SPD hält Seehofers Asylplan für überflüssig
Der Koalitionspartner fühlt sich übergangen. Droht jetzt ein neuer Hauskrach?
In der Koalition zeichnet sich ein neuer Hauskrach über die Flüchtlings- und Asylpolitik ab: Aus der SPD kommt heftige Kritik am Vorgehen von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), der nach längeren Querelen am heutigen Dienstag seinen umstrittenen „Masterplan Migration“der Öffentlichkeit vorlegen will. Das Papier sei mit den Sozialdemokraten nicht abgesprochen, bemängelte SPD-Innenexperte Burkhard Lischka gegenüber unserer Zeitung. „Wenn der Bundesinnenminister aus seinem Masterplan etwas Konkretes für das Handeln der Regierung ableiten möchte, liegt es an ihm, auf seine Koalitionspartner zuzugehen. Das macht man nicht auf Pressekonferenzen.“
Ein erster Entwurf des Masterplans hatte eine schwere Krise zwischen CDU und CSU ausgelöst, nachdem Seehofer gefordert hatte, notfalls im Alleingang Flüchtlinge an der Grenze abzuweisen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) drohte ihm, in diesem Fall von ihrer Richtlinienkompetenz Gebrauch zu machen. Seehofer wiederum stellte seinen Rücktritt in Aussicht. Nach einer dramatischen Krisensitzung einigten sich CDU und CSU darauf, dass es keine nationalen Alleingänge geben werde, sondern Deutschland mit Österreich und anderen Ländern Abkommen zur Rückführung der Flüchtlinge schließen werde.
Für Lischka, den Innenexperten der SPD, besteht keine Notwendigkeit für einen eigenen Masterplan: „Herr Seehofer sollte endlich seine Arbeit machen, statt immer neue Ankündigungen in die Welt zu blasen“, sagte er. Gemessen werde er an seinen Ergebnissen: „Verhandlungen mit anderen EU-Staaten erfolgreich abschließen, Rückführungen organisieren, Ersatzdokumente beschaffen und beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge aufräumen – da hat er genug zu tun.“
Auch die Opposition übte Kritik an den bislang bekannt gewordenen Plänen Seehofers. „Das ist ein auf Abschottung ausgerichtetes Papier, das den Herausforderungen der Realität nicht gerecht wird“, sagte die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Luise Amtsberg, unserer Zeitung. Seehofer habe ausschließlich die Interessen Bayerns im Blick. Als Bundesminister habe er Deutschland zu vertreten, nicht nur ein Bundesland. „Was er macht, ist Regionalismus pur, nicht einmal Nationalismus.“Zudem überschreite er seine Kompetenzen, wenn er in die Befugnisse der Länder eingreife, so Amtsberg, beispielsweise bei den Rückführungen oder seiner Forderung, von Geld- auf Sachleistungen umzustellen. Völlig „unglaubwürdig“sei zudem, dass Seehofer sich zwar dazu bekenne, die Fluchtursachen zu bekämpfen, Finanzminister Olaf Scholz (SPD) im Gegenzug aber die
Die afrikanischen Länder spielen nicht mit
Mittel für Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) nicht erhöhe.
Müller seinerseits begrüßte gegenüber unserer Zeitung den Masterplan als „ein hervorragendes Gesamtkonzept, um Migration besser zu steuern und zu begrenzen“. Er sei sich mit Seehofer einig, „dass wir unser Engagement in den Herkunftsländern deutlich verstärken müssen“. Dies sei der „humanste und wirksamste Weg“, um Migration zu ordnen und zu begrenzen.
Ein erster Entwurf des Masterplans umfasst insgesamt 63 Punkte. Allerdings sind etliche Vorhaben unverändert umstritten. So lehnen die Länder Nordafrikas die Einrichtung von Zentren zur Rückführung von im Mittelmeer aufgegriffenen Flüchtlingen ebenso ab wie die Bundesländer die Gründung sogenannter Ankerzentren, in denen Asylbewerber bleiben sollen, bis über ihre Anträge entschieden ist.