Notfall in der Luft verunsichert am Boden
Dem Kerosinablass einer Boeing 747 folgt Ruf nach besserer Aufklärung. Welche Maßnahmen ergriffen werden
Dass ein Frachtflugzeug am vergangenen Sonntag mehrfach über Mittelschwaben kreiste und dabei rund 50 Tonnen Kerosin durch einen sogenannten Treibstoffschnellablass versprühte, hat viele unserer Leser verunsichert. Neben sarkastischen Bemerkungen war auch die Frage zu hören, ob man die Bevölkerung nicht warnen müsse, wenn ein Flugzeug Treibstoff versprüht. Bislang ist das nicht der Fall. Ein sogenannter Fuel Dump geschieht ausschließlich in Notsituationen, wenn beispielsweise nach dem Start technische Probleme auftreten, oder ein Passagier einen Herzinfarkt erleidet.
Vor allem bei größeren Maschinen – im aktuellen Fall handelt es sich um eine Boeing 747 – ist das Gewicht mit den noch vollen Treibstofftanks deutlich zu groß, um zum Beispiel nach einem Start in München dort wieder sicher landen zu können. Daher wird tonnenweise Kerosin über einem Gebiet, das die Flugsicherung zuweist, abgelassen. In den vergangenen Jahren war das häufiger der Luftraum über Mittelschwaben. Hintergrund könnte sein, dass dieser Luftraum unter der Woche meist für übende Militärflugzeuge reserviert wird. Er kann daher leicht für eine Maschine mit technischem Problem freigemacht werden, insbesondere an Wochenenden. Zudem grenzt dieses Übungsgebiet am Lech direkt an die Flugsicherheitszone des Airports München an, wo anschließend eine Landung mit entsprechenden Vorkehrungen ermöglicht werden kann.
Die stellvertretende Günzburger Landrätin Monika WiesmüllerSchwab zeigte sich „entsetzt“angesichts des aktuellen Vorfalls. Nachdem bereits im vergangenen Sommer bekannt wurde, dass in den Jahren 2010, 2015 und 2016 insgesamt 101 Tonnen Kerosin im Luftraum über Thannhausen abgelassen wurden, habe sie damals an das Umweltministerium geschrieben, um ein Verbot zu erwirken. „Es kann doch nicht sein, dass immer die gleiche Region aufgesucht wird“, ärgert sich die Kreispolitikerin. „Das finde ich in Anbetracht der fehlenden Studien zu den Auswirkungen auf die betroffene Bevölkerung mehr als bedenklich.“Wiesmüller-Schwab will sich erneut ans Umweltministerium wenden. Ein weiterer Punkt, der sie stört, ist, dass der Grund für einen sogenannten Fuel Dump nicht schriftlich dokumentiert werden müsse. Sie werde ihr Anliegen auch beim Verkehrsministerium vorbringen.