Azubi auf Ebay dringend gesucht
Viele Firmen tun sich bei der Suche nach Lehrlingen schwer. Viele Schüler dagegen sind unsicher, wie sie sich ihre berufliche Zukunft vorstellen. Und sie stellen ganz andere Anforderungen an den Job als noch vor Jahren
Es herrscht Fachkräftemangel in Deutschland. Das spüren längst auch Unternehmen in Augsburg und der Region. Weil viele Abiturienten ein Studium anschließen, fehlen in manchen Ausbildungsberufen Bewerber auf die jeweiligen Stellen. Manche Unternehmen werben daher auf ungewöhnliche Weise für ihre Jobs. Sogar auf Ebay-Kleinanzeigen suchen sie nach Auszubildenden.
Die Industrie- und Handelskammer sowie die Handwerkskammer für Schwaben, werben für die Ausbildung als Alternative zum Studium, um den Fachkräftemangel in den Griff zu bekommen. Viele Akteure stellen dabei fest: Kein leichtes Unterfangen, denn immer mehr Schüler scheinen bei der Berufswahl zunehmend die Orientierung zu verlieren. Berufsfachmessen für Ausbildung und Studium, wie die Vocatium, wollen Absolventen deshalb bei ihrer Entscheidung unterstützen. Ein Rundgang zeigt, wo die Probleme der Schüler liegen.
Dass die Berufswahl heutzutage so kompliziert ist, hat mehrere Gründe. „Vielen Berufen fehlt der Auftritt nach außen“, sagt beispielsweise
Vier Sprachen, aber keine Ahnung vom Bewerben
Kerstin Lehne vom Institut für Talententwicklung (IfT), das die Messe organisiert. Will heißen: Berufe wie Altenpfleger oder Erzieher würden in der Öffentlichkeit nicht positiv genug dargestellt. Auch könnten sich viele Absolventen unter manchen Berufen nur wenig vorstellen, erklärt Stefan Schröter, Ausbildungsberater bei der Handwerkskammer Schwaben. Mechaniker für Kältetechnik oder Orthopädietechnik-Mechaniker seien moderne Berufe. Doch viele Absolventen wüssten gar nicht, was sie dabei erwarte.
Laut Cornelia Windisch, Geschäftsleitung der FOM Hochschule in Augsburg, stellt das große Angebot die Schüler vor Herausforderungen. „Es gibt unfassbar viele Möglichkeiten. Manche Abiturienten stehen nach dem Abschluss da und wissen gar nicht, wohin sie wollen.“Die Anforderungen der Schüler hätten sich ebenfalls verändert, erklärt sie. Zwar spielten Bezahlung und Karrieremöglichkeiten immer noch eine Rolle. Andere Faktoren würden jedoch wichtiger: „Heute fragen manche Bewerber bei einem dualen Studium danach, wie anstrengend das wird. Früher wollten sie wissen, ob sie im Anschluss gleich Chef werden können.“
Elsa Knoller-Knedlik, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit in Augsburg, bestätigt diese Entwicklung. „Karriere um jeden Preis ist für Schüler nicht mehr das Wichtigste. Die Sinnfrage steht bei vielen in dieser Generation im Mittelpunkt.“
Sandra Popp hat andere Probleme. Sie ist Lehrerin an der Kapellen-Mittelschule in Oberhausen. Die Schwierigkeiten bei der Berufswahl ihrer Schüler sieht sie vor allem in deren familiären Hintergründen. „Viele Eltern können ihre Kinder bei der Suche nach einem Beruf nicht unterstützen. Sie kennen das duale System nicht oder sprechen die Sprache nicht.“Zwar gebe es an den Schulen Fachkräfte für die Berufsberatung, aber eigentlich müsste jedes Kind einzeln an die Hand genommen werden und im Bewerbungsprozess begleitet werden, sagt sie.
Die Abiturientin Verena Pfeiffer,
die sich bei der Vocatium informiert hat, weiß zumindest schon, in welche Richtung es gehen soll: Wirtschaftspsychologie oder BWL möchte sie studieren. Nach dem Abitur will sie aber erst einmal ins Ausland. Während der Schulzeit hätte sie sich mehr Vorbereitung für das Berufsleben gewünscht. „Ich kann vier Fremdsprachen, weiß aber nicht, wie man eine Bewerbung schreibt“, sagt sie.
Philipp Bayers Pläne sind ebenfalls sehr konkret. Der 18-Jährige möchte zur Bundeswehr. Dort will
er Geschichte oder Sport studieren. „Ich möchte wie mein Vater Offizier bei der Bundeswehr werden“, erklärt er. Das weiß er seit der achten Klasse. Sofia Knauers Weg verlief weniger geradlinig. Während ihrer Zeit an der Realschule hat sie viele Berufe ausprobiert. Sie absolvierte Praktika in einem Reisebüro, als Elektronikerin und in einer Sprachschule. Letztendlich entschied sie sich für eine Ausbildung als Kauffrau für Büromanagement bei einem Unternehmen in der Verteidigungsindustrie.