Ein Spielplatz – zu schön, um ruhig zu sein
Konflikt Die Anlage an der Vogelsiedlung zieht viele Kinder an. Nachbarn wird das im Sommer oft zu viel. Der Streit darüber führt zur Frage, wer hier was darf
Bobingen Ein Spielplatz, der an zwei Seiten an Felder und einen städtischen Wertstoffhof grenzt, der große Grasflächen hat, die zum Fußballspielen genutzt werden könnten, auf dem kleine Kinder im Sand buddeln und rutschen können, und der sogar einen betonierten Platz hat, auf dem ältere Kinder Radfahren oder Ball spielen könnten – so einen Spielplatz würden sich wohl viele Gemeinden wünschen. Die Stadt Bobingen hat solch einen Spielplatz: an der Flurstraße in der Vogelsiedlung. Und das Leben mit Kindern dort könnte so schön sein – wenn, ja wenn es nicht immer Ärger gäbe.
Raoul von Beaulieu Marconnay ist Sprecher der Siedlergemeinschaft in der Vogelsiedlung. An ihn sind verschiedentlich Eltern herangetreten, die auf gerade diesem Spielplatz ungute Erfahrungen gemacht hatten. Es gebe dort Schwierigkeiten mit einigen Anliegern, erzählt er. „Eltern berichten von Vorfällen, bei denen ballspielende Kinder rüde zurechtgewiesen wurden, manche trauen sich schon gar nicht mehr alleine auf den Spielplatz, auch wenn sie das erforderliche Alter haben“, sagt von Beaulieu Marconnay. Wer gemeinsam mit den Kindern spielen gehe, müsse sich beobachtet fühlen. Von einem Gartenzaun aus werde oft minutiös beobachtet, was auf dem Spielplatz geschehe. Sei ein Kind zu laut oder spiele unberechtigterweise mit einem Ball – werde sofort geschimpft. Zuweilen, so sagen Eltern, würden sogar Bilder von den Kindern dabei gemacht, wohl um Verstöße nachzuweisen.
Weil Raoul von Beaulieu Marconnay Vorsitzender der Siedlergemeinschaft ist, hat er deshalb schon vor gut einem Jahr einen Brief an die Stadt Bobingen geschrieben. „Viele der Eltern, die dort spielen, sind unsere Mitglieder. Sie haben mich beauftragt, in dieser Sache tätig zu werden“, erklärt er. Tatsächlich seien die derzeitigen Zustände schwierig. „Wir wollen erreichen, dass die Kinder uneingeschränkt spielen dürfen, ohne Angst haben zu müssen. Dass sie mit Freuden hier sein dürfen und auch alleine auf dem Spielplatz spielen können.“Dabei sei das große Ziel, alle Beteiligten, sowohl die Eltern als auch die Anlieger zufriedenzustellen. „Aber dass Kinder fotografiert werden, das geht auf keinen Fall!“
Das sehen auch die Stadtverwaltung und die Polizei so. Aber: „So etwas muss angezeigt werden, bevor die Behörden handeln können“, weiß von Beaulieu Marconnay nach einem gemeinsamen Gespräch. Dort wurde auch klar: „Wir haben vor Ort eine Grünanlage mit Spielplatz, das heißt, der Aufenthalt auf der Grünanlage ist für alle zulässig.“Wer hier einen anderen hindere, sich dort aufzuhalten, begehe eine Ordnungswidrigkeit. Und: Ballspielen im Spielplatzbereich ist zwar verboten, auf der Rundanlage wäre es aber schon erlaubt. Dort sei sogar Skateboard- und Fahrradfahren möglich. So heißt es in der Spielplatzsatzung der Stadt.
„Als die Vogelsiedlung gebaut wurde, war immer schon klar, dass hier der Spielplatz sein würde“, macht von Beaulieu Marconnay deutlich. „Dieser Platz war früher zudem als Begegnungsstätte für Jung und Alt konzipiert. Wenn es nach uns gehen würde, würde er das auch wieder werden.“So könne man sich künftig eine Weiterentwicklung des Geländes mit einem Skaterplatz und die Wiederanbringung der vor gut zehn Jahren „kurzfristig“entfernten Basketballkörbe sowie die Anlage einer Boulebahn auf der Fläche der ehemaligen Eisstockbahn durchaus vorstellen.
Was einige Nachbarn an dem Geschehen stört, weiß Franz Eschlberger aus eigenem Erleben: Er sieht die Probleme rund um den Spielplatz nicht beim friedlichen Besuch der Kinder aus der Vogelsiedlung. „Hier spielen ja nicht nur Kinder aus der Nachbarschaft, die Kinder kommen aus ganz Bobingen und vor allem aus Nord hier herunter, um hier Krach zu machen“, erzählt er. „Auf diesem Spielplatz ist keine Mittagsruhe ausgewiesen, also kommen die Kinder hierher, wenn sie auf dem Spielplatz in Nord nicht spielen dürfen.“Er sieht das Problem auch nicht bei den kleinen Kindern, sondern bei Älteren und Jugendlichen. „Die machen richtig Lärm. Da geht’s dann auch nicht ums Spielen, sondern ums Rumhängen mit Bier, Alkohol und Musik.“Auch nachts sei gerade im Sommer auf dem Platz immer etwas los. „Und dazu der Lärm vom Wertstoffhof
Manche Kinder trauen sich nicht mehr zu kommen
Nachbar sieht die Stadt in der Pflicht
– da ist dann gar keine Ruhe mehr!“Eschlberger fordert Rücksichtnahme auf die Anwohner.
„Wir sind hier nicht das Problem, sondern wir haben hier das Problem“, macht er deutlich. Er sieht die Stadt Bobingen in der Pflicht, Abhilfe zu schaffen, die Probleme generell zu lösen. Ebenso wie die Eltern der Kinder, denn „es gibt immer noch das Gebot der Rücksichtnahme“. Fordere er dieses ein, habe er sich von Eltern auch schon lautstark beschimpfen lassen müssen.
„Lärm macht krank und diese Dauerbeschallung ist nicht lustig“, sagt Eschlberger. „Hier soll endlich Ordnung geschaffen werden, damit wäre ich zufrieden.“
Wie diese Ordnung aussehen soll, dafür hat der Anwohner aber auch keine Lösung parat. „Das ist aber auch nicht meine Aufgabe“, stellt er fest. Andere Nachbarn, denen auch das Fotografieren der Spielplatzbesucher nachgesagt wird, wollten sich gegenüber unserer Zeitung nicht äußern.