Der Amerikaner und der Russ’
Fern der Heimat überkommt einen früher oder später Heißhunger auf Schwarzbrot, wie es nur daheim zu bekommen ist. In New York war dafür Herbert Glaser eine der Anlaufstellen, wo Europäer für vertraute Backwaren Schlange stehen. Das ist bald vorbei, wie wir gestern in dieser Zeitung lesen mussten. In Glasers Bäckerei soll angeblich der Amerikaner erfunden worden sein: die Rührteigscheibe mit dickem Zuckerguss auf einer Seite. Unterschiedliche Legenden erzählen, wie der Amerikaner nach Deutschland gekommen sein soll und warum er erst hier auf Amerikaner umgetauft wurde. Jedenfalls gab es Zeiten, da war er für uns Kinder ein Hit. Wegen des Namens und der Süße. Heute hat er wenig Stellenwert zwischen all den anderen Backwaren in der Auslage, schmeckt oft nur teigig, klebrig. Aber es gibt ihn noch. Andere Leckereien hat es schlimmer erwischt. Römer wurden zum Maurer, Schillerlocken und Schornsteinfeger erinnern nur noch als Schaumrolle an ihre blättrig-feine Blütezeit. Der Mohrenkopf ist natürlich ganz verschwunden. Die teiglose Variante – einst unschuldig Negerkuss genannt – überlebt immerhin als Schokowas-auch-immer. Keine Ahnung, ob man zum Berliner nur noch Krapfen sagen darf – egal. Da lobe ich mir die Metzger. Da gibt es noch Wiener, Frankfurter und Regensburger. Und dazu einen Russ‘ aus dem Kühlregal.