Kulturreferent greift Kulturbüro an
Im Stadtrat in Königsbrunn wird gestritten, wie die Sammlung des Lechfeldmuseums wissenschaftlich erfasst und wie die Stelle ausgestaltet werden soll. Eine interne E-Mail sorgt jetzt für Aufregung
Um die Ausstellungsstücke im Lechfeldmuseum zu ordnen und zu katalogisieren, will die Stadt Königsbrunn eine eigene Stelle ausschreiben. Um ihre Besetzung gibt es hinter den Kulissen eine heftige Kontroverse, bei der Kulturreferent Christian Toth in einem Rundschreiben an alle Stadträte dem städtischen Kulturbüro Unfähigkeit vorwirft. Das ist der Hintergrund für den Streit: Um ihre Museen zeitgemäßer zu gestalten und dadurch langfristig die Besucherzahlen zu steigern, hatte die Verwaltung eine Studie in Auftrag gegeben, die im Rat ausführlich diskutiert wurde. Mittlerweile gibt es ein informatives Faltblatt sowie jeweils drei Minuten lange Filme, in denen die Königsbrunner Museen und ihre Schätze präsentiert werden, um sie stärker ins Bewusstsein der Bürger zu rücken. Vergangenes Wochenende wurde das 25-jährige Bestehen des Archäologischen Museums mit vielen Gästen im Rathaus gefeiert.
Auch das Lechfeldmuseum an der Schwabenstraße steht im Blickpunkt der Stadträte. Die dortige Sammlung besteht hauptsächlich aus Exponaten, die den bäuerlichen Alltag der Gründungssiedler, die Wohnverhältnisse und die Kleidung der früheren Bewohner des Lechfeldes anschaulich machen. „Diese Objekte haben hohen Erinnerungswert im Hinblick auf die lokale Siedlungsgeschichte“, heißt es in der 99 Seiten starken Studie, die Museumsberaterin Birgit Kadatz im April 2017 im Stadtrat präsentiert hatte.
Es gibt allerdings ein Problem: Tausende von Exponaten im Lechfeldmuseum sind nicht erfasst und katalogisiert. Es gibt bestenfalls grobe Schätzungen, wie viele und welche Gegenstände im Museum und in den Lagerräumen liegen. Dem Antrag, eine Stelle für die Inventarisie- zu schaffen, wollte Kulturreferent Christian Toth (FDP/BF) im Vorjahr nicht zustimmen, sondern die Aufgabe über einen Werkvertrag vergeben.
Dem kam die Stadt nach Rücksprache mit einer Fachstelle aber nicht nach, sondern der Hauptausschuss befasste sich Mitte Juni nicht-öffentlich mit der Inventarisierung und Provenienzforschung für die Bestände des Lechfeldmuseums. Als Ergebnis soll nach Informationen unserer Zeitung jetzt die schon länger geplante Stelle ausgeschrieben werden.
Vor dieser Sitzung hatte Toth per Mail an alle Ratsmitglieder ein seitenlanges Rundschreiben geschickt, in dem er von „sehr merkwürdigen, um nicht zu sagen dubiosen Umständen“bei der im Vorjahr geführten Diskussion spricht. Sein aktueller Antrag, über die neue Museumsstelle in öffentlicher Sitzung zu beraten, wurde abgelehnt.
In seiner Rundmail, die unserer Redaktion vorliegt und von der unsere Zeitung nicht nur aus einer Quelle erfuhr, nimmt der Kulturrerung ferent Bezug auf ein internes Arbeitspapier zur Lage der Museen in Königsbrunn, in dem Historiker Manfred Kosch, ein „gut vernetzter Königsbrunner“, als freischaffender Auftragnehmer empfohlen wird; ein entsprechender Werkvertrag hätte als Honorar 60 000 Euro vorgesehen. Dem wollte die Stadt auch deshalb nicht folgen, um nicht den Eindruck der Scheinselbstständigkeit zu erwecken.
In seinem mehrere Seiten langen Schreiben greift Christian Toth in ungewöhnlich scharfer Form die Arbeit und Leitung des Kulturbüros an. Wörtlich kritisiert er, „dass sich die Leiterin Ursula Off-Melcher nun auch noch in inhaltlichen Fragen der Museen als Projektleiterin für kompetent hält, obwohl das Kulturbüro nicht einmal dazu in der Lage ist, seine ureigensten administrativen Aufgaben auch nur zufriedenstellend zu lösen“.
So sei es beim Serenadenabend 2017 ungenügend auf schlechtes Wetter vorbereitet gewesen. Außerdem bemängelt Toth, die farbige Beleuchtung des Mercateums-Globus sei mit Billigdreifachsteckdosen aus dem Baumarkt ohne Spritzwasserschutz erfolgt. Ein weiterer Vorwurf: Trotz eines bereits vorhandenen Flyers zur Schlacht auf dem Lechfeld seitens der Regio Augsburg brauche das Kulturbüro noch ein eigenes Faltblatt. Seine schriftliche Empfehlung: Das Kulturbüro solle seine Arbeit auf ein professionelles Niveau bringen. „Mir ist sehr an einem sinnvollen, wertstiftenden und werteerhaltenden zeitnahen Vorankommen unserer Museen wie auch qualitätsvoller Kulturarbeit gelegen“, schreibt Toth. Abschließend bittet er die Verwaltung, die eigens erlassene Richtlinie für Referenten einzuhalten, „damit keine unbearbeiteten und unausgegorenen Sitzungsvorlagen auf die Tagesordnung kommen“.
Toths Äußerungen stießen bei Kollegen auf Unverständnis. „Irritiert und sehr verwundert“sei man über den ungewöhnlichen Vorstoß gewesen, berichten Mitglieder des Hauptausschusses. KulturbüroChefin Ursula Off-Melcher möchte zu den kritischen Äußerungen nichts sagen. Bürgermeister Franz Feigl wollte sich gestern auf Anfrage unserer Zeitung ebenfalls nicht zu dem ungewöhnlichen Vorgang äußern. Christian Toth sagte auf Nachfrage, mit seiner Kritik wolle er einen Anstoß geben, damit sich die Stadtverwaltung um die von ihm monierten Punkte kümmere. Dass die Mail an die Öffentlichkeit gelangte, darüber sei er überrascht. Sie sei vertraulich gewesen.