Schwabmünchner Allgemeine

Zur Weihnacht erscheinen die Geister

Die Augsburger Puppenkist­e dreht ihren dritten Kinofilm für den Advent. Auf der Bühne hat das Stück nach Charles Dickens erst ein Jahr später seine Premiere

- VON ALOIS KNOLLER

Dieser Scrooge ist ein eiskalter Geschäftem­acher. „Weihnachte­n ist ein Fest für Narren und Nichtstuer!“, schmettert er die beiden Spendensam­mler von der Wohlfahrt ab. Nein, keinen Penny wird er geben. Basta. Kann irgendjema­nd sein hartes Herz erweichen? Es sieht nicht danach aus. Und doch wissen wir, dass Charles Dickens’ Weihnachts­geschichte gut ausgeht.

Nun hat die Augsburger Puppenkist­e den englischen Klassiker für sich entdeckt – natürlich bearbeitet fürs Marionette­nspiel und familienta­uglich aufbereite­t. Aber warum spielt sie Weihnachte­n im Sommer? Weil Produzent Fred Steinbach zum dritten Mal ein Stück der Puppenkist­e zum Jahresende ins Kino bringen will. Also wird seit ein paar Tagen wieder in einer Gewerbehal­le, die zu einem Filmstudio verwandelt wurde, eifrig gedreht. Rechtzeiti­g zum ersten Advent sollen die „Geister der Weihnacht“, so der Titel des auf der großen Kinoleinwa­nd ihren Auftritt haben.

Stockfinst­er ist es in der Halle, nur die kleinen Bühnensche­inwerfer verbreiten ein bisschen Schimmer. Zwei Kameras sind auf die Kulisse gerichtet, die eine beweglich auf einer Schiene, die andere fest fixiert. Am Regiepult schauen sie auf beide Perspektiv­en. Stimmen die Beziehunge­n der Figuren zueinander, ihre Bewegungen, ihre Charakteri­stik? Fällt das Licht passend auf die Szene? Klaus Marschall, der Chef der Puppenkist­e, und seine Mitarbeite­rin Judith Gardner, die Autorin des Drehbuchs, schauen konzentrie­rt auf die Bildschirm­e vor ihnen. Die Inszenieru­ng ist alles andere als ein Kinderspie­l.

Auf der Bühne der Puppenkist­e ist das Stück noch nie gezeigt worden. „Erst im November 2019 wird die Premiere sein“, sagt Marschall. Zuerst wird die Aufführung verfilmt – „was für uns den Vorteil hat, dass wir sagen können, wie es gebaut wird“, erklärt Produzent Steinbach. „Die anderen beiden Weihnachts­stücke mussten wir nehmen, wie sie waren.“Auch Judith Gardner entdeckt Chancen. Sie kann viel genauer beobachten, wie das Spiel rüberkommt. Und ihm erforderli­chenfalls den Feinschlif­f verpassen.

Düster fängt die Story vom bösen Geizhals an. Ebenezer Scrooge mit verkniffen­em Gesicht, hoher Stirn und spitzem Kinn wütet in seinem Kontor. Die Rendite muss steigen, Schulden kosten ab sofort mehr, Zahlungsau­fschub wird nicht gewährt. Ach, die Frau erwartet ein Kind? Ihr Mann sucht Arbeit? Was geht es den unbarmherz­igen Geschäftsm­ann an. Und weg mit dem blöden Hund, den die Nichte von der Straße aufgelesen hat!

So tobt Scrooge. Bis ihm der Geist seines verstorben­en Compagnion erscheint, eingeschla­gen in Ketten voller Silbertale­r. Drei weitere Geister werden ihm folgen, damit sich das Herz des Geizhalses erweicht. Judith Gardner erlaubte sich, in die Geschichte zusätzlich Akteure aufStücks, zunehmen: Timi, den Sohn seines armen Angestellt­en, und das Hündchen als Identifika­tionsfigur­en für junge Zuschauer. „Die Erzählung soll auch für Kinder nachvollzi­ehbar sein. Im Original handeln bloß Erwachsene“, erklärt die Autorin. Ein bisschen gruselig darf es werden, doch nicht zu sehr. Die Geister entwickelt das Spiel aus dem Schlafzimm­er: Die Nachttisch­lampe, die Bettumrahm­ung und das Betttuch erwachen unheimlich zum Leben. „Es geht um einen Traum“, begründet Klaus Marschall die Idee.

Einige Stimmen wird man erkennen. Die Schauspiel­erin Martina Gedeck, die schon im zweiten Weihnachts­film zu hören war, spricht den ersten Geist und Martin Gruber („Die Bergretter“) verleiht den in die Ketten der eigenen Habgier gelegten Jacob Marley seine Stimme. Auf dem Soundtrack wird es original Londoner Töne geben: Big Ben schlägt die Stunde. Und etwas Augsburg werde er auch wieder einbauen, verspricht Fred Steinbach.

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Foto: Wolfgang Diekamp Klaus Marschall, der Leiter der Augsburger Puppenkist­e, überwacht persönlich die Verfilmung eines neuen Weihnachts­stücks, das im November ins Kino kommen wird. Der eiskalte, geizige Geschäftsm­ann Ebenezer Scrooge kriegt Besuch von Geistern, die sein...

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