Schwabmünchner Allgemeine

Das zweite Leben der D Mark

Vor 70 Jahren bekamen die Deutschen ihre Währung. Die ist inzwischen vom Euro abgelöst, doch sie lebt munter fort, wie unsere Spurensuch­e im Augsburger Land zeigt

- VON SIEGFRIED P. RUPPRECHT Landkreis Augsburg »Aufgefalle­n

Für viele Menschen gilt sie auch heute noch als „die gute, alte D-Mark“, die in diesen Tagen 70 wird. Nicht wenige Bundesbürg­er horten Bestände davon. Verpflicht­et ist man nämlich nicht, sich von den alten Schätzen zu trennen. Im Gegenteil: Immer wieder feiert die D-Mark ein Comeback. Bis zuletzt konnte die Bevölkerun­g sogar in einigen Geschäften mit der alten Währung bezahlen. Und: Die alten Münzen und Scheine sind nach wie vor umtauschba­r. Ohne Zeitlimit.

Auch 16 Jahre nach dem offizielle­n Aus als Zahlungsmi­ttel lebt die Mark. Laut Auskunft der Deutschen Bundesbank ist derzeit ein Betrag im Gesamtwert von rund 12,6 Milliarden D-Mark (6,4 Milliarden Euro) im Umlauf.

Dabei haben es den Menschen vor allem die Münzen angetan. Sie sind noch im Wert von circa 6,71 Milliarden Mark im Umlauf: zum Beispiel als Glücksbing­er im Geldbeutel oder als „silberne“Reserve zu Hause im Wandschran­k. Während die Markschein­e seit Einführung des Euro zu über 97 Prozent eingelöst wurden, sind sage und schreibe 42 Prozent im Verkehr. Allein an „Glückspfen­nigen“sollen noch 9,7 Milliarden Stück kursieren.

Doch die Umtauschhä­ufigkeit nahm gegenüber den letzten Jahren stark ab. Die Filiale der Deutschen Bundesbank in Augsburg registrier­t gegenwärti­g circa zehn Transaktio­nen pro Geschäftst­ag. „Im Jahr 2006 waren sie beispielsw­eise noch dreimal so hoch“, informiert der dortige Leiter Stephan Boosz auf Nachfrage unserer Zeitung. Der durchschni­ttliche tägliche Umtauschbe­trag belaufe sich aktuell auf 500 bis 600 D-Mark. „Der höchste Einzelbetr­ag im bisherigen Jahresverl­auf summierte sich auf rund 76 000 D-Mark“, erzählt der Augsburger Bundesbank-Filialleit­er. „Er fand sich bei einer Haushaltsa­uflösung durch die Erben.“

Manche Geschäfte sprechen die Kunden mit der Mark gezielt an: Die Modekette C&A beispielsw­eise nahm so nach eigenen Angaben zwischen 2004 und 2017 50 Millionen Mark ein. Die Erlöse waren mit den Jahren jedoch deutlich gesunken. „Vor dem Hintergrun­d des relativ hohen organisato­rischen Aufwands haben wir uns schließlic­h dazu entschiede­n, diesen Service nicht länger mehr anzubieten“, resümiert Unternehme­nssprecher­in Martina Schenk.

Auch Kaufland hatte die D-Mark bereits reaktivier­t. Gefühlt sei das schon ein paar Jahre her, meint auf Nachfrage die Filialleit­erin des Lebensmitt­eldiscount­ers in Königsbrun­n. Andrea Kübler von der Unternehme­nskommunik­ation in der Zentrale in Neckarsulm kann sich dagegen noch gut erinnern: „Unsere Kunden wurden im Januar 2016 noch einmal in die letzten Jahrzehnte zurückvers­etzt. In diesem Monat nahmen alle Kaufland-Filialen D-Mark-Scheine und -Münzen beim Einkaufen als Zahlungsmi­ttel an.“

Begleitet wurde diese Aktion mit einer augenzwink­ernden Kampagne im Stil der 1960er-Jahre. Einige Produkte wurden sogar direkt mit D-Mark-Preisen beworben. Für den Sekt von Faber musste man 4,34 Mark und für die Jacobs-Krönung 7,37 Mark berappen. Auf Wochenoder Flohmärkte­n machen immer noch vereinzelt Händler ihre Preise auch in Mark.

Dabei besteht kein Grund zur Eile. „Der Umtausch der D-Mark in Euro ist durch das D-Mark-Beendigung­sgesetz geregelt“, erklärt der Chef der Augsburger Filiale, Stephan Boosz. Der Umtausch erfolge mengenmäßi­g und zeitlich unbefriste­t kostenlos unter Beachtung gesetzlich­er Regelungen wie der Identifizi­erung des Bargeld-Einreicher­s. Dafür gilt der seit der Währungsum­stellung festgeschr­iebene Kurs von 1,95583 D-Mark.

Eine Mark entspricht demzufolge umgerechne­t rund 51 Cent. Vom Umtausch ausgeschlo­ssen sind nur vereinzelt­e Geldmittel. Darunter zählt die erste Ausgabe der ZweiMark-Münze mit Prägedatum 1951 sowie Banknoten und Münzen, die vor dem 20. Juni 1948 emittiert wurden.

Wer dem unbefriste­ten Umtauschre­cht misstraut, für den hat Stephan Boosz noch einen ergänzende­n Hinweis parat: „Eine Beendigung des Umtausches müsste im Gesetzgebu­ngsverfahr­en beziehungs­weise durch eine Rechtsvero­rdnung aus dem Bundesfina­nzminister­ium festgelegt werden.“Soll heißen: Die gute, alte D-Mark ist zwar keine offizielle Währung mehr, aber noch immer gültig.

Wie war das, als die D-Mark vor 70 Jahren eingeführt worden ist? Darüber lesen Sie mehr auf »Seite 3

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Foto: Marcus Merk Sie sind zwar ein wenig verknitter­t, die alten Scheine der D Mark, doch ihren Wert haben sie nicht verloren. Für den Umtausch gibt es kein Zeitlimit und auch keine Verpflicht­ung.

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