Viel Lärm um nichts?
Die Neuregelung der Schutzzonen lässt auf sich warten – zum Leidwesen der Lechfeldgemeinden. Vor allem in Graben herrscht Unmut über diese Entscheidung. Nun kommt etwas Bewegung in die Angelegenheit
Die Neuregelung der Schutzzonen auf dem Lechfeld lässt auf sich warten. Vor allem in Graben herrscht Unmut über diese Entscheidung.
Grabens Bürgermeister Andreas Scharf sitzt in seinem Büro im Rathaus, auf dem Tisch vor ihm sind mehrere Pläne ausgebreitet – von Graben und dem dazugehörigen Ortsteil Lagerlechfeld. Auf den Plänen sind in roter Farbe mehrere Areale eingezeichnet; es sind Flächen, die einmal als Wohngebiet angedacht sind. Dass diese Grundstücke der Gemeinde zum Teil gar nicht gehören, sondern in Privatbesitz sind, ist das eine Problem. Ein viel größeres sind die auf den Plänen eingezeichneten grünen Linien. Diese zeigen die unterschiedlichen Lärmschutzzonen – und die sind aus Sicht von Bürgermeister Scharf ein riesiges Hindernis: „Die Lärmschutzzonen schränken uns in unserer Entwicklung stark ein.“Nicht nur deshalb stellten sowohl Graben als auch Untermeitingen einen Antrag beim Regionalen Planungsverband Augsburg.
Das Ziel der Gemeinden: eine Abweichung von den derzeit gültigen Nutzungsbeschränkungen, um neue Wohngebiete ausweisen zu können. Die Lärmschutzzone 2 verläuft momentan durch Lagerlechfeld. Die Zone C, die noch einmal in einen inneren und einen äußeren Bereich unterteilt ist, reicht bis nach Graben und Untermeitingen. Eigentlich sollte die Zone C dieses Jahr abgeschafft werden, doch sie wurde bis 2023 verlängert. Dies ist vor allem für Graben ärgerlich: In diesem Bereich wurde vor wenigen Wochen ein Edeka-Markt eröffnet, der von einer Wohnbebauung eingeschlossen werden soll.
Es geht um rund zehn Hektar, sagt Scharf. Doch mit den bis 2023 gültigen Lärmschutzzonen ist dieser Einschluss nicht mehr realisierbar. Deshalb hofft die Gemeinde auf eine Marion Koppe ist Geschäftsführerin des Regionalen Planungsverbands Augsburg und versteht, dass Graben nicht bis zu einer Neuregelung im Jahr 2023 warten könne. Das Gremium versuche der Gemeinde zu helfen, aber die Vorgaben seien laut Koppe sehr „restriktiv“.
Der Flächennutzungsplan dürfe für die Gemeinde keine anderen Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Da Graben noch weitere Gebiete zur Wohnbebauung aufgelistet habe – die außerhalb der Lärmschutzzone C liegen –, muss die Gemeinde Flächen in vergleichbarem Umfang zurücknehmen, um die Ausnahmegenehmigung rund um den EdekaMarkt zu erhalten. Scharf reagiert darauf mit Unverständnis: „Die Leute, die dann im Lärmschutzbereich wohnen, haben doch nichts davon, wenn bei uns im Ort wo anders nicht gebaut wird. Außerdem sind von unserem Flächennutzungsplan von 1998 nur noch Restflächen vorhanden, die uns zum Großteil gar nicht gehören.“
den Regionalen Planungsverband seien zwei Argumente bei der Abwägung wichtig: Flächen sparen und Lärmschutz. Grabens Bürgermeister kann das Argument des Flächenverbrauchs zwar nachvollziehen, betont aber, dass seine Gemeinde in der Vergangenheit pro Jahr nur rund 1,4 Hektar für Wohngebiete ausgewiesen habe. „Ich sehe das als vertretbare Wachstumspolitik, wir drehen ja jetzt nicht durch“, sagt Scharf. Er rechnet vor, dass dies bei einer Bebauung mit Einzelhäusern im Schnitt ein jährlicher Zuwachs von 40 bis 60 Einwohnern sei. Durch solch ein Wachstum können seiner Meinung nach die örtliche Schule gehalten und die neuen Bewohner gut in die Gemeinde integriert werden.
Das Thema rund um die bestehenden Lärmschutzzonen bezeichnet Scharf als „absurd“. Die Zone C sei inhaltlich leer und eine rein formale Hülle. „Ein Wert von 62 bis 67 Dezibel entsteht in der Zone C inzwischen nicht mehr, das hat der Bund bei der Messung des FlugAusnahmegenehmigung. lärms ermittelt“, sagt Scharf. Dieser Wert sei nur noch östlich der B17 vorhanden. „Der Regionalplan schützt uns vor einer Gefahr, die nicht mehr existiert“, lautet das Fazit von Scharf. Selbst bei einer Stationierung der A400M-Transportflugzeuge würde sich das nicht ändern, ist Scharf überzeugt: „Das sind Propeller-Maschinen, die quasi keinen Lärm verursachen.“
Die Gemeinde Untermeitingen hoffte ebenfalls auf eine Ausnahmegenehmigung, doch daraus wurde nichts. Der Regionale Planungsverband forderte weitere Argumente von der Gemeinde, da diese noch Reserven in Höhe von 51 Hektar habe. „Wir nehmen die Entscheidung des Planungsverbands zur Kenntnis, auch wenn sie uns nicht schmeckt“, sagt Bürgermeister Simon Schropp. Untermeitingen wollte im Bereich östlich des neuen Kindergartens ein zehn Hektar großes Wohngebiet samt kleiner Gewerbefläche ausweisen. Da das Areal in der Lärmschutzzone C liegt, ist dies aber vorerst nicht mögFür lich. „Wir wollen keine Tauschgeschäfte machen, darin ist sich der Gemeinderat einig“, sagt Schropp.
Die Gemeinde könne die Entscheidung „verschmerzen“, da kein hoher Druck bestehe, dort ein Baugebiet auszuweisen. „Wir wachsen relativ schnell und müssen auch mal den Fuß auf das Bremspedal setzen“, sagt Schropp. Der Gemeinde bleibe nichts anderes übrig, als abzuwarten und das Gebiet vermutlich in fünf Jahren in Angriff zu nehmen.
Marion Koppe vom Regionalen Planungsverband spricht von einer ziemlich unguten Geschichte, bei der die Bundespolitik dem Verband und den Gemeinden in die Quere kam. Eine Prognose, wann die Fortschreibung des Regionalplans und damit die Ausnahmegenehmigung für Graben durch ist, möchte sie nicht abgeben. „Ich hoffe natürlich deutlich vor 2023, sonst bringt es nichts.“Scharf geht derweil davon aus, dass seine Gemeinde Korrekturen im Flächennutzungsplan vornehmen wird und sich auf den Tausch von Wohnflächen einlasse.