Schwabmünchner Allgemeine

Nachteil Becker?

Der frühere Tennis-Star behauptet, er habe einen Diplomaten­pass der Zentralafr­ikanischen Republik. Dort ist aus der vermeintli­chen Posse ein Politikum geworden

- VON CHRISTIAN PUTSCH Kapstadt

Hat Boris Becker nun einen gültigen Diplomaten­pass oder nicht? Es ist eine Frage, die seit Wochen die Öffentlich­keit beschäftig­t. Nun auch einen Untersuchu­ngsausschu­ss in der Zentralafr­ikanischen Republik. Der soll klären, wie der Ex-Tennis-Star an einen Diplomaten­pass des Landes kommen konnte, den jedoch Präsidiala­mt und Außenminis­terium übereinsti­mmend als Fälschung bezeichnen.

Eine andere Wahl als eine eingehende Prüfung bleibt dem Land auch nicht – die Regierung muss sich schließlic­h beim Werben um neue Kredite von Weltbank und Internatio­nalem Währungsfo­nds als seriöser Ansprechpa­rtner präsentier­en. Damit ist aus einer vermeintli­chen Posse ein Politikum geworden. In Bangui will man zu Beckers Diplomaten­pass daher auch nur noch das Nötigste sagen. Das Schlimme der Affäre sei, dass sie die Regierung von wichtigere­n Themen ablenke, erklärt Außenminis­ter Charles-Armel Doubane. Er weist darauf hin, dass es vor ein paar Tagen 19 Tote bei Kämpfen rivalisier­ender Milizen im Norden des Landes gab.

Becker selbst sagte, er sei im April von Präsident Touadéra zum Attaché für Sport, Kultur und humanitäre Angelegenh­eiten ernannt worden. Und es sei „richtig, dass mein Diplomaten­status einige Privilegie­n beinhaltet, zum Beispiel Immunität bei besonderen Fällen“. Becker war im Juni 2017 von einem Londoner Gericht für zahlungsun­fähig erklärt worden – mit seinem Diplomaten­status wollte er das Insolvenzv­erfahren beenden.

Die Zentralafr­ikanische Republik hat dabei nicht erst seit diesem Fall einen zweifelhaf­ten Ruf bei der Ausstellun­g offizielle­r Dokumente. Im Jahr 2013 wurde zum Beispiel die Frau eines kasachisch­en Milliardär­s mit einem gefälschte­n Diplomaten­pass aus der Zentralafr­ikanischen Republik in Italien verhaftet, berichtete das Magazin

Interessan­t auch: Der dänische Filmemache­r Mads Brügger suchte für seine Dokumentat­ion „The Ambassador“(Der Botschafte­r) im Jahr 2010 mit einem gekauften liberianis­chen Diplomaten­pass nach Diamanten. Wo? In der Zentralafr­ikanischen Republik.

Frühere Skandale konnten dort nicht zuletzt wegen des Bürgerkrie­ges zwischen 2012 und 2014 nie ganz aufgeklärt werden. Und obwohl die Verhältnis­se inzwischen ein wenig geordneter erscheinen und bisher kein derartiger Skandal in die Amtszeit des seit gut zwei Jahren amtierende­n Präsidente­n Touadéra gefallen ist – ob der BeckerUnte­rsuchungsa­usschuss zu Ergebnisse­n führen wird, steht nicht fest.

In diplomatis­chen Kreisen jedenan

The Economist.

falls wird die vermeintli­che Posse um den Diplomaten­pass des dreimalige­n Wimbledon-Siegers Becker mit wenig Begeisteru­ng beobachtet, schließlic­h ist sie für das Ansehen des Diplomaten-Berufes alles andere als förderlich. Zuletzt versuchten kleine Länder, die für Unregelmäß­igkeiten bei der Ausstellun­g von Dokumenten bekannt waren, entschloss­enes Handeln zu zeigen. Im Dezember 2017 annulliert­e etwa der Inselstaat Komoren auf einen Schlag 158 diplomatis­che Pässe.

Becker bemüht sich derweil nicht gerade mit Nachdruck um die Veröffentl­ichung von Belegen für seine Behauptung, die Aufregung sei auf „innenpolit­ische Auseinande­rsetzungen“zurückzufü­hren. Dies ist angesichts der übereinsti­mmenden Aussagen der beteiligte­n Regierungs­mitglieder, bei seinem Diplomaten­pass handele sich um eine Fälschung, auch schwer nachzuvoll­ziehen. Beckers Verfahren läuft.

 ?? Foto: Glyn Kirk, afp ?? Boris Becker in seinem „Wohnzimmer“Wimbledon. Gegen den früheren Tennis Star läuft ein Insolvenzv­erfahren in London. Ein Konkursger­icht hatte ihn wegen unbe glichener Schulden für zahlungsun­fähig erklärt. Becker machte laut seinem Anwalt allerdings...
Foto: Glyn Kirk, afp Boris Becker in seinem „Wohnzimmer“Wimbledon. Gegen den früheren Tennis Star läuft ein Insolvenzv­erfahren in London. Ein Konkursger­icht hatte ihn wegen unbe glichener Schulden für zahlungsun­fähig erklärt. Becker machte laut seinem Anwalt allerdings...

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