gegen beide Polizisten laufen Disziplina­rmaßnahmen.

*Name geändert

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