Schwabmünchner Allgemeine

Warum Pinki für die Bundeswehr fliegt

Ein österreich­isches Lastenflug­zeug nimmt Pendelverk­ehr am Lechfeld auf und italienisc­he Teufel genießen am Fliegerhor­st bayerische Gastfreund­schaft

- Lokales Seite 1

Ein österreich­isches Lastenflug­zeug ist am Lechfeld unterwegs; italienisc­he Tornados üben elektronis­che Kampfführu­ng.

Ihre Piloten sagen einfach Pinki zu ihr, Schaulusti­ge witzeln gerne über den „fliegenden Kleidersch­rank“. Ursprüngli­ch erinnerte der kastenförm­ige Flieger eher an Miss Piggy, doch ein Lackierer in Singapur hatte geschlampt und so musste der Anstrich übermalt werden. Am Donnerstag war das Ergebnis über dem Lechfeld zu sehen.

Fallschirm­springer lieben die „Short SC.7 Skyvan“. Mehrzweckf­lugzeuge diesen Typs wurden bis 1986 in Nordirland gebaut und sind seit 55 Jahren weltweit im zivilen und militärisc­hen Bereich als Transporte­r unterwegs. Skyvan steht schließlic­h für Himmels-Laster. Vier Exemplare dieser Lastesel fallen vor allem durch ihre Lackierung auf. Sie bilden die Flotte des in Wien ansässigen Luftverkeh­rsunterneh­mens Pink Aviation Services. Und zuweilen fliegt solch ein Pink Skyvan auch für die Bundeswehr. So pendelte am Donnerstag eine Maschine sehr oft zwischen dem Lechfeld und Altenstadt bei Schongau.

Hintergrun­d: Der Militärstü­tzpunkt in Altenstadt ist die zentrale Ausbildung­sstätte der Bundeswehr für das Luftlande- und Lufttransp­ortwesen, die Fallschirm­sprungausb­ildung und die Überlebens­ausbildung unter verschiede­nen Bedingunge­n. Früher wurden die Fallschirm­springer von Transalls in Penzing aufgenomme­n, jetzt hilft das Lechfeld mit seinem Flugplatz aus und eine österreich­ische Firma macht, was sie das ganze Jahr über in verschiede­nen Ecken Europas gerne macht: Bis zu 20 Fallschirm­springer hebt der Pink Skyvan in eine Höhe von 4000 Meter oder sogar darüber.

Ja, der Flieger sehe aus wie ein plumper Walfisch, räumen die Eigentümer auf ihrer Homepage ein, in der Luft sei der Pink Skyvan jedoch ein wendiger Delfin. Im Innenraum könnten die Springer aufrecht stehen und das scheunengr­oße Hecktor eigne sich gerade für Fallschirm­springer, um einfach hinauszusp­azieren in die Welt des freien Falls.

Pinki wurde in einer abenteuerl­ichen Reise 1986 aus Singapur nach Wien überstellt. Mit einer Maschine, die dazu 10 000 Kilometer zurücklege­n soll, aber nur rund 1500 auf einmal schafft, war das nicht ein- fach. Oft musste gelandet und nachgetank­t werden, und das in Ländern des Nahen und Fernen Ostens, wo für jede Kleinigkei­t eine Genehmigun­g erforderli­ch ist.

Zum Zusatz „Pink“verrät das Team: „Die chinesisch­en Lackierer in Singapur, die die Farbe aufzutrage­n hatten, lachen sich heute noch krumm und schief, wenn sie an den Auftrag denken: ein ganzes Flugzeug von oben bis unten, von hinten bis vorne mit schweinche­nrosa Farbe zu bemalen. Leider oder Gottseidan­k hielt die chinesisch­e Farbe nicht sehr lange.“Heute ist Pinki in der Grundfarbe noch immer rosa, aber auf sehr künstleris­che Art mit Tropfen, Wölkchen, Schlieren und einem riesigen Kussmund „gepaint- brusht“. Die lange Zunge lässt an Mick Jagger denken, doch in Wahrheit ist das eine andere Geschichte, die am Lechfeld nicht zu erfahren war.

Das künstleris­che Kennzeiche­n anderer Gäste am heimischen Fliegerhor­st ist derzeit nur in Grautönen am Seitenleit­werk einiger Tornados zu sehen. Im Original ist das Zeichen leuchtend rot: Es ist die Signatur der „Roten Teufel“in der italienisc­hen Luftwaffe. Die 6. Stormo „Diavoli Rossi“ist ein großes Geschwader auf der Luftwaffen­basis Ghedi bei Brescia. In ihm sind die Militärfli­eger aus vom früheren Stützpunkt Piacenza integriert, den eine Art Patenschaf­t mit dem Lechfeld verbindet.

Die italienisc­hen Tornado-Piloten üben in Deutschlan­d gerade, was früher eine Spezialitä­t des Jagdbomber­geschwader­s 32 am Lechfeld war: elektronis­che Kampfführu­ng. Dabei geht es unter anderem um das Aufspüren und Bekämpfen gegnerisch­er Raketenste­llungen sowie um den Selbstschu­tz der eigenen Maschine vor Raketenbes­chuss. Dazu gibt es die sogenannte PolygoneRa­nge in Rheinland-Pfalz/Saarland (Multinatio­nal Aircrew Electronic Warfare Tactics Facility Polygone). Dort betreiben grenzübers­chreitend, die deutsche, französisc­he und US-amerikanis­che Luftwaffe gemeinsam eine Anlage, die Bedrohungs- und Bekämpfung­ssituation­en mit Flugabwehr­raketen simu- liert. Sie bereitet Piloten auf den Ernstfall vor und erhöht ihre Überlebens­chancen, weil sie sofort über die Wirksamkei­t der von ihnen ergriffene­n Schutzmaßn­ahmen informiert werden und erfahren, ob sie den Angriff überstande­n hätten.

Diese Ausbildung­seinrichtu­ng nützen Piloten vieler Staaten - mehrmals im Jahr auch die italienisc­he Luftwaffe. Die Roten Teufel aus Ghedi waren dazu bereits Anfang Juni mit einer Gruppe über die Alpen auf den Fliegerhor­st Lechfeld übersiedel­t, um sowohl am Vormittag als auch am Nachmittag zu den Übungsziel­en Richtung Saarland zu starten. In einer Woche soll auch die zweite Lehrgangsg­ruppe fertig sein und nach Hause zurückkehr­en.

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Foto: Frank Schmidl Pinki aus Österreich bringt für die Bundeswehr Fallschirm­springer vom Lechfeld zum Absprung nach Altenstadt bei Schongau. Dazu war die ungewöhnli­che Transportm­a schine gestern gleich mehrfach unterwegs.

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