Fan Krawalle im Eisstadion
Eigentlich war in Kaufbeuren ein Freundschaftsspiel geplant. Doch dann schlugen AEV-Ultras und Anhänger des Allgäuer Klubs aufeinander ein. Einer landete jetzt vor Gericht
Es gibt Rivalitäten zwischen Fußballfans, die Generationen überdauern. So zwischen Schalke und Dortmund, oder wie zwischen den Anhängern des FC Augsburg und der Löwen von 1860 München. Auch im Eishockey schwelt latent eine FanFeindschaft, die allerdings selten zum Ausbruch kommt, weil beide Vereine in unterschiedlichen Ligen spielen. Die eigentlich eher gemäßigten Ultras der AEV-Panther und die eingefleischten Fans des ESV Kaufbeuren können sich nicht riechen. Bei einem Freundschaftsspiel der Augsburger im Stadion der Allgäuer am 27. August 2016 krachte es ganz gewaltig, das Match geriet völlig zur Nebensache.
Offenbar hatte es schon lange vor dem Spiel gegenseitige Provokationen und entsprechende Absprachen gegeben, die auf Krawall zielten. Die AEV-Fans hatten sich Unterstützung befreundeter Anhänger der Schwenninger Wild Wings gesichert, den einheimischen Kaufbeurern standen Fußballfans aus Ulm zur Seite. Etwa eine Stunde vor Spielbeginn hatten sich etwa 20 Augsburger auf den unteren Stufen des Eisstadions versammelt. Auf das Kommando „Jetzt oder nie, drei, zwei, eins – los“stürmte die Fuggerstädter Abteilung in Richtung Kaufbeurer Fans los.
Man traf sich unter der Anzeigetafel. Es begann eine wüste Prügelei mit mehreren Verletzten, die erst durch einen Großeinsatz von Polizeikräften beendet werden konnte. Rund 50 Ultras sollen insgesamt beteiligt gewesen sein. Die Kaufbeurer Polizei, die wegen Landfriedensbruch und Körperverletzung ermittelte, ließ danach zahlreiche Wohnungen im Raum Augsburg, im Allgäu, in Weilheim, Schwenningen und Ulm durchsuchen, um Computer und Handys zu beschlagnahmen. Die Kripo in Kempten ermittelte am Ende gegen 21 Fans aus beiden Lagern. 20 bekamen inzwischen Strafbefehle über Geldstrafen von 30 Tagessätzen (entspricht etwa einem Monats-Netto-Lohn) zugeschickt. Ein AEV-Fan, 22, der zur Tatzeit noch Heranwachsender war, musste sich jetzt als einziger in öffentlicher Verhandlung vor Jugendrichter Günther Baumann verantworten. Staatsanwalt Christian Peikert warf ihm unter anderem gefährliche Körperverletzung vor.
Wie ausgedruckte Standfotos von Videoaufnahmen belegten, hatte der junge Mann damals das Kommando für den Sturmlauf gegeben, dann einen gegnerischen Fan mit dem Fuß getreten und zu Boden gestoßen, sodass dieser sich den linken Ellenbogen brach. Außerdem schlug er zwei weitere Kaufbeurer. Der Angeklagte (Verteidiger: Moritz Bode), der ein bislang völlig untadeliges Leben vorweisen konnte, räumte die Vorwürfe ein: „Wir sind alle losgerannt und dann kam es halt zu der Auseinandersetzung“. Nach dem Vorfall hatte der AEV insgesamt zehn Anhängern ein bundesweites Stadionverbot erteilt.
Für Staatsanwalt Peikert, Verteidiger Bode und Richter Baumann war klar, dass offensichtlich die Gruppendynamik zu der Eskalation geführt hat. „Mein Mandant ist davon überrollt worden. Das hat in kürzester Zeit sein Leben verändert“, merkte Bode an. Der Angeklagte, ein seit Jahren leidenschaftliche AEV-Anhänger, hat seit dem „Fan-Krieg“kein einziges Spiel seiner Mannschaft mehr besucht. Weil mehr positive Gesichtspunkte als negative für den Angeklagten sprachen, kam er relativ glimpflich davon: Richter Baumann verwarnte ihn und brummte ihm eine Geldauflage von 800 Euro an den Verein „Die Brücke“auf. Das Urteil wurde sofort rechtskräftig.
Apropos Fußball: Derzeit ist die Staatsanwaltschaft noch mit der Aufarbeitung eines Fan-Krawalls im Oktober 2017 beschäftigt, bei dem sich in der Augsburger Innenstadt anlässlich des Regionalligaspiels der zweiten Mannschaft des FCA gegen 1860 München Ultras aus beiden Lagern prügelten. Auch Polizisten waren angegriffen worden, es gab acht Verletzte. Gegen 41 Fans des FC Augsburg werden Ermittlungsverfahren geführt. Die Löwen-Ultras hatten dagegen offenbar rechtzeitig untertauchen können.