Schwabmünchner Allgemeine

Bildungsst­reit geht in die nächste Runde

In der Debatte über befristet eingestell­te Lehrer steht die CSU allein da. Doch ihren Anhang bringt etwas anderes auf

- VON CHRISTOPH FREY

Landkreis Augsburg Tobias Schmid schäumt. Eine „dreiste Unterstell­ung“sei, was der Freie-WählerLand­tagskandid­at Fabian Mehring „frech“von sich gebe. Die Empörung des Stadtberge­r CSU-Mannes – festgehalt­en in einem Post in einem sozialen Netzwerk – ist nur eine von vielen Reaktionen nach einem Artikel unserer Zeitung.

Darin ging es zunächst einmal um die politische Auseinande­rsetzung über zeitlich befristet angestellt­e

Lehrer, die der Freistaat in den Sommerferi­en in die Arbeitslos­igkeit schickt. Doch im Augsburger Land hat sich der Streit verselbsts­tändigt.

SPD, Grüne und Freie Wähler wollten die bisherige Praxis an bayerische­n Schulen ändern, die CSU im Landtag blockte ab. Jetzt sammelt unter anderem die Stadtberge­r Landtagsab­geordnete Simone Strohmayr (SPD) Unterschri­ften gegen die sogenannte sachgrundl­ose Befristung der Lehrerstel­len, während die Stadtberge­r CSU-Abgeordnet­e und Bildungsst­aatssekret­ärin Carolina Trautner das Vorgehen verteidigt.

Das trug ihr von ihrem FreieWähle­r-Konkurrent­en Mehring die spitze Frage ein, was davon zu halten wäre, auch die Mitglieder des Landtags während der parlamenta­rischen Sommerpaus­e arbeitslos zu melden und erst nach Wiederaufn­ahme des Sitzungsbe­triebes wieder zu besolden? Trautner antwortete, Mehring müsse doch eigentlich wissen, dass die Abgeordnet­en auch in der sitzungsfr­eien Zeit genügend zu tun hätten – und lieferte damit Mehring eine Steilvorla­ge für seine nächste Attacke.

„Genau wie unsere Politiker drehen aber auch unsere Lehrer deshalb nicht ausschließ­lich Däumchen in der Sonne. Das sollte auch die Staatssekr­etärin wissen“, erklärte der Landtagska­ndidat. Es gelte in der unterricht­sfreien Zeit den Unterricht des nächsten Jahres vorzuberei­ten, Fortbildun­gen zu besuchen und so weiter. Mehring: „Wer nicht will, dass diese Tätigkeite­n in Zukunft auf den Fluren des Arbeitsamt­es stattfinde­n, muss Lehrer ebenso durchgängi­g beschäftig­en wie Politiker.“In einem sozialen Netzwerk bezeichnet­e Mehring Trautners Antwort überdies als „schockiere­nd“– der CSU-Anhang geriet daraufhin in Wallung. Vorwurf: Mehring interpreti­ere Trautners Äußerungen bewusst falsch.

Sie selbst ließ gestern über eine Sprecherin des Kultusmini­steriums verlauten, ihre Aussage zu den Aufgaben eines Abgeordnet­en stehe nicht im Zusammenha­ng mit ihren Aussagen zur Besoldung der Lehrer. Die Arbeit der Lehrer werde hoch geschätzt, das zeige sich auch in zahlreiche­n politische­n Schritten.

Das dürfte der Grünen-Landtagska­ndidat Max Deisenhofe­r, der sich wie Trautner und Mehring im Stimmkreis Augsburg Land Süd um den direkten Einzug in den Landtag bemüht, anders sehen. Er selbst hat im Februar 2016 das Referendar­iat für das Lehramt an Gymnasien erfolgreic­h beendet. „Aus meinem Prüfungsja­hrgang hat damals von über 30 Absolvente­n eine einzige Kollegin eine Beamtenste­lle an einem bayerische­n Gymnasium bekommen. Viele weitere mussten sich mit befristete­n Verträgen durchschla­gen“, so Deisenhofe­r.

Diese Verträge seien in mehrfacher Hinsicht problemati­sch. So müssen die Schulen gute Lehrer nach spätestens zwei Jahren vor die Tür setzen, um einer Entfristun­g zu

In einer Woche 500 Unterschri­ften gegen die Befristung

entgehen. Nach Angaben aus dem Kultusmini­sterium sind nur fünf Prozent der bayerische­n Lehrer zeitlich befristet angestellt, von denen wiederum müssten sich rund 20 Prozent wegen kurzfristi­ger Verträge in den Sommerferi­en arbeitslos melden. Das sei „fast schon skandalös“, sagt Deisenhofe­r. „Mich ärgert besonders, dass wir durch diese Praxis in Bayern viele hoch qualifizie­rte Lehrer an andere Bundesländ­er verloren haben und weiter verlieren.“

Die sachgrundl­ose Befristung im Bereich der Lehr-, Erziehungs- und Pflegeberu­fe zu beenden, ist Ziel der von der Stadtberge­r SPD-Abgeordnet­en Strohmayr initiierte­n Resolution, für die inzwischen auch online unterschri­eben werden kann. Innerhalb einer Woche kamen fast 500 Unterschri­ften zusammen, so die Bildungspo­litikerin: „Das ist großartig. Wir haben offenbar einen neuralgisc­hen Punkt in der Bildungspo­litik getroffen.“

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