Bildungsstreit geht in die nächste Runde
In der Debatte über befristet eingestellte Lehrer steht die CSU allein da. Doch ihren Anhang bringt etwas anderes auf
Landkreis Augsburg Tobias Schmid schäumt. Eine „dreiste Unterstellung“sei, was der Freie-WählerLandtagskandidat Fabian Mehring „frech“von sich gebe. Die Empörung des Stadtberger CSU-Mannes – festgehalten in einem Post in einem sozialen Netzwerk – ist nur eine von vielen Reaktionen nach einem Artikel unserer Zeitung.
Darin ging es zunächst einmal um die politische Auseinandersetzung über zeitlich befristet angestellte
Lehrer, die der Freistaat in den Sommerferien in die Arbeitslosigkeit schickt. Doch im Augsburger Land hat sich der Streit verselbstständigt.
SPD, Grüne und Freie Wähler wollten die bisherige Praxis an bayerischen Schulen ändern, die CSU im Landtag blockte ab. Jetzt sammelt unter anderem die Stadtberger Landtagsabgeordnete Simone Strohmayr (SPD) Unterschriften gegen die sogenannte sachgrundlose Befristung der Lehrerstellen, während die Stadtberger CSU-Abgeordnete und Bildungsstaatssekretärin Carolina Trautner das Vorgehen verteidigt.
Das trug ihr von ihrem FreieWähler-Konkurrenten Mehring die spitze Frage ein, was davon zu halten wäre, auch die Mitglieder des Landtags während der parlamentarischen Sommerpause arbeitslos zu melden und erst nach Wiederaufnahme des Sitzungsbetriebes wieder zu besolden? Trautner antwortete, Mehring müsse doch eigentlich wissen, dass die Abgeordneten auch in der sitzungsfreien Zeit genügend zu tun hätten – und lieferte damit Mehring eine Steilvorlage für seine nächste Attacke.
„Genau wie unsere Politiker drehen aber auch unsere Lehrer deshalb nicht ausschließlich Däumchen in der Sonne. Das sollte auch die Staatssekretärin wissen“, erklärte der Landtagskandidat. Es gelte in der unterrichtsfreien Zeit den Unterricht des nächsten Jahres vorzubereiten, Fortbildungen zu besuchen und so weiter. Mehring: „Wer nicht will, dass diese Tätigkeiten in Zukunft auf den Fluren des Arbeitsamtes stattfinden, muss Lehrer ebenso durchgängig beschäftigen wie Politiker.“In einem sozialen Netzwerk bezeichnete Mehring Trautners Antwort überdies als „schockierend“– der CSU-Anhang geriet daraufhin in Wallung. Vorwurf: Mehring interpretiere Trautners Äußerungen bewusst falsch.
Sie selbst ließ gestern über eine Sprecherin des Kultusministeriums verlauten, ihre Aussage zu den Aufgaben eines Abgeordneten stehe nicht im Zusammenhang mit ihren Aussagen zur Besoldung der Lehrer. Die Arbeit der Lehrer werde hoch geschätzt, das zeige sich auch in zahlreichen politischen Schritten.
Das dürfte der Grünen-Landtagskandidat Max Deisenhofer, der sich wie Trautner und Mehring im Stimmkreis Augsburg Land Süd um den direkten Einzug in den Landtag bemüht, anders sehen. Er selbst hat im Februar 2016 das Referendariat für das Lehramt an Gymnasien erfolgreich beendet. „Aus meinem Prüfungsjahrgang hat damals von über 30 Absolventen eine einzige Kollegin eine Beamtenstelle an einem bayerischen Gymnasium bekommen. Viele weitere mussten sich mit befristeten Verträgen durchschlagen“, so Deisenhofer.
Diese Verträge seien in mehrfacher Hinsicht problematisch. So müssen die Schulen gute Lehrer nach spätestens zwei Jahren vor die Tür setzen, um einer Entfristung zu
In einer Woche 500 Unterschriften gegen die Befristung
entgehen. Nach Angaben aus dem Kultusministerium sind nur fünf Prozent der bayerischen Lehrer zeitlich befristet angestellt, von denen wiederum müssten sich rund 20 Prozent wegen kurzfristiger Verträge in den Sommerferien arbeitslos melden. Das sei „fast schon skandalös“, sagt Deisenhofer. „Mich ärgert besonders, dass wir durch diese Praxis in Bayern viele hoch qualifizierte Lehrer an andere Bundesländer verloren haben und weiter verlieren.“
Die sachgrundlose Befristung im Bereich der Lehr-, Erziehungs- und Pflegeberufe zu beenden, ist Ziel der von der Stadtberger SPD-Abgeordneten Strohmayr initiierten Resolution, für die inzwischen auch online unterschrieben werden kann. Innerhalb einer Woche kamen fast 500 Unterschriften zusammen, so die Bildungspolitikerin: „Das ist großartig. Wir haben offenbar einen neuralgischen Punkt in der Bildungspolitik getroffen.“