Schwabmünchner Allgemeine

Knatsch im Kaffee Reich

Der 82-jährige Patriarch Albert Darboven regelt sein Erbe. Weil der Hamburger Unternehme­r den eigenen Sohn abserviert und ausgerechn­et einen Jacobs-Spross adoptieren will, läuft die Familie Sturm

- VON MICHAEL STIFTER Hamburg

Es ist eine Geschichte von gekränkter Eitelkeit, von gemeinsame­n Leidenscha­ften und einem bitteren Ende. Sie beginnt im Jahr 1866 mit einer revolution­ären Idee. Johann Joachim Darboven, der in Hamburg einen kleinen Laden betreibt, verpackt gerösteten Kaffee in Tüten und liefert sie seinen Kunden per Post direkt nach Hause. Den Päckchen legt der Kaufmann außerdem kleine Würfel aus Zucker bei. Es ist der Grundstein einer Familiendy­nastie, die bis heute mit dem Namen Darboven verbunden ist. Doch das könnte sich bald ändern.

Die Hauptrolle in dieser Geschichte, stark und schwarz wie ein guter Kaffee, spielt Albert Hopusch. Er verliert früh seinen Vater, wird im Alter von 17 Jahren von seinem Onkel Arthur Darboven, dem Sohn des Firmengrün­ders, adoptiert und ist plötzlich selbst Thronfolge­r im Kaffee-Reich. In den 50er Jahren schuftet er im Hamburger Hafen und auf Plantagen in Mittelamer­ika. Er verbringt eine Nacht in einem Knast in Costa Rica, nachdem er in einer Kneipe betrunken mit einer Pistole auf Flaschen geschossen hat.

1960 übernimmt er die Firmenleit­ung, ein Jahr später heiratet er zum Entsetzen seiner Familie die Tochter eines Kaffeebaro­ns aus El Salvador. Albert „Atti“Darboven ist jetzt das Gesicht der Marke „Idee Kaffee“. Geradezu legendär werden später die Fernsehspo­ts des Unternehme­ns. Da tritt der Chef persönlich auf und überzeugt leer lächelnde Laiendarst­eller, die auch in Loriot-Sketchen mitspielen könnten, von den Vorzügen des magenschon­enden koffeinhal­tigen oder entkoffein­ierten Heißgeträn­ks aus seinem Hause.

Schon damals bietet dieses Leben genug Stoff für mindestens einen Roman. Und die Geschichte ist noch nicht zu Ende erzählt. Dass sie nun eine ganz neue dramatisch­e Wendung nimmt, liegt daran, dass der inzwischen 82-jährige Darboven neben dem Kaffee noch eine zweite große Leidenscha­ft hat: Pferde. Im Vorstand des Hamburger RennClubs trifft er Andreas Jacobs.

Wie der Name verrät, entstammt auch er einer großen deutschen Kaffee-Dynastie. Doch das Bremer Traditions­haus ist heute nur noch ein Puzzleteil des niederländ­ischen Riesenkonz­erns Jacobs Douwe Egberts und der 53-jährige Firmenerbe hatte mit dem Kaffee eigentlich längst abgeschlos­sen. Er kümmerte sich mehr um Rennpferde und Renditen als um Röstereien. Doch jetzt steckt er plötzlich mittendrin im Familiendr­ama. Darboven und seine zweite Frau Edda wollen Jacobs adoptieren, um ihn anschließe­nd zum Nachfolger an der Firmenspit­ze machen zu können. „Es ist kein Geheimnis, dass wir Herrn Dr. Jacobs nicht nur privat verbunden sind, sondern ihn auch als einen herausrage­nden Unternehme­r schätzen, der unser volles Vertrauen genießt“, teilt das Paar mit. Doch Albert Darboven hat nicht mit seinem leiblichen Sohn aus erster Ehe gerechnet.

Arthur Ernesto hatte das Unternehme­n vor Jahren im Streit mit dem Vater verlassen. Jetzt erscheint er – flankiert von anderen Clan-Mitglieder­n – wieder auf der Bildfläche. Er sieht in seinem Adoptivbru­der in spe einen abgebrühte­n Investor und fürchtet den „Ausverkauf“des Unternehme­ns. In einem offenen Brief warnen die Familienmi­tglieder, die gemeinsam 42,5 Prozent der Anteile halten, vor dem Eindringli­ng aus dem Jacobs-Reich und vermiesen dem Patriarche­n mit voller Absicht das Galopp-Derby in HamburgHor­n am vergangene­n Sonntag. Dort trifft sich die noble hanseatisc­he Gesellscha­ft – mittendrin der Lebemann und Sponsor Albert Darboven im vornehmen Zweireiher.

Rein äußerlich ist ihm der Ärger um seine Nachfolge nicht anzumerken. Oder weiß er etwa schon, wie diese Geschichte ausgeht? Das wäre nun wirklich Kaffeesatz­leserei…

Plötzlich mittendrin im Familiendr­ama

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Albert „Atti“Darboven mit seiner zwei ten Frau Edda beim Galopp Derby in Hamburg Horn.
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Fotos: Breuel, dpa (2) Arthur E. Darboven
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Andreas Jacobs

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