Zverev dachte schon an Aufgabe
Der 21-Jährige biegt das Match gegen den Amerikaner Fritz trotz großer Magen-Darm-Probleme noch um. Julia Görges steht nach langem Kampf im Achtelfinale
Die Dramatik seiner imposanten Aufholjagd verriet Alexander Zverev erst nach seinem Drittrundeneinzug von Wimbledon. Er habe an einem Magen-Darm-Virus gelitten, sich während des ersten Teils gegen den US-Amerikaner Taylor Fritz übergeben. Und noch wenige Stunden vor der Fortsetzung am Freitag habe er gar überlegt, beim bedeutendsten Tennis-Turnier der Welt gar nicht mehr anzutreten. „Ich hatte sehr wenig Energie, ich habe seit gestern nichts mehr gegessen“, sagte Deutschlands bester Tennisspieler. „Aber dann habe ich gedacht, wenn ich mich nicht gut fühle, spiele ich nur einen Satz. Wenn ich mich besser fühle, können es zwei sein.“
So versuchte es der WimbledonMitfavorit, das Adrenalin half, und Zverev entwickelte sich immer mehr zum Meister des Comebacks. Trotz seiner gesundheitlichen Probleme befreite sich Deutschlands Tennis-Jungstar in grandioser Kämpfermanier aus der bedrohlichen Situation, in der ein weiterer Satzverlust das überraschend frühe Aus bedeutet hätte. Es war durchaus Zverevs Glück, dass die Partie am Donnerstagabend wegen der einbrechenden Dunkelheit bei einem 1:2-Satzrückstand aus seiner Sicht abgebrochen worden war. Nach dem 6:4, 5:7, 6:7 (0:7), 6:1, 6:2 gegen Fritz hat der WeltranglistenDritte am Samstag ebenso wie Angelique Kerber bei den Damen die Chance auf das Achtelfinale.
Immer wieder und wieder streckte der 21-Jährige nach dem verwandelten ersten Matchball seine langen Arme Richtung Himmel. Mit weit aufgerissenem Mund schrie er seine Freude heraus. „Gestern hatte ich während der ganzen drei Sätze Schmerzen. Ich habe versucht, was zu frühstücken, habe ich dann aber nicht. Ich bin jetzt ein bisschen schlapp, aber der Magen ist o.k.“, sagte der Hamburger. Mit einem Erfolg gegen Ernests Gulbis würde Zverev sein bestes Wimbledon-Resultat einstellen. Der Lette ist eine machbare Aufgabe, gegen ihn gespielt hat der Norddeutsche allerdings noch nie. Vor vier Jahren gehörte Gulbis zu den besten zehn der Welt, weit abgerutscht tritt er jetzt als Qualifikant an. „Er ist sehr unberechenbar“, sagte Zverev.
Im Schatten Zverevs scheiterte Philipp Kohlschreiber in der dritten Runde. Der Augsburger verabschiedete sich mit dem 3:6, 5:7, 5:7 gegen den an Position acht gesetzten Südafrikaner Kevin Anderson. Chancenlos war Jan-Lennard Struff gegen Roger Federer. Er verlor seine Drittrunden-Premiere klar mit 3:6, 5:7, 2:6.
Besser machte es Julia Görges, die erstmals den Einzug ins Achtelfinale schaffte. Die Bad Oldesloerin gewann ihr Drittrunden-Match gegen die Tschechin Barbora Strycova 7:6 (7:3), 3:6, 10:8. Nach 2:56 Stunden machte die 29-Jährige ihren Erfolg perfekt und zog als erste Deutsche in die Runde der besten 16 ein. Am Montag spielt Görges gegen Donna Vekic aus Kroatien um einen Platz im Viertelfinale. Für Angelique Kerber geht es am Samstag gegen die Japanerin Naomi Osaka ebenfalls um den Einzug ins Achtelfinale. „Ich muss besser spielen als die ersten beiden Matches hier“, sagte die 30-Jährige. Tut sie das nicht, könnte sie Teil des Favoritensterbens werden. Nach dem Ausscheiden der fünfmaligen Siegerin Venus Williams sind bereits acht der ersten zehn der Setzliste vor der zweiten Woche gescheitert. (dpa) Männer, 2. Runde A. Zverev (Hamburg) – Fritz (USA) 6:4, 5:7, 6:7 (0:7), 6:1, 6:2 3. Runde Anderson (Südafrika) – Kohl schreiber (Augsb.) 6:3, 7:5, 7:5; Federer (Schweiz) – Struff (Warstein) 6:3, 7:5, 6:2 Frauen 3. Runde Görges (Bad Oldesloe) – Strycova (Tschech.) 7:6 (7:3), 3:6, 10:8