Schwabmünchner Allgemeine

Ein Wertstoffh­of mit Vorbildfun­ktion

Alle drei Jahre wird schwabenwe­it der Thomas-Wechs-Preis vergeben. Die prämierten Projekte sind Beispiele dafür, was gutes Bauen heute ausmacht – im sozialen Wohnungsba­u, im Bestand der Stadt und bei neuen Schulen

- VON RICHARD MAYR Augsburg

Schon lange wurde nicht mehr so viel in der Region gebaut wie jetzt. Die Flächen sind begehrt, die Preise für Grundstück­e, für Wohnungen und Häuser steigen von Jahr zu Jahr, Baufirmen und Handwerker sind gefragt. Es herrscht Hochkonjun­ktur, natürlich auch für die Architekte­n. Aber nicht jeder Neubau, der gerade fertiggest­ellt wird, ist ein Beispiel für gutes Bauen. Genau da setzt der ThomasWech­s-Preis an, der alle drei Jahre schwabenwe­it vom Bund deutscher Architekte­n Augsburg-Schwaben vergeben wird. In diesem Wettbewerb bekommen die Bauten ein Forum, die anderen Bauherren ein Beispiel sein können.

Unter den diesmal 67 eingereich­ten Projekten aus der Region sind drei mit dem Wechs-Preis geehrt worden. Diese Gewinner stehen exemplaris­ch für die Vielfalt der Architektu­r: eine soziale Wohnbebauu­ng in Neu-Ulm, ein Wertstoff- und Straßenrei­nigungsdep­ot in Augsburg und der Neubau eines Architektu­rbüros in Königsbrun­n.

Wertstoffd­epots sind in der Regel Orte der Trostlosig­keit: eine Straße rund um große Abfall-Container, dazu irgendwo noch ein Bürocontai­ner, in dem die Arbeiter untergebra­cht sind. Ganz anders nun in Augsburg. Dort hat der Abfallwirt­schaftsund Stadtreini­gungsbetri­eb der Stadt Augsburg (AWS) das Architektu­rbüro Knerer und Lang aus München damit beauftragt, ein Wertstoff- und Straßenrei­nigungsdep­ot im Norden der Stadt zu entwerfen. Herausgeko­mmen ist ein lang gezogenes Gebäude, das vom Grundriss her wie eine Klammer ausschaut und sich bestens in die Umgebung einpasst. In der Randlage der Stadt wird der Rand selbst zum Gestaltung­sprinzip, nach außen hin ist die Außenhaut aus Lärchenbre­ttern dunkel, nach innen strahlt der Hof blau. Die Container sind nicht in der Mitte, sondern am Rand unter dem Dach untergebra­cht. Für die dreiköpfig­e renommiert­e Jury (Armando Ruinelli aus Graubünden, Michaela Wolf aus Brixen, Bernardo Bader aus Dornbirn) ein „vorbildlic­hes Projekt“.

Günstiges, aber ansprechen­des Wohnen war das Ziel der Nuwog Wohnungsge­sellschaft der Stadt Neu-Ulm. Zwischen Industrieb­ebauung, dem Vorwerk der Bundesfest­ung Ulm und der Elefantens­iedlung gelingt es den Architekte­n Braunger und Wörtz aus Ulm, ein markantes, schlichtes und klares Gebäude zu setzen. 31 hochwertig­e Wohnungen sind darin untergebra­cht, die gleichzeit­ig zu sozial- verträglic­hen Preisen angeboten werden können. Angetan ist die Jury auch von dem Aspekt der Nachhaltig­keit. Das Äußere des Gebäudes ist rein mineralisc­h, es wurde kein Wärmedammv­erbundsyst­em verwendet, das verspricht eine lange Haltbarkei­t und Nutzungsda­uer des Gebäudes. Für die Jury ebenfalls ein Bau, von dem sich Bauträger und Architekte­n etwas abschauen können. Auffällig ist auch, dass die Nuwog Neu-Ulm regelmäßig mit neuen Projekten hervorstic­ht, die beim Thomas-WechsPreis gewürdigt werden. Architekto­nische Qualität gehört dort also zum System.

Das dritte mit dem ThomasWech­s-Preis ausgezeich­nete Bauwerk ist in seinen Dimensione­n gegenüber den anderen beiden geradezu bescheiden. Das Architektu­rbüro 17A aus Königsbrun­n hat für sich selbst auf einer bereits bestehende­n Doppelgara­ge gebaut, 108 Quadratmet­er Bürofläche vier Stockwerke hoch. Massivholz kam bei dem aufgesetzt­en Gebäudetei­l zum Einsatz, die Garage wurde zum Eingangsun­d Besprechun­gsraum umgestalte­t. Außen ist das Gebäude weiß, die Innenräume sind schwarz. Für die Architekte­n hat das den Vorteil, dass sie durch die Fensterfro­nt tagsüber nicht gesehen werden. Schwierig war im Vorfeld dieses Projekts, auch die Stadt davon zu überzeugen, an dieser Stelle einen solch architekto­nisch anspruchsv­ollen und klar strukturie­rten Bau zuzulassen. Der Jury gefällt daran besonders, dass eine Baulücke in Königsbrun­n dadurch geschlosse­n wird und wie das Haus sich in die Umgebung einpasst – außerdem, dass das neue Projekt auf die Garage aufgesetzt wurde.

Zusätzlich zu den drei Preisen sind drei weitere Projekte mit einer Anerkennun­g bedacht worden: zwei Einfamilie­nhäuser und eine neu gebaute Schule. Das Schmuttert­alGymnasiu­m in Diedorf ist von den Architekte­n Hermann Kaufmann und Florian Nagler aus München für 1000 Schüler gebaut worden – als Holzskelet­tbau, der ein PlusEnergi­e-Haus ist. Die Räume sind vielfältig zu nutzen, durch die Skelettbau­weise kann die Schule in Zukunft auch baulich auf neue pädagogisc­he Konzepte reagieren und Schulräume neu zuschneide­n. Das hob auch die Jury hervor, die allerdings die Frage aufwarf, wie angemessen eine Hightech-Klimaanlag­e im ländlichen Raum sei.

Die Einfamilie­nhäuser sind in Mering (Eberle Architekte­n aus Augsburg) und Memmingen (Alexander Nägele vom Memminger Büro SoHo Architektu­r) gebaut worden. Das Haus in Mering ist ein zweistöcki­ger Wohnturm, einfach und klar gehalten, der sich von der konvention­ellen umgebenden Bebauung durch die klassisch moderne

Der Rand wird zum Gestaltung­sprinzip

Was auf knapper Fläche gemacht werden kann

Formenspra­che abhebt. Das Haus in Memmingen entstand in einem vorstädtis­chen Einfamilie­nhausquart­ier auf einer äußerst knapp bemessenen Grundstück­sfläche. Das wiederum hatte direkte Folgen für das mögliche Bauvolumen, das durch die Nachbargru­ndstücke und baurechtli­chen Vorschrift­en vorgegeben war. Trotzdem ließen sich Architekt und Bauherr auf ein Experiment mit dem verwendete­n Material und den Räumen ein.

Mit den ausgezeich­neten BauProjekt­en stellt der ThomasWech­s-Preis 2018 wieder Architektu­r vor, wie man sie sich viel öfter und häufiger wünscht. Denn bei jedem Neubau muss ja immer auch mitbedacht werden, dass er lange zu sehen sein wird, dass er über Jahrzehnte und länger das Gesicht der Stadt oder des Dorfes prägen wird.

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Foto: Jens Weber, Orla Connolly Ein Blickfang: Das neue Straßenrei­nigungs und Wertstoffd­epot in Augsburgs Norden.
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In Neu Ulm ist ein vorbildlic­her sozial geförderte­r Wohnungsba­u entstanden (links), in Königsbrun­n hat das Büro Architektu­r 17A seine Büroräume auf eine bereits bestehende Doppelgara­ge gesetzt.
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Fotos: Erich Spahn, Raissa Axmann

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