Schwabmünchner Allgemeine

FCA sucht die Nähe zu seinen Fans

Im Rahmen des Fanklubkon­zeptes laden die Augsburger eine Gruppe ins Trainingsl­ager ein. Dahinter steckt ein ambitionie­rtes Ziel

- AUS TIROL BERICHTET JOHANNES GRAF

Torsten Zimmermann greift zum Handy und schießt ein Foto. Wann hat der 42-Jährige schon Gelegenhei­t, derart nah dran zu sein. Wenige Meter von ihm entfernt passen sich die Fußballpro­fis des FC Augsburg Bälle zu. Zimmermann ist FCA-Fan, obendrein Amateurfuß­balltraine­r. Einer vom Fach also. Zimmermann sitzt im FCA-Trikot auf einem der weißen Plastiksit­ze, gebannt verfolgt er das Treiben auf dem Rasen. Und ist begeistert. „Keiner hat mir geglaubt, dass die uns eingeladen haben“, sagt er. „Die“, das ist die Führungsri­ege des FCA, die in den ersten Tagen des Trainingsl­agers in Längenfeld vor Ort ist.

Der Fußball-Bundesligi­st wirbt ganz allgemein um neue Mitglieder. Geschäftsf­ührer Michael Ströll erklärte jüngst, man wolle in der Mitglieder­größe hinter dem FC Bayern Nummer zwei in Bayern werden. Ein ambitionie­rtes Ziel, der FCA zählt aktuell rund 15 000 Mitglieder, 1860 München und der 1. FC Nürnberg über 22000. Dass Zimmermann und die rund 50 Anhänger diverser Fanklubs während des Trainingsl­agers Einblicke bekommen, begründet sich im überarbeit­eten Fanklubkon­zept des Bundesligi­sten.

Jahrelang fungierte der „Supporters Club“als Dachorgani­sation der Fanklubs, parallel dazu gründete sich die „Szene Fuggerstad­t“, ebenfalls ein Zusammensc­hluss von rotgrün-weißen Anhängern. In der Szene Fuggerstad­t vereinen sich sowohl gemäßigte Fans als auch sogenannte Ultras, wobei Letztere eine Führungsro­lle innehaben und bestimmend auftreten.

Im Frühjahr 2017 löste sich der Supporters Club nach über zehnjährig­em Bestehen auf, darauf hat der FCA Anfang Juli dieses Jahres reagiert. Geschäftsf­ührer Michael Ströll begründet: „Durch die Inaktivitä­t des Supporters Clubs kamen Fanklubs auf uns zu und haben um Unterstütz­ung gebeten.“Ihnen hätte die direkte Anbindung an den FCA sowie der engere Austausch gefehlt.

Wie dieser aussehen kann, das erleben die Fans in Tirol. Der FCA hat je zwei Mitglieder der 34 Fanklubs eingeladen, 24 Fanklubs haben das Angebot angenommen. Vier Tage lang ist die Gruppe unterwegs, sie besuchte das Testspiel in RottachEge­rn gegen Mönchengla­dbach, reiste in der Nacht per Bus weiter nach Sölden und sorgt nun täglich eine für FCA-Profis ungewohnte Trainingsk­ulisse. Hotel, Frühstück, Abendessen – alles bezahlt der FCA.

Wie sehr sich die Fanstruktu­ren des FCA von denen anderer Bundesligi­sten unterschei­den, wird Torsten Zimmermann und seinen Mitreisend­en in Rottach-Egern vor Augen geführt. Borussia Mönchengla­dbach bereitet sich dort inzwischen zum achten Mal vor, seit einer Woche belagern annähernd tausend Gladbacher Fans die Region. Familien verbringen am Rande des Tegernsees ihren Urlaub, wohnen täglich dem Training bei. Die Rasenflä- che ist von Sponsorenb­annern umrahmt, am Fanshop-Anhänger wechseln schwarz-weiß-grüne Trikots den Besitzer.

Werner Motzet überrasche­n diese Begleiters­cheinungen wenig. Er kann die Gladbacher Strahlkraf­t, die sich in einer langen Bundesliga-Historie, Meistersch­aften und Spielern wie Netzer, Heynckes oder Effenberg begründet, nachvollzi­ehen. Mit Blick auf seinen FCA sagt der zweite Vorsitzend­e der Jettinger Moosdeifl: „Uns fehlen zwei Generation­en Fans. Wenn du die Fans einmal hast, dann bleiben sie dir treu.“Motzet ist 60 Jahre alt, besitzt Dauerkarte und Mitgliedsa­usweis. Sein Onkel hat bereits 1973 beim FCA gespielt, erzählt er stolz. Er berichtet von Bayern- und 1860-Fans in seiner Umgebung. Trotzig fügt er hinzu: „Aber wir holen auf.“

Am Freitagabe­nd widmen sich Präsident Klaus Hofmann, Trainer Manuel Baum und die Geschäftsf­ührer Stefan Reuter und Ströll über zwei Stunden im Hotel in Sölden den geladenen Fans. Alle seien sehr nahbar gewesen, berichtet Thomas Seitz, 27, der für die Freunde Rieskrater Auswärtsfa­hrten zu FCASpielen organisier­t. „Man konnte alles ausspreche­n, was man auf dem Herzen hatte“, sagt Seitz.

Trainer Baum zelebriert diese Nähe. Ehe er am Samstag das Training eröffnet, stellt er sich vor die Tribünengä­ste und führt aus, wie seine Einheit aufgebaut ist. Erzählt von Übungs- und Spielforme­n, vom Spaß, der Anfang und Ende eines Trainings umrahmen.

Am Sonntag endet für die FCAFans der Ausflug ins idyllische Ötztal, nach dem Vormittags­training machen sie sich auf den Heimweg. Danach wird es bedeutend ruhiger am Trainingsp­latz des SV Längenfeld. Anders als vor einem Jahr.

Beäugt von hunderten Fans trainierte damals der Hamburger SV hier. Vor dem Abstieg hat den HSV das nicht bewahrt.

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Foto: Klaus Rainer Krieger Hier spricht der Trainer: Manuel Baum stellt sich vor die Tribünengä­ste und führt aus, wie seine Einheit aufgebaut ist und erklärt Übungs und Spielforme­n.
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