Deniz Yücel droht weiter hohe Strafe
Wie in Istanbul der Prozess begonnen hat
Die 32. Kammer des Istanbuler Schwurgerichts hat viel zu tun an diesem Vormittag. Anwälte, Angeklagte und Angehörige warten auf dem Gerichtsflur. Ein gutes halbes Dutzend Verfahren sind auf dem Terminzettel genannt, der vor dem Gerichtssaal im vierten Stock des Justizpalastes im Istanbuler Stadtteil Caglayan hängt. In allen Prozessen geht es um mutmaßliche Terrorverbrechen. Angeklagter im Fall Nummer vier ist Deniz Yücel.
Mehr als vier Monate ist Yücel schon nicht mehr in der Türkei, und er kommt auch nicht zum Auftakt seines Prozesses nach Caglayan. Nach einem Jahr Untersuchungshaft, während der er von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan als „Agent“beschimpft wurde, war der ehemalige Türkei-Korrespondent der
im Februar plötzlich auf freien Fuß gesetzt und nach Hause geschickt worden. Doch die türkische Justiz will nicht von ihm lassen.
„Sehr geehrter Vorsitzender“, beginnt Yücels Anwalt Veysel Ok seinen Vortrag, doch damit sind die Nettigkeiten auch schon beendet. In einer 20-minütigen Rede nimmt er die dünne Anklageschrift gegen Yücel auseinander, die keinen einzigen stichhaltigen Beweis enthalte. Im Grunde wolle die Anklage den Reporter wegen dessen journalistischer Arbeit ins Gefängnis bringen. „Diese Anklageschrift ist kein juristisches Dokument“, sagt Ok und fordert sofortigen Freispruch.
Die Anklage wirft Yücel wegen seiner die Unterstützung für Terrororganisationen und Volksverhetzung vor und fordert bis zu 18 Jahren Haft. Großen Eindruck auf den Vorsitzenden Richter Ömer Günaydin macht der Anwalt damit nicht. Günaydin lehnt Oks Antrag auf Freispruch aufgrund der „Schwere der Vorwürfe“ab. Außerdem würde das Gericht den Angeklagten gerne vernehmen, entweder per Video aus Deutschland oder schriftlich per Aussage von Yücel vor einem deutschen Gericht. Erst am 20. Dezember soll das Verfahren weitergehen.
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