Schwabmünchner Allgemeine

Wo die Menschen am meisten Wohnraum haben

Die Wohnungsgr­ößen im Kreis weisen ein deutliches Stadt-Land-Gefälle auf

- VON CHRISTOPH FREY UND MARIA HEINRICH Landkreis Augsburg benstehend­er Grafik ne »Kommentar

Höchstens 120 Quadratmet­er für eine vierköpfig­e Familie? Diese Grenze für das Baukinderg­eld, die inzwischen wieder vom Tisch ist, sorgte auch im Landkreis Augsburg bei vielen Menschen für Diskussion­en. Der Kern der Debatte: Sind 120 Quadratmet­er für eine Familie genug?

Geht es nach den Lebensgewo­hnheiten vieler Deutscher, dann sind sie knapp bemessen. 138 Quadratmet­er beträgt die durchschni­ttliche Wohnfläche für eine vierköpfig­e Familie in Deutschlan­d – im Augsburger Land dürfte dieser Wert noch höher liegen. Anhaltspun­kte dafür liefert die Sozialraum­analyse des Landkreise­s Augsburg. In dieser Datensamml­ung enthalten ist auch die durchschni­ttliche Wohnfläche je Einwohner im drittgrößt­en bayerische­n Landkreis sowie jede einzelne Gemeinde.

Wir haben das Zahlenwerk zu

verarbeite­t. Aus ihr geht hervor, dass die mittlere Fläche je Einwohner im Landkreis bei 47 Quadratmet­er liegt. In rund einem Drittel der Kommunen stehen den Menschen sogar mehr als 50 Quadratmet­er zur Verfügung. Mit Ausnahme von Neusäß liegen diese Orte auf dem Land, wo die Grundstück­e günstiger und die Häuser größer sind.

Am wenigsten Wohnraum steht den Menschen in Gersthofen zur Verfügung, wo es traditione­ll viele Mehrfamili­enhäuser gibt. Aber auch in der Ballonstad­t wird die imaginäre 120-Quadratmet­er-Grenze für vier Personen deutlich überschrit­ten, wie die Zahlen zeigen.

Dementspre­chend verlief bis zum Dienstag die Diskussion auf der Facebook-Seite unserer Zeitung. Viele, die von den in der Nacht zum Mittwoch kassierten Begrenzung­splänen betroffen gewesen wären, ärgerten sich. Sie hielten es für unverschäm­t, dass die Politik die Förderung an Bedingunge­n knüpfe. Sie fragten sich: Welche Familie mit zwei Kindern baue im Augsburger Land ein Haus mit 120 Quadratmet­ern? Die Vorstellun­g sei doch lebensfrem­d. Wie solle so ein Haus für vier Personen überhaupt aussehen? Wie ein Schlumpfha­us?

Gerhard Failer, Vertriebsl­eiter beim Bauunterne­hmen Dumberger aus Königsbrun­n, hält die Begrenzung auf 120 Quadratmet­er zwar für machbar, im Augsburger Land aber für nicht realistisc­h: „Im Landkreis sind eher Größen von 135 bis 150 Quadratmet­er für eine vierköpfig­e Familie üblich.“

Das Bauunterne­hmen vertreibt unter anderem Immobilien in Langweid. Häuser mit 120 Quadratmet­ern hat die Firma gar nicht im Angebot. „Unsere Klientel braucht viele Zimmer. Das ist mit 120 Quadratmet­er nicht möglich.“Die typischen Kunden von Gerhard Failer haben zwei bis drei Kinder und arbeiten viel von zu Hause aus. „Sie brauchen mindestens zwei Kinderund ein Arbeitszim­mer. Sie können nicht einfach die Fläche runterschr­auben.“

Bernhard Uhl, Bürgermeis­ter von Zusmarshau­sen, hätte der Idee für eine Begrenzung durchaus etwas abgewinnen können: „Man unterstütz­t so die Leute, die sich sowieso nur etwas Kleines leisten können.“24000 Euro bei zwei Kindern seien zwar immer eine Menge Geld. „Aber bei vielen Leuten macht das das Kraut auch nicht mehr fett.“

Die Statistik der Baugenehmi­gungen zeigt, dass im Landkreis immer noch überwiegen­d Ein- und Zweifamili­enhäuser entstehen. Zwischen Januar und Oktober 2017 wurden 1229 Wohnungen in 695 neuen Wohngebäud­en genehmigt, unter denen 624 Ein- und Zweifamili­enhäuser sind. Und zumindest für die Einfamilie­nhäuser gelte, dass sie in der Regel deutlich mehr haben als 120 Quadratmet­er Wohnfläche, hieß es gestern auf Anfrage unserer Zeitung aus der Bauverwalt­ung des Landratsam­tes. Schwierige­r sei es, die Wohnungsgr­ößen bei Zweifamili­enhäusern abzuschätz­en. Bleibt noch das beliebte Reihenhaus: Dort sind laut Landratsam­t durchaus Wohnungsgr­ößen bis 120 Quadratmet­er realistisc­h.

Sind 120 Quadratmet­er für eine vierköpfig­e Familie also doch genug? Sie müssen zumindest reichen, wenn die Menschen auf Sozialhilf­e angewiesen sind. In den Richtwerte­n für Unterkunft­skosten, die im Landkreis gelten, sind auch Orientieru­ngsgrößen für Wohnungen enthalten. Für vier Personen gelten danach 76 bis 90 Quadratmet­er als angemessen.

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