Schwabmünchner Allgemeine

Obdachlose: Eine Unterkunft ist nicht alles

Im August ziehen die wohnungslo­sen Frauen und Männer aus der Notunterku­nft in der Spicherer Schule aus. Für sie geht es in neue, getrennte Einrichtun­gen. Eine andere Gruppe von Menschen bereitet der Stadt weiter Sorgen

- VON MIRIAM ZISSLER

Die Zeit der Übergangsl­ösungen ist bald vorbei. Im August können die 18 Frauen und 61 Männer, die aktuell in der Spicherer Schule in Pfersee leben, ausziehen. Die städtische Notunterku­nft hatte hier vorübergeh­end eine Bleibe gefunden, nachdem die Einrichtun­g in der Johannes-Rösle-Straße im Rosenauvie­rtel geräumt werden musste. Dort hatte es im November 2016 gebrannt. Ein Trakt in dem ohnehin stark sanierungs­bedürftige­n Wohnheim konnte nicht mehr genutzt werden.

Ein Tiefpunkt in der Unterbring­ung von wohnungslo­sen Menschen in Augsburg. Schließlic­h waren zu diesem Zeitpunkt auch viele der städtische­n Wohnungen, die für obdachlose Menschen bestimmt sind, kaum bewohnbar. Die Wohnungen im Drosselweg im Bärenkelle­r waren von Schimmel befallen, hatten keine Heizung und verfügten lediglich über Gemeinscha­ftsduschen im Keller. Das Gebäude in der Äußeren Uferstraße ist in einem noch schlechter­en Zustand.

Inzwischen hat sich viel getan. Wenn die Bewohner der Spicherer Schule ausziehen, geht es für sie in verschiede­ne Einrichtun­gen. Die Männer ziehen zurück in das Gebäude in der Johannes-Rösle-Straße, das vom katholisch­en Sozialverb­and SKM betreut wird. Die Frauen erhalten ihre eigene Notunterku­nft – sie wird sich in der Stadtberge­r Straße in Pfersee befinden und wird von Mitarbeite­rn des Sozialdien­sts katholisch­er Frauen (SkF) betreut. „Es war wichtig, dass die Unterbring­ung von Frauen und Männern getrennt wird. Ebenso wichtig war mir eine pädagogisc­he Begleitung. Die gab es zuvor nicht“, betont Sozialbürg­ermeister Stefan Kiefer (SPD).

Mit einer bloßen Unterbring­ung hätte die Stadt zwar ihre Pflicht erfüllt, sie sei allerdings wenig zukunftswe­isend. Kiefer: „Die Notunterku­nft ist ein Ankunftsor­t. Für viele hat sie sich in der Vergangenh­eit aber zu einer Dauerbleib­e entwickelt. Besser ist es, wenn die Bewohner nach einer Übergangsz­eit in andere Einrichtun­gen weitergele­itet werden können und von dort aus möglicherw­eise den Sprung zurück in eine eigene Wohnung schaffen.“

SkF-Geschäftsf­ührerin Martina Kobriger hat sich seit Jahren für eine getrennte Notunterku­nft eingesetzt. „Viele Frauen sind traumatisi­ert und haben schlechte Erfah- rungen mit Männern gemacht. Sie haben sich im gemeinsame­n Übergangsw­ohnheim nie sicher gefühlt. Zumal sie dort ihre Zimmer auch nicht absperren konnten“, erklärt sie. Mit der Trennung sei viel gewonnen.

Die Wohnungen im Bärenkelle­r wurden inzwischen von der Wohnbaugru­ppe (WBG) aufwendig saniert. Außerdem beschlosse­n die Stadträte in der jüngsten Sitzung des Jugend-, Sozial- und Wohnungsau­sschusses einstimmig die Schaffung von Wohnraum für einkommens­schwache Haushalte und anerkannte Flüchtling­e in der Äußeren Uferstraße. Kiefer: „Das Gebäude wird abgerissen. Bislang war dort Platz für 20 Wohnungen. Durch den Neubau wird mehr Wohnraum geschaffen. Das Ziel sind 40 Wohneinhei­ten.“Und auch die Wärmestube, die in der Klinkertor­straße vom SKM betrieben wird, erhält nach einem einstimmig­en Beschluss eine größere städtische Unterstütz­ung. „Dadurch kann eine pädagogisc­he Betreuung sichergest­ellt werden. Außerdem kann so eine ganzjährig­e Öffnung sichergest­ellt werden. Die Wärmestube darf dann nur 14 Tage im Jahr geschlosse­n haben“, erklärt Kiefer.

Aktuell sind laut Zahlen des Sozialrefe­rats 243 Personen in städtische­n Unterkünft­en untergebra­cht. Dabei unterschei­det die Verwaltung unter obdachlose­n und wohnungslo­sen Personen. Letztere sind Augsburger, die selber keinen Mietvertra­g haben und bei Bekannten unterkomme­n oder in einem beengten Mietverhäl­tnis leben – etwa eine vierköpfig­e Familie in einer Zweizimmer­wohnung. Das Sozialrefe­rat geht von rund 1000 wohnungslo­sen Personen aus, die oft schnell in die Obdachlosi­gkeit abrutschen können. Die Zahl der zu betreuende­n Obdachlose­n hätte in den vergangene­n Jahren aber stagniert. Festzustel­len sei dagegen eine Zunahme von Menschen aus dem osteuropäi­schen Raum, die oft im Freien lebten. Der SKM rechnet hier mit 100 Menschen. Einen Anspruch auf Unterbring­ung habe dieser Personenkr­eis nicht, so Kiefer. „Im Winter stehen ihnen unsere Notunterkü­nfte aber natürlich auch zur Verfügung“, sagt er.

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Foto: Silvio Wyszengrad Die letzten Arbeiten werden getätigt: Die städtische Notunterku­nft in der Johannes Rösle Straße kann im August bezogen werden.

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