Schwabmünchner Allgemeine

Was wird aus dem Architektu­rmuseum?

Fast 25 Jahre nach der Gründung steht der Träger in München seiner Augsburger Filiale reserviert gegenüber und denkt darüber nach, aus dem Projekt auszusteig­en

- VON ANGELA BACHMAIR

Sie sind zwar nicht neu, die Sorgen um das Architektu­rmuseum Schwaben, aber in diesem Sommer verstärken sie sich zu massiven Befürchtun­gen. Steht das 1995 gegründete, für Schwaben einzigarti­ge Ausstellun­gshaus vor dem Aus? Wird zur Jahreswend­e 2019/2020 das Ende des Museums besiegelt, anstatt dessen 25-jähriges Bestehen zu feiern? Das fragen sich Architekte­n und architektu­rinteressi­erte Bürger, die seit Jahren besorgt verfolgen, wie das Haus im Augsburger Thelott–Viertel, als Villa des Viertel-Planers Sebastian Buchegger ein wertvolles Denkmal, immer mehr Präsenz in der städtische­n Museumslan­dschaft verliert.

Reduzierte Öffnungsze­iten, zu wenig eigene Ausstellun­gen, dafür Workshops von Studierend­en oder Schauen, die von anderen Häusern übernommen wurden, das Fehlen eines Jahresprog­ramms, nur noch 3000 Besucher pro Jahr – das wirft man dem Chef Andres Lepik vor, und außerdem: Lepik sei kaum in Augsburg anwesend, ihn interessie­re das schwäbisch­e Museum nicht. 2012 hatte der Kunsthisto­riker, ein gebürtiger Augsburger, das Amt von Winfried Nerdinger übernommen. Der bisherige Kurator an internatio­nalen Museen wurde Professor für Architektu­rgeschicht­e an der Technische­n Universitä­t München (TU) sowie Direktor des Architektu­rmuseums München in der Pinakothek der Moderne und damit auch des Architektu­rmuseums in Augsburg, das eine Filiale des Münchner Museums ist.

Mit so vielen Aufgaben sei der heute 57-Jährige damals wohl überforder­t gewesen, meinen manche, er habe das kleine Augsburger Haus aus dem Blick verloren. Den Betrieb in Augsburg führte wie die Jahre davor und bis heute die Kunsthisto­ri- Barbara Wolf. Unter schwierige­n Arbeitsbed­ingungen – Personalkn­appheit, Zeitverträ­ge, derzeit arbeitet sie allein mit einem Praktikant­en – findet sie Präsentati­onsideen, konzipiert sie Ausstellun­gen, verschickt sie Einladunge­n, organisier­t sie Vernissage­n und Führungen. Lepik konzentrie­rte sich offenkundi­g auf das Münchner Museum, dem er mit Ausstellun­gen über Architektu­r im globalen Kontext, vor allem auf dem afrikanisc­hen Kontinent, ein neues Profil gab. „Er denkt eben global“, sagt einer von Lepiks Kritikern, und da spiele das Werk schwäbisch­er Architekte­n, dem das Augsburger Haus verpflicht­et ist, keine Rolle mehr. „Das läuft nicht rund, wir brauchen eine Entscheidu­ng, damit das Museum wieder präsenter wird“, so der Architekt Hans Engel, der dem Museum als Beirat verbunden ist. Schlechte Kommunikat­ion, fehlende Präsenz und Informatio­nen beklagt sein jüngerer Kollege Frank Lattke, „das ist ein unwürdiger Zustand“.

Weil die Kritik am Museumsche­f und die Unzufriede­nheit in letzter Zeit heftig zunahm, hat Oliver Kautz, der Vorsitzend­e der Bucheg- ger-Stiftung, die Sache in die Hand genommen. Das muss er auch, denn das Museum wird von der Stiftung finanziert; die Technische Universitä­t TU ist Projektträ­ger. So hatte das 1995 bei der Museumgrün­dung Winfried Nerdinger mit der Stiftung ausgehande­lt. Heute sagt Nerdinger, der wie Engel im MuseumsBei­rat sitzt, „dass das Museum weiter bestehen kann, das muss man nicht mit der TU machen.“Kautz nimmt die Anregung auf: Ende 2019, wenn der Vertrag zwischen TU und Stiftung ausläuft, könne man neue Strukturen schaffen.

Dafür sieht Kautz mehrere Optionen: Entweder die TU bleibt Projektträ­ger unter neuen Bedingunge­n, oder sie wird Kooperatio­nspartner und man sucht einen anderen Träger. Das könne der Architektu­rbereich der Hochschule sein (mit diesem gibt es Kooperatio­nen, die Lepik selbst eingefädel­t hat), oder die Universitä­t (da allerdings fehlt es am geeigneten Lehrstuhl für Architektu­r), auch der Bezirk Schwaben sei denkbar. Die Stadt Augsburg will Kautz dagegen nicht fragen, „wir wollen kein städtische­s Museum werden, sondern unabhänker­in gig bleiben.“Am wahrschein­lichsten erscheint, dass die BucheggerS­tiftung die Trägerscha­ft übernimmt, zusätzlich zur Finanzieru­ng. Dafür plädiert offenbar der Museumsbei­rat, zu dem außer Engel und Nerdinger auch Bezirkshei­matpfleger Peter Fassl gehört. Doch Kautz betont, dass Lepik weiterhin sein „Ansprechpa­rtner Nummer Eins“bleibe, auch wenn der ihm gegenüber schon die Frage gestellt habe, was für einen Mehrwert das Augsburger Museum der TU bringe und seinerseit­s die Kündigung des Vertrags angesproch­en habe.

Lepik sagt dazu, die Rechtabtei­lung der TU habe ihm Kündigung des bestehende­n und Ausarbeitu­ng eines neuen Vertrags mit der Buchegger-Stiftung empfohlen. Er wolle das Augsburger Museum keineswegs loswerden, vielmehr ihm mit einem neuen Vertrag eine Zukunft geben. Die sieht Lepik nicht mehr so stark in regionalhi­storischen Ausstellun­gen – „die Nachlässe der großen schwäbisch­en Architekte­n sind aufgearbei­tet.“Er will sich mit drei Ausstellun­gen pro Jahr begnügen und dafür mehr Veranstalt­ungen zu aktuellen Themen wie Stadtumbau oder Fahrradsta­dt planen, das Haus mehr öffnen für Studierend­e oder Stadtbewoh­ner. Falls die Stiftung ihren alten Plan eines Anbaus an die Villa einmal umsetzen sollte, könne man auch Ausstellun­gen im größeren Format zeigen. „Mir ist wichtig, das die Öffentlich­keit mehr mitbekommt vom Architektu­rmuseum.“

An diesem Punkt scheinen sich Kritiker und Kritisiert­er einig zu sein. Ob es Ende 2019 zu einem neuen Vertrag mit der TU oder zu neuer Trägerscha­ft kommt, werden die Gespräche zwischen Kautz und Lepik sowie innerhalb der Stiftung zeigen. Einstweile­n verspricht Stiftungsv­orsitzende­r Kautz: „Das Architektu­rmuseum wird weiter bestehen, das ist sicher.“

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Foto: I. Gnau In der Buchegger Villa ist das Architektu­rmuseum untergebra­cht.

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