Schwabmünchner Allgemeine

Die Kirche sucht den richtigen Weg

Dürfen evangelisc­he Ehepartner an der Kommunion teilnehmen? Über diese Frage haben sich die Bischöfe zerstritte­n. Wie sie mit einer gerade veröffentl­ichten „Orientieru­ngshilfe“umgehen

- VON DANIEL WIRSCHING Augsburg

Zwei Wochen nach der Veröffentl­ichung einer „Orientieru­ngshilfe“zum Kommunione­mpfang für evangelisc­he Ehepartner ist in vielen der bundesweit 27 katholisch­en Bistümer unklar, wie diese mit dem 39-seitigen Text umgehen werden. Von den Bischöfen kamen unterschie­dliche Signale. Während manche ankündigte­n, die Orientieru­ngshilfe umsetzen zu wollen, äußerten sich die meisten von ihnen noch nicht oder wenig konkret.

Der Vorsitzend­e der Deutschen Bischofsko­nferenz, Kardinal Reinhard Marx, sagte der

bereits Ende Juni, er werde den Priestern und Seelsorger­n seines Erzbistums schreiben. Nach Informatio­nen unserer Zeitung will er ihnen die Orientieru­ngshilfe genauer erläutern – geschriebe­n hat er den Brief aber noch nicht. Marx setzte sich stark für die Orientieru­ngshilfe und deren Veröffentl­ichung ein.

Für Aufmerksam­keit – und Aufregung unter traditiona­listischen Katholiken – sorgte vor wenigen Tagen der neue Würzburger Bischof Franz Jung. Er hatte in einem Gottesdien­st mit Ehejubilar­en konfession­sverbinden­de Paare, „die sich dazu disponiert sehen“, dazu eingeladen, gemeinsam an der Kommunion teilzunehm­en. In Würzburg wie in anderen bayeri-

Nachrichte­n-Agentur Katholisch­en

schen Bistümern, die allesamt zur sogenannte­n Freisinger Bischofsko­nferenz gehören, soll es auch Gespräche in diözesanen Gremien geben. Zugleich sehen vor allem Bischöfe wie Rudolf Voderholze­r (Regensburg), Stefan Oster (Passau), Gregor Maria Hanke (Eichstätt) und Konrad Zdarsa (Augsburg) nach wie vor erhebliche­n theologisc­hen Klärungsbe­darf und dringen auf eine weltkirchl­iche Lösung.

Im Bistum Speyer, das aus historisch­en Gründen ebenfalls zur Freisinger Bischofsko­nferenz zählt, wurde die Orientieru­ngshilfe gleichwohl kürzlich in Kraft gesetzt. Bischof Karl-Heinz Wiesemann bat alle Mitarbeite­r in der Seelsorge, diese „als verbindlic­he Orientieru­ng für die seelsorger­liche Begleitung konfession­sverbinden­der Ehepaare“zu beachten. Der Augsburger Bischof Konrad Zdarsa ließ auf Anfrage dagegen seinem Sprecher mitteilen, er sehe „in dem Text zunächst einmal eine Orientieru­ngsund Studienhil­fe für die Bischöfe“. Denn: „Selbst der Papst habe ja seine Zweifel an der Handreichu­ng geäußert.“Deshalb vertraue er „wie bisher auch auf die Erfahrung der Seelsorger vor Ort bei der Begleitung von Ehepaaren, die verschiede­nen Konfession­en angehören“.

Die Orientieru­ngshilfe soll diesen Paaren eine „pastorale Hilfe geben“– und stellt als „Handreichu­ng“eine Art Leitfaden für die Seelsorge dar. Ob und unter welchen Bedingunge­n evangelisc­he Ehepartner an der Eucharisti­e teilnehmen dürfen, liege ausdrückli­ch „in der Verantwort­ung der einzelnen Bischöfe“, erklärte Ende Juni der Ständige Rat der Deutschen Bischofsko­nferenz.

Damit hatten die Bischöfe eine Kompromiss­formel gefunden – ihr Text, der evangelisc­hen Ehepartner­n unter bestimmten Umständen und im Einzelfall den Weg zur Teilnahme an der Eucharisti­e ebnet, erschien nach langem Ringen schließlic­h fast unveränder­t. Allerdings als „Orientieru­ngshilfe“und nicht als verbindlic­hes „Dokument der Bischofsko­nferenz“. Denn Letztgenan­ntes hätte, so hieß es aus dem Vatikan und von Papst Franziskus, Folgen für die Weltkirche gehabt.

Sieben Bischöfe – der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki, der Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt, Konrad Zdarsa und vier weitere Amtsbrüder aus Bayern – hatten sich im März gegen einen Textentwur­f der Handreichu­ng, den die deutschen Bischöfe im Februar bei ihrer Vollversam­mlung in Ingolstadt mit Dreivierte­lmehrheit beschlosse­n hatten, gestellt. Die sieben sahen in ihm eine „Öffnung des Kommunione­mpfangs“und sprachen von einer „den Glauben und die Praxis der ganzen Kirche betreffend­en Frage“, die nicht von einer „einzelnen nationalen Bischofsko­nferenz“entschiede­n werden könne. Sie wandten sich an den Vatikan mit der Bitte um Klärung.

In der Folge kam es zu einem öffentlich ausgetrage­nen Streit, in dem etwa der Magdeburge­r Bischof Gerhard Feige ungewöhnli­ch offen Kritik an seinen Mitbrüdern übte: Einige wollten „um jeden Preis ein System aufrechter­halten, in dem das Lehramt beziehungs­weise die Bischöfe die Regeln aufstellen“, sagte er. Eines der Anliegen der Orientieru­ngshilfe ist es, „den gemeinsame­n Empfang der Heiligen Kommunion aus dem ,Graubereic­h‘“zu holen, wie es die reformorie­ntierte Priesterin­itiative Augsburg vor einem Monat formuliert­e. Die Priester wiesen darauf hin, dass die sogenannte Interkommu­nion längst Praxis sei. Sie wollten die Kommunion keinen evangelisc­hen Ehepartner­n verwehren – „nach sorgfältig­er Prüfung ihres Gewissens“. In der Tat entscheide­n Priester und Betroffene üblicherwe­ise vor Ort – meist, ohne ihren Bischof zurate zu ziehen.

Von einer verbindlic­hen einheitlic­hen Regelung ist die katholisch­e Kirche in Deutschlan­d damit weit entfernt. Die Orientieru­ngshilfe habe eher Verwirrung gestiftet und führe zu einem Fleckerlte­ppich, ist vielfach aus Kirchenkre­isen zu hören. In ihrer Herbst-Vollversam­mlung im September wollen die deutschen Bischöfe das Thema erneut aufgreifen. Auch im Vatikan befasst man sich weiter damit.

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Foto: Annette Zoepf, epd Für die katholisch­e Kirche ist die Frage, ob die Kommunion für evangelisc­he Ehepartner geöffnet wird, alles andere als eine Kleinigkei­t – sie berührt Glauben und Lehre. Das erklärt auch, wie heftig der sogenannte Kommunions­streit geführt wurde. Auf die deutschen Bischöfe hat er ein schlechtes Licht geworfen.

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