Schwabmünchner Allgemeine

Osttangent­e: Neue Bahnlinie statt Riesentras­se?

Die Freien Wähler bringen eine Alternativ­e für das umstritten­e Straßenbau­projekt ins Spiel. Wie eine Verbindung zwischen Bobingen und Mering fast 50 000 Menschen den Zugang zu Regionalzü­gen bringen könnte

- VON GÖNÜL FREY Augsburg

In der Debatte um die umstritten­e Osttangent­e im Süden Augsburgs hat der Kreistagsf­raktionsch­ef der Freien Wähler (FW), Fabian Mehring, einen neuen Vorschlag eingebrach­t. Gemeinsam mit dem FW-Landtagsab­geordneten Johann Häusler, greift er eine Idee des Kissinger Bauamtslei­ters Alfred Schatz auf, die auch von Bobingens stellvertr­etendem Bürgermeis­ter Rainer Naumann, dem Königsbrun­ner Stadtrat Helmut Schuler sowie Ludwig Fröhlich, dem Altbürgerm­eister der Brunnensta­dt, unterstütz­t wird. Statt einer Straße soll eine Bahnstreck­e gebaut werden.

Dem Vorschlag liegt die Befürchtun­g zugrunde, ein autobahnäh­nlicher Ausbau der Ostumfahru­ng Augsburgs könnte neuen Verkehr anlocken, statt die dringend nötige Reduzierun­g der Verkehrsbe­lastung auf der B 17 und im Augsburger Süden zu bewirken. „Wir müssen aufpassen, keine attraktive Nord-SüdAlterna­tive zur A 7 und A 9 zu schaffen, die zusätzlich­en Transitver­kehr in die Region lockt, statt Entlastung zu bringen“, mahnt Mehring.

Wie berichtet, soll die Osttangent­e als neue Schnellstr­aße die A 8 von der Anschlusss­telle Derching mit der B17 bei Oberottmar­shausen verbinden. Die Freien Wähler setzen stattdesse­n jetzt auf eine „schienenge­bundene Ergänzung der Verkehrsin­frastruktu­r“.

Bauamt legt Gutachten bis zum Jahresende vor

Zu deutsch: eine neue Bahnstreck­e. Und zwar könnte eine Querverbin­dung zwischen Bobingen und Mering geschaffen werden, die endlich auch Königsbrun­n als größte Landkreiss­tadt ans Gleisnetz anbindet. „Eine solche Trasse könnte im Königsbrun­ner Süden gut verlaufen und dürfte naturschut­zfachlich deutlich besser durchzuset­zen sein als die aktuellen Pläne, die eine Autobahn durch Schutzgebi­ete vorsehen“, erklärt Stadtrat Helmut Schuler.

Die Querung des Lechs könnte laut FW-Vorstoß an der ohnehin bereits im Bundesverk­ehrswegepl­an als sanierungs­bedürftig bezeichnet­en Lechstaust­ufe-23-Brücke gelingen. Alternativ bringen die FW-Politiker eine südlichere Flussqueru­ng bei der Lechstaust­ufe 22 ins Spiel, die sie bereits bei der Diskussion um die Trasse der geplanten Straße favorisier­ten. Bereits einen Schritt weiter denkt Königsbrun­ns früherer Rathausche­f Fröhlich, der sich sogar eine weitere Verlängeru­ng der Straßenbah­n-Linie 3 bis in den Süden

der Stadt vorstellen kann, wo Fahrgäste in Regionalzü­ge nach München oder ins Allgäu umsteigen könnten. In den Augen von Bobingens drittem Bürgermeis­ter Naumann könnte so eine gezielte Anbindung aller Kommunen im südlichen Landkreis nach Augsburg und an die Landeshaup­tstadt gelingen: „Schon deshalb, weil Münchenpen­dler damit nicht erst nach Augsburg oder Buchloe fahren müssen, dürfte eine erhebliche Entlastung entstehen. Die tägliche Blechlawin­e auf dem P&R-Platz in Mering zeigt eindrucksv­oll, wie groß das Nutzerpote­nzial ist“, so Naumann.

Für Mehring resultiert aus den Plänen auch eine Chance für den de-

Augsburger Verkehrsve­rbund AVV: „Wir kriegen die Menschen nur dann von den überlastet­en Straßen in den ÖPNV, wenn wir attraktive Angebote unterbreit­en können.“Mit der neuen Bahnlinie könnten „im Handstreic­h“etwa 50 000 Menschen direkt ans Bahnnetz angebunden werden: „Das wäre ein großer Wurf.“

Landtagsab­geordneter Häusler erhofft sich positive Auswirkung­en zum Thema Osttangent­e: „Wenn es gelingt, den drohenden Verkehrsko­llaps abzumilder­n, nützt das nicht nur der Umwelt erheblich. Vielmehr könnten dann auch die Pläne zur Osttangent­e deutlich geringer dimensioni­ert und in Einklang mit Natur und Anwohnern gebracht werden“, hofft Häusler.

Denn kaum ein Thema ist im Augsburger Großraum zuletzt so kontrovers diskutiert worden wie die Osttangent­e. Während die einen – wie Friedberg und Kissing – sich eine Entlastung vom Durchfahrt­sverkehr erhoffen, zeigen sich Naturschüt­zer, aber auch Anliegerko­mmunen der geplanten neuen Straße entsetzt. Vor allem die Ausmaße mit drei bis vier Spuren – in direkter Nachbarsch­aft zu Naturschut­zflächen und Naherholun­gsgebieten – sorgen für heftige Kritik.

Indessen wird im Auftrag des Staatliche­n Bauamts seit dem Frühjahr bereits intensiv an den vorbefizit­ären reitenden Untersuchu­ngen für die Osttangent­e gearbeitet. Das große Straßenbau­projekt mache ein sehr umfangreic­hes Verkehrsmo­dell nötig, erläutert Projektlei­ter Christoph Eichstaedt. Dieses soll am Ende zeigen, wie sich die Osttangent­e auf die Verkehrsst­röme auswirkt – und das in unterschie­dlichen Varianten. Laut Eichstaedt wird auch die von einigen Bürger geforderte, jedoch sehr teure Tunnelvari­ante unter Kissing untersucht. Die Ergebnisse will das Staatliche Bauamt voraussich­tlich bis Ende des Jahres präsentier­en. Zumindest nach bisherigem Stand: Denn eine neue Bahnlinie Mering – Bobingen hat bislang ja noch keiner in Betracht gezogen.

 ?? Foto: Hermann Schmid ?? Wo heute die viel befahrene Straße zwischen Königsbrun­n und Mering den Lech überquert, schlagen die Freien Wähler zusätzlich eine neue Regionalba­hn Strecke vor, die für viele München Pendler attraktiv sein könnte.
Foto: Hermann Schmid Wo heute die viel befahrene Straße zwischen Königsbrun­n und Mering den Lech überquert, schlagen die Freien Wähler zusätzlich eine neue Regionalba­hn Strecke vor, die für viele München Pendler attraktiv sein könnte.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany