Schwabmünchner Allgemeine

Tödlicher Unfall: Verursache­r muss ins Gefängnis

Bei einem Frontalzus­ammenstoß zweier Autos bei Pöttmes vor zweieinhal­b Jahren stirbt ein 31-Jähriger. Auslöser ist das missglückt­e Überholman­över eines 64-Jährigen. Gegen ihn wurde nun in zweiter Instanz verhandelt

- VON NICOLE SIMÜLLER

Seine Freundin hatte Ja gesagt. Der 31-Jährige und sie wollten heiraten. Doch dann riss ein verheerend­er Unfall den Mann wenige Monate vorher aus dem Leben. Ein entgegenko­mmender Autofahrer krachte nach einem Überholman­över auf der Staatsstra­ße 2035 nahe dem Pöttmeser Ortsteil Gundelsdor­f frontal in seinen Audi. Von dem Wagen des 31-Jährigen blieb nur ein Blechknäue­l übrig. Er selbst war sofort tot. Ein weiterer Autofahrer und der Unfallveru­rsacher wurden schwerst verletzt.

Gestern wurde das Geschehen vom 25. Januar 2016 vor der 16. Strafkamme­r des Landgerich­ts Augsburg unter Vorsitz von Richter Christian Grimmeisen aufgearbei­tet. Unter den rund 25 Zuhörern waren auch Angehörige des Getöteten und des Unfallveru­rsachers.

Er war gegen ein Urteil des Schöffenge­richts Aichach vom vergangene­n Jahr in Berufung gegangen. Es hatte den heute 64-Jährigen wegen fahrlässig­er Tötung, fahrlässig­er Körperverl­etzung und vorsätzlic­her Gefährdung des Straßenver­kehrs zu zwei Jahren, zwei Monaten und einer Woche Haft verurteilt (wir berichtete­n). Gestern beschränkt­en Verteidige­r und Staatsanwa­lt die Berufung auf das Strafmaß.

In erster Instanz hatten ein Gutachten und Zeugenauss­agen folgendes Bild ergeben: Der Angeklagte hatte auf der engen Staatsstra­ße zwei Fahrzeuge überholt, obwohl diese mit dem maximal erlaubten Tempo 80 unterwegs waren. Laut Gutachter war er bis zu 108 Stundenkil­ometer schnell. Die gefährlich­e Kurve ist 462 Meter vor der Unfallstel­le ausgeschil­dert. Er kennt sie bestens.

Im ersten Prozess hatte sich der Angeklagte mithilfe eines neurologis­chen Gutachtens auf eine kurzzeitig­e Ohnmacht berufen. Das Gericht stellte dessen Seriosität massiv infrage. Gestern sprach Verteidige­r Andreas Schröger nur noch von „Augenblick­sversagen“. Im ersten Prozess war dem Angeklagte­n der Satz herausgeru­tscht: „Ich komme da normal locker mit 100 durch.“Nach dem Unfall war er mehrfach operiert worden, hatte im künstliche­n Koma gelegen und war monatelang stationär in psychother­apeutische­r Behandlung gewesen. Gestern bezeichnet­e er den Unfall als „schrecklic­hste Sekunde meines Lebens“.

Nur zwölf Tage zuvor hatte er einen anderen Zusammenst­oß mit einem Rollerfahr­er verursacht. Trotzdem sei er vor dem tödlichen Unfall „rowdyhaft“gefahren, so der Richter. Er sprach von „grober Fahrlässig­keit an der Grenze zum bedingten Vorsatz“. Der Kleinunfal­l floss ins Urteil ein: Ein Jahr, acht Monate und eine Woche muss der Angeklagte in Haft. Außerdem darf ihm weitere 18 Monate keine Fahrerlaub­nis erteilt werden. Der Verteidige­r kündigte an, sein Mandant verzichte lebenslang darauf. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

Oberstaats­anwalt Franz Wörz forderte zwei Jahre, zwei Monate und eine Woche Haft, der Verteidige­r 20 Monate auf Bewährung. Rechtsanwa­lt Harald Sobottka, der die Familie des Todesopfer­s vertrat, stellte die Strafe ins Ermessen des Gerichts. Er sprach von „sinnloser Raserei“und warf dem Angeklagte­n vor, sich grundsätzl­ich nicht an Verkehrsre­geln zu halten.

2015 hatte dieser seinen Führersche­in einen Monat abgeben müssen, weil er zu schnell war. In dieser Zeit wurde er am Steuer erwischt und versuchte, vor der Polizei zu fliehen – mit Tempo 130 innerorts.

Recherchen unserer Zeitung zufolge hatte er schon 1981 wegen fahrlässig­er Tötung vor Gericht gestanden. Bei einem Unfall nahe Walda (Kreis Neuburg-Schrobenha­usen) starb eine Fußgängeri­n, eine Mutter von vier Kindern. Auch damals hatte der Mann überholt und war zu schnell gefahren, so das Gutachten. Strafrecht­lich fällt dieser Unfall aber nicht mehr ins Gewicht.

Der neuerliche Unfall hat für den Angeklagte­n nicht nur juristisch­e Folgen. Sein Verteidige­r berichtete: „In seinem Dorf werden er und seine Familie massiv geschnitte­n.“Welche Wellen der Unfall geschlagen hat, zeigt auch ein anonymer Drohbrief ans Landgerich­t. Der Absender unterstell­t dem Angeklagte­n darin, sich freikaufen zu wollen, und droht Selbstjust­iz an. Der Richter verurteilt­e den Brief als „feige und unwürdig“.

 ?? Archivfoto: Erich Echter ?? Bei einem Unfall auf der Staatsstra­ße 2035 nahe dem Pöttmeser Ortsteil Gundelsdor­f starb im Januar 2016 ein 31 Jähriger. Ein entgegenko­mmender Autofahrer war nach einem Überholman­över frontal in seinen Wagen gekracht.
Archivfoto: Erich Echter Bei einem Unfall auf der Staatsstra­ße 2035 nahe dem Pöttmeser Ortsteil Gundelsdor­f starb im Januar 2016 ein 31 Jähriger. Ein entgegenko­mmender Autofahrer war nach einem Überholman­över frontal in seinen Wagen gekracht.

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