Schwabmünchner Allgemeine

Wie Taube „hören“

Dokumentat­ion öffnet eine Tür in die Welt gehörloser Menschen

- Arte, 22.35 Uhr

Virginie hat etwas erreicht, das in Frankreich vor ihr noch niemandem gelang: Als erste gehörlose Frau wurde sie Rechtsanwä­ltin. Die 37-Jährige führt ein normales Leben, von dem sie selbst im Dokumentat­ionsfilm „Die Eloquenz der Gehörlosen“erzählt. Virginie hat sich über 20 Jahre hinweg eine Stimme antrainier­t, die sie selbst noch nie gehört hat. Dennoch reagieren andere im Gespräch häufig irritiert auf sie. „Ich spüre die Unsicherhe­it des Gegenübers“, erklärt Virginie. Ihre Lösung: „Ich bringe die Leute zum Lachen, dann entspannen sie sich.“

Die Hauptperso­n der Dokumentat­ion ist verheirate­t und hat zwei Kinder, die allerdings auch taub zur Welt kamen. Beim Abendessen erzählt ihr Sohn in einer Szene von den guten Erfahrunge­n, die er mit seinem Implantat im Ohr in der Schule gemacht hat. Er kann auf beiden Seiten hören.

Regisseuri­n Laëtitia Moreau schafft es, diese für Hörende stumme Welt erfahrbar zu machen. Und zwar nicht nur dadurch, dass sie den Ton abdreht, sondern Alltagssit­uationen zeigt und Virginie selbst erzählen lässt. Im Gespräch mit Kollegen bei der Arbeit, beim Arzt oder beim Einkaufen werden die Schwierigk­eiten für Gehörlose nachvollzi­ehbar – und die kleinen für die laute Welt unscheinba­ren Dinge, die Virginie viel intensiver wahrnehmen kann. Neben ihr kommt ihr Mann zu Wort, der die Stärke und das Durchhalte­vermögen seiner Frau bewundert. Der 55-minütige Film lebt auch von Virginies Stimme. Klassische Interviews­ituationen werden flüssig eingewebt, sodass die Doku über die gesamte Länge hinweg interessan­t bleibt.

 ?? Foto: Chrysalide Production­s, Arte, dpa ?? Virginie, die erste gehörlose Anwältin, die in Frankreich geboren ist – in einer Szene der Dokumentat­ion „Die Eloquenz der Ge hörlosen“.
Foto: Chrysalide Production­s, Arte, dpa Virginie, die erste gehörlose Anwältin, die in Frankreich geboren ist – in einer Szene der Dokumentat­ion „Die Eloquenz der Ge hörlosen“.

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