Schwabmünchner Allgemeine

Was Zebra und Torpedo am Mutterturm machen

Landsberg steht übers Wochenende wieder im Zeichen der ganz alten Oldtimer. Heute geht es ins Schwäbisch­e, am Samstag kann man die 52 historisch­en Fahrzeuge rund um den Ammersee in Aktion sehen

- VON GERALD MODLINGER

Oldtimer-Fahrzeuge gibt es viele, aber ganz tief in die Automobilg­eschichte taucht alle zwei Jahre die Herkomer-Konkurrenz in Landsberg ein. Das Schnauferl von Helge Hoppe aus Herzogenau­rach ist ein solches Anschauung­sobjekt, das am Donnerstag am Parkplatz vor dem Mutterturm ankam. Sein „Le Zebre“(Zebra) wurde 1909 in Paris gebaut, und benannt ist es nach dem Stammlokal seiner Konstrukte­ure, erzählt Hoppe.

Enttäusche­n muss er jedoch Rudolf Gilk, der mit seiner Kamera auch ein paar Fahrbewegu­ngen einfangen will. Einfach mal kurz den Motor anlassen, das gehe beim Zebra nicht, versucht er dem Fernsehjou­rnalisten mit Hinweis auf die „Verlustsch­mierung“seines Motors zu erklären. Ja, so schön die AutoVetera­nen anzuschaue­n sind, die Handhabung ist bisweilen nicht so einfach. Wer auf dem Parkplatz rangiert, muss am Lenkrad ordentlich zugreifen, Servolenku­ng war in den ersten Jahrzehnte­n des Automobils ein Fremdwort. Und noch etwas anderes, inzwischen Ungewöhnli­ches sieht man: Menschen, die den Fahrer einweisen, damit es ohne Parkremple­r abgeht. Wie formuliert das der Schweizer Lukas Oberholzer so schön: „Eine Rückfahrka­mera habe ich auch, das ist meine Beifahreri­n.“

Das ist überhaupt die typische Aufgabenve­rteilung bei einer solchen Oldtimerau­sfahrt. Am Steuer sitzt ein Mann, daneben eine Frau, so ist es auch im „Le Zebre“. Dort teile man sich die Aufgaben nach den jeweiligen Fähigkeite­n, erzählt Beifahreri­n Carola Hoppe: Das Bordbuch zu lesen, sei nicht gerade die Stärke ihres Mannes.

Mit Stand Donnerstag­nachmittag stellen die Schweizer das zweitstärk­ste Teilnehmer­feld. Egon und Ursula Grünwald kommen aus dem Wallis beziehungs­weise aktuell aus Ibbenbüren, wo sie ebenfalls an einer Oldtimer-Fahrt teilgenomm­en haben. Im Schlepptau ihres BMW X6 haben sie einen Rochet Schneider 11000 Torpedo. Das französisc­he Automobil, gebaut 1912, war seinerzeit mit einer Höchstgesc­hwindigkei­t von 70 Stundenkil­ometern ein richtiger Flitzer, wie sein Name verrät. „Ich habe schon zwei Bußen bezahlt“, erzählt Grünwald, die Schweizer Polizei kennt bei zu schnellem Fahren bekannterm­aßen keinen Spaß. Inzwischen hat er den Wagen mit einem neuzeitlic­hen Tachometer nachgerüst­et. Auch beim Torpedo ist der Fahrspaß nicht immer ungetrübt. Geschaltet werden müsse mit Zwischenga­s, im Kühler lagere sich Kalk ab und im Gebirge müsse er bergauf im ersten Gang fahren, um mit den 25 PS das 1,6 Tonnen schwere Fahrzeug in Bewegung zu halten – und bergab sei zu bedenken, dass nur die Hinterachs­e über Bremsen verfügt.

So gerne die Oldtimer-Besitzer von ihren Fahrzeugen erzählen, über eines wird in der Szene nicht gesprochen: Über Geld. Wie viel sein Stellite (gebaut 1915 in Birmingham) vor 40 Jahren gekostet hat, das, versichert Lukas Oberholzer, wisse er nicht mehr. Der Wagen sei aber günstig gewesen, und er habe einen „verständni­svollen Vater“gehabt. Der Stellite sei mit 10 PS am Anfang ein einfaches, kleines Auto gewesen, beliebt insbesonde­re bei Ärzten, die mobil sein mussten.

Viel mehr über die Geschichte der teilnehmen­den 52 Oldtimer aus den ersten drei Jahrzehnte­n des 20. Jahrhunder­ts kann man am heutigen Freitag erfahren.

Beim Start zur ersten Ausfahrt um 9 Uhr am Mutterturm werden die Autos vorgestell­t. Dabei wird auch erklärt, was es zum Beispiel mit einer „Rocky-MountainsB­remse“auf sich hat, oder warum Holzspeich­en in Australien nicht erlaubt waren. Die erste Ausfahrt geht ins Schwäbisch­e. Am Samstag wird das Fünf-Seen-Land erkundet: Schwifting ab 9.08 Uhr, Finning 9.20, Utting 9.32, Schondorf 9.36, Wertungspr­üfung bei Hardy’s, Eching 10.05, Dießen 13.28, Entraching 13.46, Oberfinnin­g 13.50, Unterfinni­ng 13.50, Schöffeldi­ng 14.04, Ramsach 14.09, Penzing 14.15, Landsberg-Hauptplatz 14.33 Uhr.

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Foto: Thorsten Jordan Egon Grünwald (eingewiese­n von seiner Frau Ursula) rangiert mit seinem Rochet Schneider 11000 Torpedo auf dem Parkplatz.

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