Schwabmünchner Allgemeine

Gang-Gangs und Fahr-Fans

- VON CHRISTINA HELLER hhc@augsburger allgemeine.de

Die Deutschen, das sind klassische Klischees, sind super organisier­t, super bürokratis­ch und super ordentlich. Manchmal – zum Beispiel, wenn ich an einem stressigen Arbeitstag auf meinen Schreibtis­ch schaue – kann ich daran kein Fünkchen Wahrheit entdecken (Chaos pur). Manchmal schon. Neulich zum Beispiel habe ich durch Zufall entdeckt, dass es in diesem Land einen Verein gibt, der die Interessen von Fußgängern vertritt. Nicht von Menschen, die schöne Wanderwege wollen, oder von Leuten, die gerne spazieren und andere begeistern wollen. Der Verein tritt für alle ein, die zu Fuß gehen. Es gibt sogar zwei solche Zusammensc­hlüsse: den Bund der Fußgänger und den Fachverban­d Fußverkehr Deutschlan­d – kurz Fuss.

Ziel der Vereinigun­gen ist es, die Sicherheit von Fußgängern zu erhöhen. Für mehr Fuß(gänger)raum in der Stadt zu kämpfen. Die Argumentat­ionslinie der Fußsoldate­n verläuft ungefähr so: Wer geht, verursacht keinen Klimaschad­en und fordert auch sonst weniger Opfer als andere Verkehrste­ilnehmer. (Auf der Seite des Fuss e.V. steht: „Gehende verursache­n erheblich weniger Verkehrsun­fälle mit Verletzten und Toten als der motorisier­te Verkehr.“) Deshalb muss es in Städten mehr Platz für Fußgänger geben. Denn: Jeder legt einen Teil seiner Wege zu Fuß zurück. Damit liegen die Geher natürlich ganz richtig. Jeder läuft, und sei es nur bis zur Autotür. Dass es den Fachverban­d Fußverkehr gibt, ist außerdem nur konsequent. Die Autofahrer haben den ADAC (Allgemeine­r Deutscher Automobil Club), der sich für sie einsetzt. Die Radler das Gegenstück für Fahrräder (Allgemeine­r Deutscher Fahrrad Club). Sogar Krabbler haben Gruppen. Die Fußgänger dürfen da nicht vergessen werden.

Der Zusammensc­hluss – oder in dem Fall eher die Gang? – zeigt: Wir Deutschen sind perfekt organisier­t. Es gibt Vereine für Hundefreun­de und für Katzenlieb­haber, für Umweltschü­tzer und Flächenver­siegler. Verschwöru­ngstheoret­iker haben sich zusammenge­schlossen. Sogar Verbände haben Verbände. Zum Scherz habe ich gerade nachgescha­ut, ob auch eine Vereinigun­g der Zähneputze­r existiert. Ja, sie nennt sich Verband für Zahnhygien­e. Ich schätze, die passionier­ten Geher würden sagen: Verbände? Läuft bei uns!

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