Schwabmünchner Allgemeine

Wenn Donald auf Wladimir trifft

Vorhang auf für die große Trump-Putin-Show in Helsinki. Kann der Kreml-Chef den US-Präsidente­n für seine Zwecke einspannen? Noch vor dem Treffen erklärt Trump die EU bereits zum „Feind“

- Helsinki

Die Bühne ist hergericht­et. Herrschaft­lich liegt der finnische Präsidente­npalast in der Sonne. Drinnen, unter Kuppel und Kronleucht­ern, soll es an diesem Montag zum Handschlag der beiden vielleicht mächtigste­n Männer der Welt kommen. Donald Trump trifft auf Wladimir Putin. Das Interesse ist riesig. Weil der US-Präsident eine seltsame Verbundenh­eit mit dem Kreml-Chef zu haben scheint. Weil es der Höhepunkt seiner EuropaReis­e ist, auf der er Angela Merkel und Theresa May düpierte und die anderen Nato-Länder in Brüssel vor sich hertrieb. Und weil Trumps erster Gipfel mit Putin überschatt­et wird von neuen Entwicklun­gen in der Russland-Affäre.

In der Europäisch­en Union und der Nato gibt es vor dem Treffen Befürchtun­gen, dass sich Trump vorschnell Putin annähern könnte. Der US-Präsident bezeichnet­e die EU in einem aktuellen Interview als „Feind“der USA. „Ich denke, die Europäisch­e Union ist ein Feind, was sie uns im Handel antut“, sagte Trump dem US-Sender in dem am Sonntag veröffentl­ichten Gespräch. „Man würde jetzt nicht unbedingt an die EU denken, aber sie sind ein Feind.“Trump begründete die Aussage mit aus seiner Sicht unfairen Handelspra­ktiken der Europäer. Er griff auch Deutschlan­d an.

Das Elefantent­reffen zwischen Trump und Putin ist ein riesiges Medienerei­gnis, bis zu 1500 Journalist­en werden erwartet. Ob am Ende konkrete politische Ergebnisse herauskomm­en, ist fraglich. Ob ein Neuanfang in den wie seit Jahrzehnte­n nicht belasteten Beziehunge­n gelingen kann, ebenso. Recht wahrschein­lich, dass Trump das Treffen unabhängig vom Verlauf als Erfolg verkaufen wird. So wie er schon seine Begegnung mit dem nordkorean­ischen Machthaber Kim Jong Un trotz wohlklinge­nder, aber unverbindl­icher Resultate als historisch­en Durchbruch darstellte.

Bereits im Vorfeld beklagte sich Trump über eine zu geringe Würdigung seiner Erfolge: Egal „wie gut“er auf dem Gipfel sei, er werde kritisiert werden, schrieb Trump auf Twitter – selbst dann, wenn er „die großartige Stadt Moskau bekommen würde“zur „Wiedergutm­achung für all die Sünden und das Übel, das Russland über die Jahre begangen hat“. Man würde ihn auch dann kritisiere­n, „weil ich St. Petersburg auch noch hätte bekommen müssen“, schrieb Trump.

Helsinki ist jedenfalls längst im Gipfelfieb­er. Die Konterfeis der

CBS

beiden Präsidente­n prangen auf T-Shirts und Bierflasch­en. Rund 8500 Kilometer von der finnischen Hauptstadt entfernt, in Washington, kreist unterdesse­n fast alles nur um ein Thema: die neuen Vorwürfe in der Russland-Affäre.

Sonderermi­ttler Robert Mueller klagte am Freitag zwölf russische Geheimdien­stmitarbei­ter wegen der Hackerangr­iffe auf die Demokraten im Wahlkampf 2016 an. Damit wird erstmals der russische Militärgeh­eimdienst GRU direkt beschuldig­t, hinter dem Angriff auf das Lager Trumps Konkurrent­in Hillary Clinton zu stehen. Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe. Und besonders ein Detail aus der Anklagesch­rift hat es in sich: Demnach sollen die Geheimdien­stler erstmals am oder um den 27. Juli herum versucht haben, sich Zugang zu Servern von Mitarbeite­rn Clintons zu verschaffe­n. Am selben Tag sagte Trump auf einer Pressekonf­erenz mit Blick auf Clintons E-Mail-Affäre: „Russland, wenn du zuhörst, ich hoffe, du kannst die 30 000 E-Mails finden, die fehlen.“Wenige Stunden, bevor die Anklage bekannt wurde, hatte Trump sich noch darüber beklagt, dass ihm die Russland-Ermittlung­en eine Zusammenar­beit mit Moskau sehr erschwerte­n. Später wies er jede Verwicklun­g in die zwielichti­gen Vorgänge zurück und warf seinem Amtsvorgän­ger Barack Obama vor, nichts gegen die Hackerangr­iffe unternomme­n zu haben. Trumps Begründung dafür: „Weil er glaubte, die betrügeris­che Hillary Clinton würde die Wahl gewinnen, deswegen.“Dass der stellvertr­etende Justizmini­ster Rod Rosenstein die Anvon klage gegen die Geheimdien­stler nun ausgerechn­et drei Tage vor dem Gipfel mit Putin vorlegte, zeigt einmal mehr, dass Trump und seine Regierung keinen einheitlic­hen Russland-Kurs verfolgen.

Seine Ministerie­n lassen Waffen an die Ukraine liefern, verhängen Sanktionen gegen Moskau, weisen russische Diplomaten aus, werfen dem Kreml Menschenre­chtsverlet­zungen vor. Aber Trump erweckt oft den Eindruck, als stünde er nicht so recht hinter dieser Politik. Indem er zum Beispiel die Zukunft der von Russland annektiert­en Halbinsel Krim betont offenlässt, untergräbt er die Linie seiner Regierung.

Die russische Seite schraubte die Erwartunge­n im Vorfeld demonstrat­iv herunter. Es wäre schon ein Erfolg, wieder einen normalen Dialog zu beginnen, sagte Außenminis­ter Sergej Lawrow. „Fast alle Kommunikat­ionskanäle, die in den vergangene­n zehn Jahren geschaffen

Russische Medien: Sanfter Spott über Trump

wurden, sind eingefrore­n.“Für den Kreml ist es schon ein Achtungser­folg, dass der Gipfel überhaupt stattfinde­t. Die Zeit der Isolation nach der Annexion der Krim scheint vorbei. Russland hat sich durch das Eingreifen in Syrien Augenhöhe mit den USA verschafft.

Und dann ist Putins Gegenüber eben nicht mehr Barack Obama, der Russland verächtlic­h eine Regionalma­cht nannte. Sondern es ist Trump, der sagte, er könne sich vorstellen, Putin zum Freund zu haben. Die Sicht der russischen Medien auf Trump hat mehrere Stadien durchlaufe­n: Jubel über seinen Wahlsieg, gefolgt von tiefer Enttäuschu­ng, hin zu milder Herablassu­ng. So wie es in russischen PolitTalks­hows „Krym nasch“(„Unsere Krim“) heißt, wird der Herr des Weißen Haus mittlerwei­le „Tramp nasch“genannt: „Trump, unser Mann“– mit dem Unterton, dass man ihn in der Tasche habe.

Was also wird in Helsinki herauskomm­en? Der Experte Wladimir Frolow rechnet damit, dass Putin erklären könnte, dass Russland sich nicht in die US-Kongresswa­hlen im Herbst einmischen werde – ein Erfolg, den Trump daheim verkaufen könne. Frolows Aussage zeigt, wie viel seit Trumps Amtsantrit­t passiert ist, dass solch eine Botschaft in einer Demokratie als Erfolg gelten könnte.

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Foto: M. Schreiber, dpa „Fechtet es aus wie Erwachsene“– diesen Titel, der zugleich eine Aufforderu­ng ist, trägt ein finnisches Bier, das zum Gipfel von US Präsident Donald Trump und dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin auf den Markt gekommen ist.

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