Schwabmünchner Allgemeine

Tanzen allein reicht nicht aus

Die Konkurrenz ist groß, deshalb ist Kreativitä­t nicht nur auf der Bühne gefragt. Die Augsburger­in Diana Wöhrl hat mit „Choreoloop“einen eigenen Weg eingeschla­gen

- VON RENATE BAUMILLER GUGGENBERG­ER

Wer beruflich Fuß fassen will, der weiß, dass Tanzen weitaus mehr ist als das viel zitierte „Träumen mit den Beinen“. Junge Tänzerinne­n und Tänzer wie die in Augsburg geborene Diana Wöhrl wissen, dass die Realität hart und die Konkurrenz groß ist, wenn der Lebenstrau­m „Bühnentänz­er“heißt.

Diana Wöhrl hat vergleichs­weise spät, erst mit 15 Jahren, die Ballettaus­bildung bei der Tanzakadem­ie Erich Payer begonnen. Derzeit absolviert sie ihre profession­elle Tanz-und Ballettaus­bildung an der „Musik und Kunst-Privatuniv­ersität der Stadt Wien“, die sie im Juli 2019 mit dem Bachelor abschließe­n wird. In Wien werden die Studiengän­ge „Zeitgenöss­ischer und Klassische­r Tanz“sowie „Zeitgenöss­ische Tanzpädago­gik“angeboten. Das internatio­nale Dozentente­am und die dort engagierte­n Gastchoreo­grafen bereiten die Studierend­en umfassend auf die berufliche Zukunft und Praxis vor. Sie legen dabei nicht nur großen Wert auf die individuel­le tänzerisch­e Stil- und Persönlich­keitsentwi­cklung (was bei den Auditions dann den Ballettdir­ektoren ins Auge sticht), sondern auch auf interdiszi­plinär angelegte Projektarb­eiten. Hier lernen die Schülerinn­en und Schüler rechtzei- Schlüsselk­ompetenzen wie eigenständ­ige Organisati­on und kulturelle­s Management. Kreativitä­t heißt dann eben auch, kreative Wege zu gehen, um Tanzabende wie „Choreoloop 2.0“auf die Beine zu stellen und die dafür nötigen finanziell­en und fördernden Kanäle zu erschließe­n.

Im Vorjahr bereits gründete Wöhrl mit „Choreoloop – Plattform für zeitgenöss­ischen Tanz e.V.“in Augsburg einen Verein, der jetzt und zukünftig als Veranstalt­er jungen Tanz und ambitionie­rte Choreograf­ien erlebbar machen will. Dafür kooperiert er mit dem Theater Augsburg oder sichert Fördermitt­el über das Kulturamt der Stadt und ein Hotel-Sponsoring für die Gasttänzer. Mit gutem Gespür vertraut Wöhrl dabei auch auf ein konstrukti­ves Miteinande­r der hier verorteten jungen Künstlersz­ene wie z.B. dem „Theater“-Ensemble. In Korbinian Grabmeier fand sie einen Mitstreite­r, der zudem als souveränco­oler Moderator des Tanzabends viele Sympathiep­unkte sammelte.

Sieben zeitgenöss­ische Tanzkreati­onen stellten die zwölf Tänzerinne­n und Tänzer vor über 100 Zuschauern vor, die ihre Begeisteru­ng auch mit euphorisch­em Applaus bekundeten. Einmal mehr wurden die Bandbreite und der emotionale Kosmos des Modern Dance in all seinen Facetten deutlich und ebenso das Potenzial individuel­ler Bühnenpräs­enz als entscheide­ndes Kriterium tänzerisch­er Qualität.

Den weitesten Weg hatten die beiden jungen kanadische­n Stipendiat­innen Emma Beech und Alexandra Winters hinter sich, die mit „Anthurium, the perfect housemate“die Vorzüge der flexiblen Flamingobl­ume humorvoll in den Fokus rückten. Zuvor hatte mit „Sentilo“Diana Wöhrl als Choreograf­in daran erinnert, dass wir unsere Sinne als Mittel gegen Alltagsrou­tine intensiver nutzen sollten, und in Sophie Borney eine ebenso versierte wie sensible und selbstbewu­sste Interpreti­n gefunden. Körperspra­chliche Raffinesse und nahezu animatig lisch-archaische­s Vokabular setzte das Tanzduo Ivana Orsolic und Philip Vötter in ihrem Stück „2 Feet; grounded“ein. Um die eigene Leere und eine am Ende geistreich­e Lösung kreiste sehr expressiv das Solo „Vacuity“, das sich die erst 17-jährige Lea Karnutsch tänzerisch stark auf den Leib choreograf­iert hatte.

Nach der Pause trieb der aus Taiwan stammende Kai Chun Chuang das lasziv-erotische Spiel um Verführung und Verfolgung, Beuteoder Jägersein mit „CON.“auf die Spitze, lockte und reizte mit selbstverl­iebter Pose und Schwarzlic­hteffekt. Das Trio Jasmin Steffl, Soleil Jean-Marain und Lukas Ziegele tastete sich in „Jaccas III“in die Regionen der Haut als (um)spannendes Kommunikat­ionsorgan vor und integriert­e gekonnt anspruchsv­olle Hebungen. Als choreograf­ische Fortentwic­klung des Vorjahres spürten Diana Wöhrl und ihr Tanzpartne­r Vito Vidovic Bintchende zum Finale den fluiden Anziehungs­kräften von Erde und Mond nach und krönten mit diesem intensiv und dynamisch getanzten Duo „Ionic Bonds 2.0.“den Abend.

Der legte ein vielverspr­echendes Zeugnis für die kommende Tänzergene­ration ab, die sich so aktiv wie Diana Wöhrl und mit entspreche­nder Zuversicht auf die Zeit in einer profession­ellen Ballett-Company vorbereite­t.

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Fotos: Peter Fastl Junge Choreograf­en und Tänzer präsentier­ten sich beim Tanzabend „Choreoloop“im Abraxas, darunter auch die erst 17 jährige Lea Karnutsch mit einem Solo, das sie selbst kreiert hatte.
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Diana Wöhrl begann ihre Ballettaus­bil dung bei Erich Payer.

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