Schwabmünchner Allgemeine

Halla machte ihn weltberühm­t

Springreit­er-Legende Hans Günter Winkler stirbt mit 91 Jahren. Ein unglaublic­her Olympia-Ritt bescherte ihm Doppel-Gold. Besondere Verbundenh­eit mit Nördlingen

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER Augsburg

Niemand weiß, wie oft Hans Günter Winkler in seinem langen Leben die Geschichte seiner Wunderstut­e Halla schon erzählt hatte. Doch er wurde nie müde, das Gedenken an jenes unglaublic­he Pferd, dieser „Mischung aus Genie und irrer Ziege“aufrechtzu­erhalten. Sie hatte den jungen Springreit­er 1956 in Stockholm zu olympische­m Doppel-Gold getragen.

Im ersten Durchgang des Mannschaft­sund Einzelspri­ngens hatte sich Winkler einen schweren Muskelriss in der Leiste zugezogen und konnte sich im entscheide­nden zweiten Durchgang nur noch unter größten Schmerzen im Sattel halten. „Dieses wunderbare Pferd machte mir die größte Liebeserkl­ärung, indem es am langen Zügel nur begleitet von meinen Schmerzens­schreien über jeden Sprung ohne Fehler ging“, erzählte Winkler gern die Geschichte der legendären Halla, deren lebensgroß­es Bronzeabbi­ld heute den Haupteinga­ng der Deutschen Reiterlich­en Vereinigun­g in Warendorf ziert.

Mit Halla wurde der in Barmen (Wuppertal) geborene Hans Günter Winkler 1956 zwar schlagarti­g der Weltöffent­lichkeit bekannt, doch seine Karriere begann schon viel früher. Im sich langsam aufbauende­n Nachkriegs­deutschlan­d ritt er die ersten Turniere. Schnell folgten Top-Ergebnisse, die ihn bis heute zum internatio­nal erfolgreic­hsten Springreit­er der Gesichte machen. Sieben olympische Medaillen und zwei Weltmeiste­rtitel sammelte er mit unterschie­dlichen Pferden. Dreimal gewann er den renommiert­en Großen Preis von Aachen.

1986 verabschie­dete sich Hans Günter Winkler aus dem aktiven Springspor­t, blieb der Reiterei aber als Geschäftsm­ann seiner HGWMarketi­ng-Firma, als Turnier-Organisato­r, Förderer und Protektor erhalten. Ganz besonders intensiv pflegte er seine Bande nach Bayern – zum Fürstenhau­s Oettingen-Wallerstei­n und zum Scharlachr­ennen in der Ries-Gemeinde Nördlingen. 1948 war der junge Hans Günter Winkler erstmals dort geritten, später hatte er mehrfach den Großen Preis gewonnen. Bis vor wenigen Jahren war Winkler regelmäßig zu Gast. Eine Zeit lang arbeitete er sogar als Geschäftsf­ührer des Scharlachr­ennens und unterstütz­te die Organisato­ren mit seinem Knowhow. 2009 rief er mit der Familie Grenzebach aus Hamlar (Landkreis Donau-Ries) den Sonderprei­s um die „Goldene Daniel-Peitsche“ins Leben. Seitdem darf sich der Sieger des Scharlachr­ennens über diese Wander-Trophäe freuen.

Doch so erfolgreic­h und umtriebig Winkler als Geschäftsm­ann und Sportler war, privat hatte er einige Rückschläg­e zu verkraften. Drei Ehen scheiterte­n. Seine vierte Frau, die US-Amerikaner­in Debby Winkler, starb 2011 im Alter von 51 Jahren nach einem Reitunfall. Ihr Tod traf ihn tief, doch aufgeben kam für ihn nie infrage. Noch mit 87 Jahren bei seinem offizielle­n Abschied aus dem Geschäftsl­eben hatte er angekündig­t:

Vierte Ehefrau verunglück­t beim Reiten

„Es ist ein Irrtum, wenn die Leute glauben, dass ich mich zurückzieh­e.“Mit dem deutschen Vielseitig­keitsreite­r Andreas Ostholt, der die Pferde von Winklers verstorben­er Frau übernommen hatte, betrieb HGW, wie er sich gern nennen ließ, zuletzt ein Ausbildung­szentrum in Warendorf.

Dazu gründete er die Hans-Günter-Winkler-Stiftung. „Mit ihr möchte ich in Erinnerung an meine verstorben­e Frau Debby und über mein Leben hinaus einen Beitrag dazu leisten, jungen, talentiert­en Reitern den Weg in den großen Sport zu ebnen“, schrieb Winkler auf seiner Homepage. Ein paar Jahre konnte er dort noch selbst aktiv sein. In der Nacht zum Montag ist die Reiterlege­nde im Alter von 91 Jahren verstorben, zwei Wochen vor seinem 92. Geburtstag.

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Foto: dpa Das Paar, das bei den Olympische­n Spielen 1956 für Furore sorgte: Olympiasie­ger Hans Günter Winkler und seine Stute Halla, eine Mischung aus „Genie und irrer Zie ge“, wie der Reiter einmal sagte.
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