Texaner stürmen die Bühne der Stadt
Besucher aus dem Süden Amerikas suchen Bierzeltatmosphäre und reißen beim Karaoke-Abend die Königsbrunner mit. Eine Amerikanerin ist so begeistert, dass sie nun ein Tattoo mit bayerischer Fahne trägt
Eine völlig überraschende Sternstunde erlebten die Besucher der Stadtbühne beim Karaoke-Abend. Zugegebenermaßen erst ziemlich spät, sodass wer zu früh gegangen war, in diesem Fall wirklich etwas verpasste. Gegen 21 Uhr erschienen Mitglieder des Gypsy Motorradclubs Augsburg-München, leicht zu erkennen an den gelben Klubwesten mit entsprechender Aufschrift.
Nach einer kleinen Eingewöhnungsphase schnappte sich der einzig bayerisch angezogene Mann der Gruppe das Mikrofon und legte eine Karaoke-Performance hin, die die Stadtbühne so wahrscheinlich noch nicht gehört und gesehen hat. Mit dem Klassiker von Simple Minds „Don’t you (forget about me)“bewies der Mann mit den langen gepflegten Haaren, dass er wirklich sehr gut singen kann. Auch sein Englisch war hörbar authentisch und auf Nachfrage unserer Zeitung stellte sich heraus, dass Tai Stewart „Dragon“aus Texas kommt und mit circa 15 Landsleuten zu Besuch bei den bayerischen Klubkameraden weilt. Und weil die ihren Gästen aus Übersee mal Bierzeltatmosphäre bieten wollten, machten sie einen Abstecher auf die Gautsch.
Tai Stewarts Auftritt war aber nicht das einzige Highlight an dem Abend. Carol Simerly Goldeloxxx, ebenfalls aus Texas, überzeugte das Publikum mit ihrer warmen und gefühlvollen Stimme und ihre Version von Donna Summers „Last Dance“riss die Zuhörer zu wahren Beifallsstürmen hin. Zusammen mit ihrem Landsmann sang sie dann noch Ozzy Osbournes dramatischen Hit „If I close my eyes forever“und die beiden sorgten nicht nur bei Sonja Michalski für Gänsehautfeeling: „Die zwei singen wirklich unglaublich gut, vor allem die Sängerin hat eine Stimme, die einen mitreißt.“
Carol Simerly ihrerseits ist völlig hingerissen von Bayern, wie sie erzählt: „Meine Vorfahren kommen aus Bayern und deshalb habe ich mir auch heute ein Tattoo mit der bayerischen Fahne auf die linke Schulter stechen lassen.“Und das zeigt sie auch gleich gerne als Beweis dafür, dass ihr Herz für Bayern schlägt.
Das Schöne am Karaoke-Abend, der zum sechsten Mal auf der Gautsch stattfand und von Diana Bucher organisiert und ausgeführt wird, ist, dass sich alle freuen über die Darbietungen der Sänger. Nach einem anfänglich zögerlichen Start, wie Bucher das schon aus der Vergangenheit kennt, trauten sich im Laufe des Abends immer mehr Besucher auf die Bühne. Vorher wählen sie aus den Listen mit fast 800 Vorschlägen den Song aus, den sie mal vor Publikum live singen wollen, und sehen dann den Text am Monitor und die Playback-Musik kommt durch die Lautsprecher.
So einfach, wie es sich anhört, ist es ganz sicher nicht, und man merkt als Zuhörer sofort, wer schon Erfahrung mitbringt. So wie die 22-jährige Isabel Pejovic, die sich auch an Titel von Rihanna heranwagte und mit Bravour ihre gewählten Lieder präsentierte. „Ich würde gerne in einer Band singen“, sagt sie, und das Zeug dazu hat sie allemal.
Während der Abend voranschritt, wurden die Gesangsfreunde auch immer mutiger und fröhlicher. Ganz spontan ergaben sich die verschiedensten Kombinationen und Jutta Steinlen und Bettina Pielucha schafften es mit ihrer Version von „Ein Stern“(DJ Ötzi) sogar, die Leute zum Tanzen zu bringen. Gegen 23 Uhr sind jede Menge Zuschauer im Bereich des Stadtzeltes und alle singen mit beim vorletzten Lied „Hulapalu“(Andreas Gabalier), auf der Bühne dargeboten von einer ebenfalls bunt zusammengewürfelten Karaokefantruppe.
Das letzte Lied aber, das sang noch einmal Tai aus Texas ganz alleine und viele zückten ihre Feuerzeuge und lauschten andächtig dem „Sound of Silence“von Simon and Garfunkel, mit dem ein wirklich außergewöhnlicher Abend auf der Gautsch zu Ende ging.