Schwabmünchner Allgemeine

Soll Löw gehen oder bleiben?

Presse: Der Ton ist gemäßigt, es zeichnet sich aber ein Trend ab

- VON ANDREAS KORNES Augsburg

Im Fußball ist es manchmal ganz einfach: Spielt die Mannschaft schlecht, ist der Trainer schuld. Die deutsche Nationalma­nnschaft spielte eine schlechte WM. Bundestrai­ner Joachim Löw wird in der deutschen Presseland­schaft dennoch eher pfleglich behandelt. Zwei starke Impulse arbeiten gegeneinan­der: Auf der einen Seite die großen Verdienste, die sich Löw um die deutsche Auswahl erworben hat. Der Kredit, den ein Weltmeiste­rtitel mit sich bringt, ist groß. Auf der anderen Seite steht allerdings die historisch frühe WMPleite in Russland.

Ein Blick in die großen deutschen Blätter ergibt kein einheitlic­hes Bild, wenngleich die Kommentato­ren tendenziel­l – meist gut versteckt in langen Analysen – einen Abschied Löws fordern. Sinnbildli­ch für diesen Zwiespalt steht auch unsere Zeitung. Sportchef Anton Schwankhar­t kam in seinem gestrigen Leitartike­l zu dem Urteil, dass es für Löw an der Zeit sei zu gehen. Ganz anders unser WM-Reporter Tilmann Mehl vor Ort, der noch am Abend der 0:2-Niederlage gegen Südkorea in Kasan kommentier­te und eine weitere Chance für den Bundestrai­ner forderte. Zwei Experten, zwei Meinungen.

Dieses Phänomen findet sich auch in der gestrigen Ausgabe der

die erfahrungs­gemäß sehr schnell mit dem Fallbeil zugange ist. Auf Seite 2 schreibt Franz Josef Wagner in seiner Kolumne „Post von Wagner“, dass er sich nicht vorstellen könne, wie Löw jetzt noch weitermach­en solle. „Sie sind ein geschlagen­er Mann.“Im Sportteil fordert ein Kollege hingegen, dass Löw sich bis Montag erklären solle und hofft, dass der Bundestrai­ner „Ja“sagt zu seinem Job.

Die Süddeutsch­e Zeitung widmete der Personalie ebenfalls einen Leitartike­l und kommt bezüglich Löws Zukunft zu folgendem Ergebnis: „Die Last des Scheiterns wiegt wohl zu schwer.“Die Berliner Zeitung dagegen schreibt, dass es zu einfach sei, jetzt alles an Löw festzumach­en,

Bild,

„Auf seinem fernen Planeten Jogi“

obwohl es so scheine, als habe der, „auf seinem fernen Planeten Jogi“, vieles von dem, was innerhalb der Mannschaft passierte, gar nicht mehr mitbekomme­n. Die Stuttgarte­r Zeitung kommentier­t, dass der Bundestrai­ner einen Rücktritt zumindest ernsthaft in Erwägung ziehen solle. „Das Selbstbewu­sstsein des Weltmeiste­r-Trainers tendierte zuletzt immer mehr in Richtung Selbstgefä­lligkeit.“

Die Frankfurte­r Allgemeine sah in Russland einen der Realität entrückten Bundestrai­ner. „Ein Neuaufbau mit Löw erscheint deshalb kaum denkbar – trotz aller Verdienste, die er sich um den deutschen Fußball erworben hat.“Die

Welt formuliert ihre Meinung etwas verklausul­ierter. Die Niederlage sei aufregende­r als das Gewinnen. „Sie ist ein Abenteuer, in sich und an sich Neues zu entdecken. Es ist der existenzie­lle Befehl zu individuel­ler Disruption. Go, Jogi, go.“

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