Das Wesen der Schweden
Wer etwas über das Wesen einer Nation wissen möchte, beschäftige sich mit deren Fußballgeschichte. Oder umgekehrt. Aus gegebenem Anlass heute: Schweden und die Schweden.
Dürfte man sich aussuchen, wo auf diesem Planeten man das Licht der Welt erblickt, die Schweden hätten mit einer massiven Überbevölkerung zu kämpfen. Diese Landschaft, diese Menschen! Wo anfangen, wo aufhören? Gibt es denn irgendetwas, was die Schweden nicht beherrschen. Sie sind gleichermaßen geübt im Zusammenschrauben dünnschichtiger Pressholzplatten (Ikea) wie im flüssigen Verständigen auf Englisch. Eine Tatsache, die wiederum zeigt, dass Fernsehen die Dummen dümmer und die Klugen klüger macht. Filme und Serien nämlich werden in Schweden nicht synchronisiert. Wer wissen will, was George Clooney säuselt, muss sich schon ein wenig Mühe geben.
Ein durch und durch lässiges Volk diese Schweden. Das liegt auch daran, dass sie sich in ihrer Geschichte nur selten durch existenzielle Bedrohungen haben wühlen müssen. Die Wikinger waren eher auf Expansion getrimmt denn auf Verteidigung der eigenen Grenzen. Seitdem gilt der Elch den Schweden als größte Gefahr. Das riesige urtümliche Viech ist für eine Vielzahl von Autounfällen verantwortlich. Tiefer liegende Angst ist in der schwedischen Persönlichkeit nicht angelegt. So furchtlos spielt er denn auch Fußball. Angst vor den Großen? Aber nicht doch. Einst fühlten sich die deutschen Fußballer nach einer 4:0-Führung schon arg sicher, als die Skandinavier dann doch noch später zum Ausgleich kamen.
Das hat damals vor allem Königin Silvia gefreut. Die gebürtige Heidelbergerin machte als Chefhostess während der Olympischen Spiele 1972 in München die Bekanntschaft eines schnittigen Schweden. Carl Gustaf wurde kurz darauf zum König gekrönt, sie später zur Königin. Ihr zu Ehren komponierten Abba „Dancing Queen“und sangen den Hit erstmals am Tag vor der Hochzeit. Ein Remis käme der Königin wohl auch heute ganz gelegen. Immer schön neutral bleiben, so lautet auch das Motto der schwedischen Politik.
All die Wirtschaftsbosse seien aber zumindest einmal kurz daran erinnert, wer ihr liebster Handelspartner ist. Die Deutschen nämlich. Dorthin exportieren sie am meisten. Von dort importieren sie am meisten. Und welches Land entsendet am meisten Touristen an die Fjorde? Richtig, die Deutschen. Sei ihnen also mancher Erfolg im Eishockey gegönnt. Dass sie nun aber auch noch besser mit dem Fußball umgehen können, wäre dann doch etwas zu viel des Guten.