Priesterwort zur Moschee
Bei der Eröffnung in Bobingen ergreifen der katholische Dekan Thomas Rauch und der evangelische Pfarrer Peter Lukas ganz bewusst das Wort. Es gibt auch einen Wunsch an die Imame
Bei der Eröffnung der neuen Moschee in Bobingen wollen auch der katholische und der evangelische Ortsgeistliche das Wort ergreifen.
Der Programmablauf wurde als Zeichen gegenseitiger Offenheit konzipiert und mit allen Beteiligten abgestimmt. Er sei in dieser Form eine sensible Sache, wissen alle und verbinden damit trotz aller Unterschiede im Weltbild Hoffnung auf mehr Bewegung aufeinander zu in einer Zeit, in der der Islam weltweit Wellen schlägt. Schauplatz ist am Samstag die neue Moschee in Bobingen an der Max-Fischer-Straße.
Mit einem Tag der offenen Tür für die ganze interessierte Bevölkerung feiert die türkisch-islamische Gemeinde zu Bilal Habesi in Bobingen ihre offizielle Eröffnung. Nach einer Koranrezitation durch den örtlichen Imam und der Begrüßung durch Gemeindevorsitzenden Senol Isci sprechen drei Gastredner. Vor Bürgermeister Bernd Müller sind dies gleich die beiden Vertreter der christlichen Kirchen in Bobingen: der katholische Dekan Thomas Rauch und der evangelische Ortspfarrer Peter Lukas.
Sie werden weniger über die besondere Architektur der Moschee plaudern, sondern ein Thema ansprechen, welches auch politisch gedeutet werden könnte, bei dem es jedoch um mehr Gemeinsamkeiten in der Welt gehen soll.
Dekan Thomas Rauch und Pfarrer Peter Lukas wollen über Religionsfreiheit sprechen. Religionsfreiheit, die es in Deutschland zwar gibt, in vielen anderen Teilen der Welt jedoch nicht. Bobingen, so könnte deutlich werden, könnte ein Musterbeispiel für mehr Sicht auf Gemeinsamkeiten abgeben und für weniger Betonung des Trennenden.
Dass Christen in muslimischen Ländern von Religionsfreiheit „in der Regel Lichtjahre entfernt“seien, hat Stadtpfarrer Thomas Rauch erst im jüngsten Pfingstpfarrbrief ganz deutlich herausgearbeitet. Ebenso, dass sich in der islamischen Welt die radikalen Kräfte immer mehr durchsetzen würden.
Doch er sagt auch: „Es gilt, nüchtern zu sein und die kritischen Punkte in aller Deutlichkeit zu benennen, und zugleich geht es darum, die Kontakte zu den Muslimen hier vor Ort zu pflegen und immer wieder neu das Gemeinsame und Verbindende in den Blick zu nehmen.“Zum einen dürfe man be- sorgniserregende Tendenzen innerhalb des Islam nicht übersehen, man müsse aber auch sehen, „dass die meisten Muslime in Bobingen schlicht und einfach in Frieden, Sicherheit, Freiheit, Gerechtigkeit und einem gewissen Wohlstand leben wollen – und ihnen ihr Glaube Kraft und Halt gibt für die Bewältigung ihres Lebens.“Das verbinde sie mit den meisten Menschen vor Ort.
Auch der evangelische Pfarrer Peter Lukas wird das hohe Gut der Religionsfreiheit für die Menschen in aller Welt einfordern. Er wird betonen, dass die offensive Mission durch das Christentum – „Gott sei Dank“– Vergangenheit sei. Er will zugleich anbringen: Glaube könne nur durch die Art und Weise überzeugen, wie seine Inhalte helfen, die eigene Lebenswirklichkeit zu deuten und in ihr Sicherheit, Zufriedenheit und Vertrauen zu finden. Und natürlich durch die Menschen, die Glauben überzeugend vorleben und weitergeben. Wer sich davon anstecken lasse und aus freier Entscheidung seinen Weg des Glaubens im Christentum finde, sei herzlich willkommen.
Ein solches oder ähnliches Missionsverständnis wünsche er sich in allen Religionen. Lukas: „Überall dort, wo Religion instrumentalisiert wird, um Menschen kleinzuhalten oder nationalpolitische Ziele zu verfolgen oder gar Gewalt gegen Andersgläubige rechtfertigt beziehungsweise nicht ausschließt, ist Religionsfreiheit nicht mehr gegeben. Insofern muss im Zuge der Neueröffnung einer Moschee auch daran erinnert werden, dass die in Deutschland gelebte Religionsfreiheit nicht in allen Ländern der Erde zu haben ist. Dass heute noch Tausende von Christen um ihrer Religion willen verfolgt werden, schmerzt sehr.“Mit ganz konkreten Beispielen kann Lukas dem als positives Beispiel entgegenstellen, wie in Bobingen alle Glaubensvertreter die Verständigung pflegen, zum Beispiel an den Schulen. „Hier gibt es sehr gute Kooperationen zwischen den christlichen und muslimischen Lehrkräften. Unterschiede werden nicht kleingeredet, Gemeinsamkeiten betont. Aber das Wichtigste ist, einander richtig kennenzulernen. So können Vorurteile von vorneherein vermieden werden. Im Schulleben gelingt das Miteinander sehr gut.“
Die multireligiöse Abschlussfeier der Mittelschule, die der Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler der Mittelschule Rechnung trage, sei ein positives Beispiel: „Wir feiern Seite an Seite, nebeneinander, ohne das je Eigene, manchmal auch Fremde des anderen zu nidiesen vellieren. Wir finden uns gemeinsam wieder in dem Glauben an den einen Gott und der Erkenntnis, dass wir Gott für unser Leben brauchen. Daraus leiten sich dann gemeinsame Maßstäbe für den Umgang miteinander ab: Offenheit auch gegenüber Fremdem, Respekt, Vertrauen, Annahme und Friedfertigkeit wären hier unter anderem zu nennen.“
Für die Zukunft würde sich Lukas wünschen, dass die Ausbildung der Imame transparenter würde; am allerbesten wäre eine Ausbildung in Deutschland, sodass deutsche Pfarrer auch Gegenüber hätten, mit denen sie sich auf theologischer Ebene in einer Sprache verständigen könnten.
Die Religion nicht instrumentalisieren
Omit Füh rung und vorangehenden Reden be ginnt am Samstag, 30. Juni, um 14 Uhr in der neuen Moschee an der Max Fi scher Straße in Bobingen.