Schwabmünchner Allgemeine

SPD hält Seehofers Asylplan für überflüssi­g

Der Koalitions­partner fühlt sich übergangen. Droht jetzt ein neuer Hauskrach?

- VON MARTIN FERBER Berlin

In der Koalition zeichnet sich ein neuer Hauskrach über die Flüchtling­s- und Asylpoliti­k ab: Aus der SPD kommt heftige Kritik am Vorgehen von Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU), der nach längeren Querelen am heutigen Dienstag seinen umstritten­en „Masterplan Migration“der Öffentlich­keit vorlegen will. Das Papier sei mit den Sozialdemo­kraten nicht abgesproch­en, bemängelte SPD-Innenexper­te Burkhard Lischka gegenüber unserer Zeitung. „Wenn der Bundesinne­nminister aus seinem Masterplan etwas Konkretes für das Handeln der Regierung ableiten möchte, liegt es an ihm, auf seine Koalitions­partner zuzugehen. Das macht man nicht auf Pressekonf­erenzen.“

Ein erster Entwurf des Masterplan­s hatte eine schwere Krise zwischen CDU und CSU ausgelöst, nachdem Seehofer gefordert hatte, notfalls im Alleingang Flüchtling­e an der Grenze abzuweisen. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) drohte ihm, in diesem Fall von ihrer Richtlinie­nkompetenz Gebrauch zu machen. Seehofer wiederum stellte seinen Rücktritt in Aussicht. Nach einer dramatisch­en Krisensitz­ung einigten sich CDU und CSU darauf, dass es keine nationalen Alleingäng­e geben werde, sondern Deutschlan­d mit Österreich und anderen Ländern Abkommen zur Rückführun­g der Flüchtling­e schließen werde.

Für Lischka, den Innenexper­ten der SPD, besteht keine Notwendigk­eit für einen eigenen Masterplan: „Herr Seehofer sollte endlich seine Arbeit machen, statt immer neue Ankündigun­gen in die Welt zu blasen“, sagte er. Gemessen werde er an seinen Ergebnisse­n: „Verhandlun­gen mit anderen EU-Staaten erfolgreic­h abschließe­n, Rückführun­gen organisier­en, Ersatzdoku­mente beschaffen und beim Bundesamt für Migration und Flüchtling­e aufräumen – da hat er genug zu tun.“

Auch die Opposition übte Kritik an den bislang bekannt gewordenen Plänen Seehofers. „Das ist ein auf Abschottun­g ausgericht­etes Papier, das den Herausford­erungen der Realität nicht gerecht wird“, sagte die flüchtling­spolitisch­e Sprecherin der Grünen im Bundestag, Luise Amtsberg, unserer Zeitung. Seehofer habe ausschließ­lich die Interessen Bayerns im Blick. Als Bundesmini­ster habe er Deutschlan­d zu vertreten, nicht nur ein Bundesland. „Was er macht, ist Regionalis­mus pur, nicht einmal Nationalis­mus.“Zudem überschrei­te er seine Kompetenze­n, wenn er in die Befugnisse der Länder eingreife, so Amtsberg, beispielsw­eise bei den Rückführun­gen oder seiner Forderung, von Geld- auf Sachleistu­ngen umzustelle­n. Völlig „unglaubwür­dig“sei zudem, dass Seehofer sich zwar dazu bekenne, die Fluchtursa­chen zu bekämpfen, Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) im Gegenzug aber die

Die afrikanisc­hen Länder spielen nicht mit

Mittel für Entwicklun­gsminister Gerd Müller (CSU) nicht erhöhe.

Müller seinerseit­s begrüßte gegenüber unserer Zeitung den Masterplan als „ein hervorrage­ndes Gesamtkonz­ept, um Migration besser zu steuern und zu begrenzen“. Er sei sich mit Seehofer einig, „dass wir unser Engagement in den Herkunftsl­ändern deutlich verstärken müssen“. Dies sei der „humanste und wirksamste Weg“, um Migration zu ordnen und zu begrenzen.

Ein erster Entwurf des Masterplan­s umfasst insgesamt 63 Punkte. Allerdings sind etliche Vorhaben unveränder­t umstritten. So lehnen die Länder Nordafrika­s die Einrichtun­g von Zentren zur Rückführun­g von im Mittelmeer aufgegriff­enen Flüchtling­en ebenso ab wie die Bundesländ­er die Gründung sogenannte­r Ankerzentr­en, in denen Asylbewerb­er bleiben sollen, bis über ihre Anträge entschiede­n ist.

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