Sommer, Sonne, Sonnenschein
Viele Menschen tragen den Urlaub in ihren Familiennamen. Wie Forscher sich deren Ursprünge erklären
Dr. Sommer beantwortet seit 1969 in der Fragen wie: „Wie komme ich an meinen Traumboy ran?“Der Doktor half stets. Etwa der 13-jährigen Katharina, die sich unglücklich in den Busfahrer verliebt hatte. Oder dem 16-jährigen Karlson, der fragte, wie oft er denn ein Kondom auswaschen und auf der Heizung trocknen könne. Zwar gab es diesen Doktor nie, doch die Rubrik des Psychotherapeuten Martin Goldstein und seines Teams in der Zeitschrift erreichte schnell Kultstatus. Der Name „Dr. Sommer“– ein genialer Einfall.
Wer so heißt, muss ja vertrauenswürdig sein, durch und durch sympathisch. Wie Menschen mit dem Familiennamen Sonne, Sonnenschein oder Urlaub. Doch woher kommen diese Namen eigentlich?
Das wissen die Namensforscher
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der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz, die seit 2012 an einem „digitalen Familiennamenwörterbuch“arbeiten. Bis voraussichtlich 2035 sollen die derzeit in Deutschland vorkommenden Familiennamen erfasst werden.
Fest steht bereits jetzt: Überall in Deutschland gibt es Sommer. Das kann die Germanistin und Namensforscherin Rita Heuser guten Gewissens behaupten. Zum gleichlautenden Familiennamen bestehen nach ihren Informationen 19 207 Telefonbucheinträge (das entspricht rund 53 780 Namensträgern), die sich gleichmäßig im Land verteilen.
Entstanden sind die Familiennamen erst um das 13. Jahrhundert. Mit Sommer könne, historisch betrachtet, jemand gemeint sein, der im Sommer eine Arbeitsverpflichtung oder eine Zinsabgabe zu leisten hatte, so Heuser. Andererseits könne der Name aber auch auf einen Vorfahren verweisen, der an einer sonnenverwöhnten Sommerseite gewohnt habe. Ebenfalls möglich: eine Ableitung aus dem mittelhochdeutschen Wort „soumaere“, das auf den Beruf des „Führers von Saumtieren“verweist. Oder: Der Ursprung liegt im mittelniederdeutschen „somer“für „langer, schlanker, gerader Pfahl oder Baum“. Der Namensgeber wäre demnach ein großer schlanker Mann gewesen.
Weit seltener ist dagegen der Familienname Urlaub: Die meisten der rund 700 Namensträger – Quelle ist die Telekom-Datenbank von 2005 – finden sich am Main um Würzburg. Allerdings: Die Träger dieses Namens hatten nicht unbedingt einen Vorfahren, der besonders gerne reiste. Denn die Bedeutung „Ferien“erhielt das Wort „Urlaub“in der Neuzeit. Im Mittelalter stand mittelhochdeutsch „urloup“für „Erlaubnis“– besonders für die „Erlaubnis, zu gehen“. Der erste Träger dieses Namens habe sich, so vermuten die Wissenschaftler, offenbar dadurch ausgezeichnet, dass er einem Ort oder einer Verpflichtung häufiger oder länger fernblieb.
Den Familiennamen Sonnenschein tragen rund 2480 Menschen. Und tatsächlich: Vermutlich zeichneten sich die ersten Namensträger durch ein wonniges Gemüt, Heiterkeit und Herzenswärme aus, erklären die Namensforscher. In einigen Fällen könne es sich um einen Wohnstättennamen handeln für jemanden, der in einem Haus „Zum Sonnenschein“oder an einem gleichnamigen Flurstück wohnte.
Ähnliches gelte für den Familiennamen Sonne, der auf bundesweit 187 Einträge im Telefonbuch kam. Der Ursprung des Familiennamens Pool (rund 200 Namensträger) liegt übrigens im Trüben: Er dürfte auf das westgermanische Wort „pola“zurückgehen, das „Sumpf“oder „Morast“bedeutete.