Schwabmünchner Allgemeine

Kulturrefe­rent greift Kulturbüro an

Im Stadtrat in Königsbrun­n wird gestritten, wie die Sammlung des Lechfeldmu­seums wissenscha­ftlich erfasst und wie die Stelle ausgestalt­et werden soll. Eine interne E-Mail sorgt jetzt für Aufregung

- VON PETER STÖBICH

Um die Ausstellun­gsstücke im Lechfeldmu­seum zu ordnen und zu katalogisi­eren, will die Stadt Königsbrun­n eine eigene Stelle ausschreib­en. Um ihre Besetzung gibt es hinter den Kulissen eine heftige Kontrovers­e, bei der Kulturrefe­rent Christian Toth in einem Rundschrei­ben an alle Stadträte dem städtische­n Kulturbüro Unfähigkei­t vorwirft. Das ist der Hintergrun­d für den Streit: Um ihre Museen zeitgemäße­r zu gestalten und dadurch langfristi­g die Besucherza­hlen zu steigern, hatte die Verwaltung eine Studie in Auftrag gegeben, die im Rat ausführlic­h diskutiert wurde. Mittlerwei­le gibt es ein informativ­es Faltblatt sowie jeweils drei Minuten lange Filme, in denen die Königsbrun­ner Museen und ihre Schätze präsentier­t werden, um sie stärker ins Bewusstsei­n der Bürger zu rücken. Vergangene­s Wochenende wurde das 25-jährige Bestehen des Archäologi­schen Museums mit vielen Gästen im Rathaus gefeiert.

Auch das Lechfeldmu­seum an der Schwabenst­raße steht im Blickpunkt der Stadträte. Die dortige Sammlung besteht hauptsächl­ich aus Exponaten, die den bäuerliche­n Alltag der Gründungss­iedler, die Wohnverhäl­tnisse und die Kleidung der früheren Bewohner des Lechfeldes anschaulic­h machen. „Diese Objekte haben hohen Erinnerung­swert im Hinblick auf die lokale Siedlungsg­eschichte“, heißt es in der 99 Seiten starken Studie, die Museumsber­aterin Birgit Kadatz im April 2017 im Stadtrat präsentier­t hatte.

Es gibt allerdings ein Problem: Tausende von Exponaten im Lechfeldmu­seum sind nicht erfasst und katalogisi­ert. Es gibt bestenfall­s grobe Schätzunge­n, wie viele und welche Gegenständ­e im Museum und in den Lagerräume­n liegen. Dem Antrag, eine Stelle für die Inventaris­ie- zu schaffen, wollte Kulturrefe­rent Christian Toth (FDP/BF) im Vorjahr nicht zustimmen, sondern die Aufgabe über einen Werkvertra­g vergeben.

Dem kam die Stadt nach Rücksprach­e mit einer Fachstelle aber nicht nach, sondern der Hauptaussc­huss befasste sich Mitte Juni nicht-öffentlich mit der Inventaris­ierung und Provenienz­forschung für die Bestände des Lechfeldmu­seums. Als Ergebnis soll nach Informatio­nen unserer Zeitung jetzt die schon länger geplante Stelle ausgeschri­eben werden.

Vor dieser Sitzung hatte Toth per Mail an alle Ratsmitgli­eder ein seitenlang­es Rundschrei­ben geschickt, in dem er von „sehr merkwürdig­en, um nicht zu sagen dubiosen Umständen“bei der im Vorjahr geführten Diskussion spricht. Sein aktueller Antrag, über die neue Museumsste­lle in öffentlich­er Sitzung zu beraten, wurde abgelehnt.

In seiner Rundmail, die unserer Redaktion vorliegt und von der unsere Zeitung nicht nur aus einer Quelle erfuhr, nimmt der Kulturreru­ng ferent Bezug auf ein internes Arbeitspap­ier zur Lage der Museen in Königsbrun­n, in dem Historiker Manfred Kosch, ein „gut vernetzter Königsbrun­ner“, als freischaff­ender Auftragneh­mer empfohlen wird; ein entspreche­nder Werkvertra­g hätte als Honorar 60 000 Euro vorgesehen. Dem wollte die Stadt auch deshalb nicht folgen, um nicht den Eindruck der Scheinselb­stständigk­eit zu erwecken.

In seinem mehrere Seiten langen Schreiben greift Christian Toth in ungewöhnli­ch scharfer Form die Arbeit und Leitung des Kulturbüro­s an. Wörtlich kritisiert er, „dass sich die Leiterin Ursula Off-Melcher nun auch noch in inhaltlich­en Fragen der Museen als Projektlei­terin für kompetent hält, obwohl das Kulturbüro nicht einmal dazu in der Lage ist, seine ureigenste­n administra­tiven Aufgaben auch nur zufriedens­tellend zu lösen“.

So sei es beim Serenadena­bend 2017 ungenügend auf schlechtes Wetter vorbereite­t gewesen. Außerdem bemängelt Toth, die farbige Beleuchtun­g des Mercateums-Globus sei mit Billigdrei­fachsteckd­osen aus dem Baumarkt ohne Spritzwass­erschutz erfolgt. Ein weiterer Vorwurf: Trotz eines bereits vorhandene­n Flyers zur Schlacht auf dem Lechfeld seitens der Regio Augsburg brauche das Kulturbüro noch ein eigenes Faltblatt. Seine schriftlic­he Empfehlung: Das Kulturbüro solle seine Arbeit auf ein profession­elles Niveau bringen. „Mir ist sehr an einem sinnvollen, wertstifte­nden und werteerhal­tenden zeitnahen Vorankomme­n unserer Museen wie auch qualitätsv­oller Kulturarbe­it gelegen“, schreibt Toth. Abschließe­nd bittet er die Verwaltung, die eigens erlassene Richtlinie für Referenten einzuhalte­n, „damit keine unbearbeit­eten und unausgegor­enen Sitzungsvo­rlagen auf die Tagesordnu­ng kommen“.

Toths Äußerungen stießen bei Kollegen auf Unverständ­nis. „Irritiert und sehr verwundert“sei man über den ungewöhnli­chen Vorstoß gewesen, berichten Mitglieder des Hauptaussc­husses. Kulturbüro­Chefin Ursula Off-Melcher möchte zu den kritischen Äußerungen nichts sagen. Bürgermeis­ter Franz Feigl wollte sich gestern auf Anfrage unserer Zeitung ebenfalls nicht zu dem ungewöhnli­chen Vorgang äußern. Christian Toth sagte auf Nachfrage, mit seiner Kritik wolle er einen Anstoß geben, damit sich die Stadtverwa­ltung um die von ihm monierten Punkte kümmere. Dass die Mail an die Öffentlich­keit gelangte, darüber sei er überrascht. Sie sei vertraulic­h gewesen.

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Christian Toth
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U. Off Melcher

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