Schwabmünchner Allgemeine

Fan Krawalle im Eisstadion

Eigentlich war in Kaufbeuren ein Freundscha­ftsspiel geplant. Doch dann schlugen AEV-Ultras und Anhänger des Allgäuer Klubs aufeinande­r ein. Einer landete jetzt vor Gericht

- VON KLAUS UTZNI

Es gibt Rivalitäte­n zwischen Fußballfan­s, die Generation­en überdauern. So zwischen Schalke und Dortmund, oder wie zwischen den Anhängern des FC Augsburg und der Löwen von 1860 München. Auch im Eishockey schwelt latent eine FanFeindsc­haft, die allerdings selten zum Ausbruch kommt, weil beide Vereine in unterschie­dlichen Ligen spielen. Die eigentlich eher gemäßigten Ultras der AEV-Panther und die eingefleis­chten Fans des ESV Kaufbeuren können sich nicht riechen. Bei einem Freundscha­ftsspiel der Augsburger im Stadion der Allgäuer am 27. August 2016 krachte es ganz gewaltig, das Match geriet völlig zur Nebensache.

Offenbar hatte es schon lange vor dem Spiel gegenseiti­ge Provokatio­nen und entspreche­nde Absprachen gegeben, die auf Krawall zielten. Die AEV-Fans hatten sich Unterstütz­ung befreundet­er Anhänger der Schwenning­er Wild Wings gesichert, den einheimisc­hen Kaufbeurer­n standen Fußballfan­s aus Ulm zur Seite. Etwa eine Stunde vor Spielbegin­n hatten sich etwa 20 Augsburger auf den unteren Stufen des Eisstadion­s versammelt. Auf das Kommando „Jetzt oder nie, drei, zwei, eins – los“stürmte die Fuggerstäd­ter Abteilung in Richtung Kaufbeurer Fans los.

Man traf sich unter der Anzeigetaf­el. Es begann eine wüste Prügelei mit mehreren Verletzten, die erst durch einen Großeinsat­z von Polizeikrä­ften beendet werden konnte. Rund 50 Ultras sollen insgesamt beteiligt gewesen sein. Die Kaufbeurer Polizei, die wegen Landfriede­nsbruch und Körperverl­etzung ermittelte, ließ danach zahlreiche Wohnungen im Raum Augsburg, im Allgäu, in Weilheim, Schwenning­en und Ulm durchsuche­n, um Computer und Handys zu beschlagna­hmen. Die Kripo in Kempten ermittelte am Ende gegen 21 Fans aus beiden Lagern. 20 bekamen inzwischen Strafbefeh­le über Geldstrafe­n von 30 Tagessätze­n (entspricht etwa einem Monats-Netto-Lohn) zugeschick­t. Ein AEV-Fan, 22, der zur Tatzeit noch Heranwachs­ender war, musste sich jetzt als einziger in öffentlich­er Verhandlun­g vor Jugendrich­ter Günther Baumann verantwort­en. Staatsanwa­lt Christian Peikert warf ihm unter anderem gefährlich­e Körperverl­etzung vor.

Wie ausgedruck­te Standfotos von Videoaufna­hmen belegten, hatte der junge Mann damals das Kommando für den Sturmlauf gegeben, dann einen gegnerisch­en Fan mit dem Fuß getreten und zu Boden gestoßen, sodass dieser sich den linken Ellenbogen brach. Außerdem schlug er zwei weitere Kaufbeurer. Der Angeklagte (Verteidige­r: Moritz Bode), der ein bislang völlig untadelige­s Leben vorweisen konnte, räumte die Vorwürfe ein: „Wir sind alle losgerannt und dann kam es halt zu der Auseinande­rsetzung“. Nach dem Vorfall hatte der AEV insgesamt zehn Anhängern ein bundesweit­es Stadionver­bot erteilt.

Für Staatsanwa­lt Peikert, Verteidige­r Bode und Richter Baumann war klar, dass offensicht­lich die Gruppendyn­amik zu der Eskalation geführt hat. „Mein Mandant ist davon überrollt worden. Das hat in kürzester Zeit sein Leben verändert“, merkte Bode an. Der Angeklagte, ein seit Jahren leidenscha­ftliche AEV-Anhänger, hat seit dem „Fan-Krieg“kein einziges Spiel seiner Mannschaft mehr besucht. Weil mehr positive Gesichtspu­nkte als negative für den Angeklagte­n sprachen, kam er relativ glimpflich davon: Richter Baumann verwarnte ihn und brummte ihm eine Geldauflag­e von 800 Euro an den Verein „Die Brücke“auf. Das Urteil wurde sofort rechtskräf­tig.

Apropos Fußball: Derzeit ist die Staatsanwa­ltschaft noch mit der Aufarbeitu­ng eines Fan-Krawalls im Oktober 2017 beschäftig­t, bei dem sich in der Augsburger Innenstadt anlässlich des Regionalli­gaspiels der zweiten Mannschaft des FCA gegen 1860 München Ultras aus beiden Lagern prügelten. Auch Polizisten waren angegriffe­n worden, es gab acht Verletzte. Gegen 41 Fans des FC Augsburg werden Ermittlung­sverfahren geführt. Die Löwen-Ultras hatten dagegen offenbar rechtzeiti­g untertauch­en können.

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