Schwabmünchner Allgemeine

Gutachten kommt erst im Herbst

Streitfall Umweltrefe­rent Reiner Erben erläutert im Stadtrat, warum die Fällungen der Bäume erst lange geschoben wurden und warum dann alles ganz schnell ging. Wird gegen die Vorgehensw­eise geklagt?

- VON EVA MARIA KNAB

Wie geht es mit der umstritten­en Fällung von 94 alten und gesunden Bäumen am Augsburger Herrenbach weiter? Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne) informiert­e am Donnerstag im Stadtrat über den neuesten Stand. Derzeit laufen im Umweltrefe­rat erste Gespräche mit Gutachtern aus den Bereichen Wasserbau und Ökologie. Fachleute aus beiden Bereichen sollen zusammenar­beiten, um zu klären, welche Auswirkung­en die großräumig­e Fällung zwischen Friedberge­r Straße und Reichenber­ger Straße auf den Naturraum am Kanal hat. „Ziel muss sein, Hochwasser­schutz und Baumschutz zusammenzu­bringen“, so der Umweltrefe­rent. Ergebnisse erwartet er bis September.

Spätestens bis zum Herbst muss klar sein, wie es weitergeht. Denn nach den geltenden Auflagen der Behörden müssen dann die Fällarbeit­en weitergehe­n. 27 Bäume wurden bisher entfernt. Hintergrun­d: Die Stadt muss die Bevölkerun­g am

Über Monate hinweg wurden Alternativ­en geprüft

Herrenbach vor möglichen Überschwem­mungen schützen. Diese könnten drohen, falls Bäume am Kanal bei Sturm umfallen und ein Loch in den Damm reißen. Bei Anwohnern ist die Maßnahme umstritten, ein Teil begrüßt die Fällungen aus Sicherheit­sgründen, viele andere Bürger und Stadtrat Volker Schafitel (Freie Wähler) protestier­en gegen den massiven Eingriff in die Natur und fordern von der Stadt, andere geeignete Schritte am Kanal zu ergreifen.

Im Stadtrat erläuterte Erben noch einmal detaillier­t die Vorgehensw­eise der Stadt. Danach habe sich die Umweltverw­altung seit mehr als einem Jahr zusammen mit den städtische­n Fachbehörd­en für Wasserbau und dem Wasserwirt­schaftsamt Donauwörth mit den Fällungen am Herrenbach ausführlic­h und intensiv befasst. Dabei seien auch über Monate hinweg alle erdenklich­en Alternativ­en geprüft worden – bis hin zu einem vorsorglic­hen Ablass des Herrenbach­s bei Starkwind oder Schutzwänd­en für den Überschwem­mungsfall. Alle geprüften Alternativ­en hätten sich jedoch nicht als praktikabe­l erwiesen.

Erben verwies darauf, dass die Gefahrenla­ge mit den großen Bäumen am Herrenbach von der Stadt über viele Jahre nicht als dramatisch eingeschät­zt worden sei. Zuständig für das Areal mit seinen Bäumen war damals die Bauverwalt­ung. Erst seit 2015 sei das Grundstück am Herrenbach an die Umweltverw­altung übergegang­en, so Erben. Und nun berufen sich die Fachbehörd­en für Wasserbau bei ihren Sicherheit­sbedenken auf eine Deichbauri­chtlinie aus dem Jahr 1997 und ein Merkblatt aus den 1980er Jahren.

Nach massiven Protesten von Anwohnern will Erben nun von zwei neutralen Gutachtern gemeinsam klären lassen, ob doch noch einige der 94 zu fällenden Bäume am Her- renbach erhalten werden können. Er beruft sich dabei auf das Bundesnatu­rschutzges­etz. Danach dürfen große Habitatbäu­me nur entfernt werden, wenn es keine zumutbaren Alternativ­en gibt. In diesem Fall müssen jedoch über 350 neue Ersatzbäum­e gepflanzt werden, um einen Ausgleich zu schaffen. Der Umweltrefe­rent verwies weiterhin darauf, dass der geplante Eingriff zwar massiv sei, aber kein Kahlschlag, weil in dem Bereich 191 Bäume stehen.

Warum der Stadtrat nicht bei der Fällung mitentsche­iden durfte, erläuterte eine Juristin des Umweltrefe­rats. Danach ist der Gewässerun­terhalt eine laufende Angelegenh­eit der Verwaltung. Dazu gehöre, Bewuchs an den Ufern zu entfernen. Auch in diesem Fall habe es keine „grundsätzl­iche Bedeutung“für die Gemeinde, wenn Bäume gefällt werden müssen. Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) erinnerte noch einmal daran, dass die Verwaltung bei Gefahr in Verzug handeln müsse. Dies sei am Herrenbach der Fall gewesen. Bei einem Sturm an Pfingsten habe sich gezeigt, dass der Kanal nicht schnell genug abgelassen werden kann. Warnungen der Wetterdien­ste vor Starkwinde­reignissen habe es auch danach „gefühlt alle paar Tage“gegeben.

Um den Schutz der Bevölkerun­g zu gewährleis­ten, hätte der Kanal jedoch jeweils ab einer Prognose von acht Windstärke­n abgelassen werden müssen. Niemandem in der Verwaltung mache es Freude, wenn Bäume gefällt werden müssen, so der OB. „Manchmal muss man aber auch unpopuläre Entscheidu­ngen fällen.“

Stadtrat Volker Schafitel hat nach heftigen Protesten von Anwohnern angekündig­t, er werde wegen des Vorgehens bei den Baumfällun­gen Klage einreichen. Bislang ist es aber noch nicht so weit.

Wie Schafitel am Rande der Stadtratss­itzung mitteilte, hat die von der Ausschussg­emeinschaf­t Freie Wähler, Linke, ÖDP und Polit-WG beauftragt­e Münchner Anwaltskan­zlei Labbé & Partner Unterlagen bei der Stadt angeforder­t, aber bislang nicht erhalten. Es geht um die Stellungna­hme des Wasserwirt­schaftsamt­es und die Ausnahmege­nehmigung der Regierung von Schwaben für die erste Fällung mitten in der Vogelbrutz­eit.

Im Stadtrat wurde mitgeteilt, dass die Anwälte die gewünschte­n Papiere nun erhalten sollen. Die Unterlage der Regierung von Schwaben wurde laut Erben inzwischen auch öffentlich gemacht und auf die Homepage der Stadt gestellt.

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 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? 27 Bäume am Herrenbach sind schon weg. Wie es mit den anderen weitergeht, sollen jetzt gemeinsam zwei neutrale Gutachter aus den Bereichen Ökologie und Wasserbau klären, die vom Umweltrefe­rat beauftragt wurden.
Foto: Michael Hochgemuth 27 Bäume am Herrenbach sind schon weg. Wie es mit den anderen weitergeht, sollen jetzt gemeinsam zwei neutrale Gutachter aus den Bereichen Ökologie und Wasserbau klären, die vom Umweltrefe­rat beauftragt wurden.

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