Schwabmünchner Allgemeine

Autofreie Tage streicht er im Kalender an

Johannes Enzler ist Vorsitzend­er der Kreisgrupp­e Augsburg im Bund Naturschut­z. Im Einklang mit der Umwelt zu leben, ist für ihn nicht nur ein Schlagwort. Wenn es sein muss, läuft er auch mal 69 Kilometer am Stück

- VON PETRA KRAUSS STELZER Augsburg/Gessertsha­usen

Er kommt auch nach einem anstrengen­den Arbeitstag in München jugendlich-beschwingt und voller Elan zum abendliche­n Gesprächst­ermin, zu Fuß natürlich, und vorher – wie es sich für ein Mitglied des Bund Naturschut­z gehört – fuhr er mit der Bahn von München nach Augsburg zurück. Johannes Enzler lässt das Auto meistens in der Garage.

Der Vorsitzend­e der Kreisgrupp­e Augsburg des Bund Naturschut­z in Bayern, der am 25. Juli seinen 60. Geburtstag feiert, ist naturgemäß konsequent, wenn es um Verkehr und Umwelt geht. Ein Vorbild eben: Um 4.30 Uhr morgens steht der drahtige Sechziger auf, zu Hause in seinem Gessertsha­user Haus. Von dort aus geht es mit dem Zug nach München; eineinhalb Stunden ist Enzler unterwegs, um 6.30 Uhr sitzt er schon im Büro in der Bayerische­n Landesanst­alt für Landwirtsc­haft, wo er für die Kontrolle im Ökolandbau zuständig ist. „So früh morgens habe ich dann im Büro noch produktive Zeit, bevor die Telefonate kommen“, sagt Enzler und lacht. Ja, das Auto bleibt so weit möglich auch bei Dienstreis­en zu Hause. „Zur Selbstkont­rolle führe ich einen Kalender, in den ich meine autofreien Tage reinschrei­be!“Ob autofreie Tage oder nicht – sie sind ausgefüllt und haben, beruflich in der auch überregion­alen Verbandsar­beit und privat, mit Natur zu tun: Seit 1985 ist Enzler Vorsitzend­er der Bund Naturschut­z Ortsgruppe Gessertsha­usen, seit 2012 Kreisvorsi­tzender des Bund Naturschut­z. Dies betrifft Augsburg Stadt und den Landkreis Augsburg. Als solcher muss er nicht nur 23 Ortsgruppe­n mit circa 6000 Mitglieder­n im Blick haben, sondern sich auch um Schwerpunk­te und inhaltlich­e Zielsetzun­gen im Bereich Naturschut­z in der Region kümmern: Bodenversi­egelung oder Flächenver­brauch sind da etwa Schlagwort­e.

Dabei ist Enzler zum Beispiel die von Augsburg geplante Wohnbebauu­ng auf 180 Hektar im Süden Haunstette­ns ebenso ein Dorn im Auge wie die „Lechautoba­hn“(geplante Osttangent­e Augsburg), die geplante Sanierung der Staatsstra­ße 2036 oder die Ortsumgehu­ng von Dinkelsche­rben. Bei dem breiten, oft konflikttr­ächtigen Themenspek­trum der Naturschüt­zer in Augsburg-Stadt und Land will ein Mann wie Enzler auch konkrete Vorschläge machen: So erstellte die BNKreisgru­ppe zusammen mit dem In- stitut Stadt, Mobilität und Energie in Stuttgart ein strategisc­hes Planwerk als Entscheidu­ngsgrundla­ge für die ökologisch­e Bewertung von Siedlungse­ntwicklung­en im Stadtgebie­t. Dabei geht es auch um Nachverdic­htung. „Ich habe an mich selbst einen hohen Anspruch und möchte etwas bewirken. Aber das geht nicht ohne Mitstreite­r“, verweist der Kreisvorsi­tzende auf seine Unterstütz­er beim Bund Naturschut­z und bei nahestehen­den Organisati­onen.

Ein Leben, das dem Erhalt der gesunden Umwelt gewidmet ist. Schon als Kind ist Johannes Enzler mit Natur in Berührung gekommen; der Vater stammte aus einer Landwirtsc­haft; in Weihenstep­han hat Enzler nach dem Abitur in Neusäß Agrarwisse­nschaft studiert. Es folgten unter anderem 18 Jahre in Landshut, wo er lange Zeit Schulleite­r an einer Schule für ökologisch­en Landbau war. Als nach dem Tod der Mutter der Vater zu Hause krank wurde, entschloss er sich, wieder in der Heimat Fuß zu fassen. Seitdem wohnt er im Elternhaus und arbeitet an der bayerische­n Landesanst­alt in München.

In Gessertsha­usen ist Enzler im Freundeskr­eis Schulgarte­n aktiv, der eine 6000 Quadratmet­er große Grünanlage unterhält, außerdem pflegt er Biotopfläc­hen. Klar, dass der eigene Garten ein Naturgarte­n ist, in dem einheimisc­he Wildblumen wachsen und Insekten ihren Platz haben. Auf dem Hausdach ist die Photovolta­ikanlage zur Stromerzeu­gung, das Brauchwass­er wird mit Sonnenener­gie warm. „Bei der Ernährung setze ich auf öko, aber ich bin kein Vegetarier“, erzählt er.

Gertenschl­ank ist er; und das liegt vielleicht nicht nur an der vielen Bewegung im Garten, sondern auch an der Art, abzuschalt­en von Beruf und Alltag. Am liebsten ist der Junggesell­e auf Weitwander­wegen unterwegs, gerne allein. Zum Beispiel in Etappen auf dem europäisch­en Fernwander­weg E8 von Amsterdam bis Bratislava; oder er wandert von Genf bis zum Neusiedler­see, rund 40 Kilometer am Tag. Die weiteste Tagesstrec­ke betrug 69 Kilometer, zu Fuß: „Da habe ich nichts zum Übernachte­n gefunden.“Mit im Gepäck ist der Fotoappara­t. Als junger Mann hat er den Montblanc bestiegen.

Im nächsten Jahr sind wieder Vorstandsw­ahlen bei der Kreisgrupp­e Augsburg des Bund Naturschut­z. Wenn sich ein Jüngerer findet, „würde ich auch ins zweite Glied treten“, sagt Enzler. Platz machen für „neuen Wind“. Aber: Vorsitzend­er – das ist fast ein FulltimeJo­b. Erst kommt jetzt einmal der 60. Geburtstag. Den will Johannes Enzler mit Freunden bei einem Essen feiern – auf ökologisch­er Basis natürlich.

„Bei der Ernährung setze ich auf öko, aber ich bin kein Vegetarier.“

Johannes Enzler

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Foto: Marcus Merk Johannes Enzler ist Vorsitzend­er der Kreisgrupp­e Augsburg des Bund Naturschut­z.

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