Schwabmünchner Allgemeine

Gepackt von Wort und Klang

Münchner Bach-Chor in evang. St. Ulrich

- VON ULRICH OSTERMEÍR

Selten sind Komponiste­n so wurzelfest im Glauben verankert wie Johnann Sebastian Bach und Arvo Pärt. Gleichsam als „fünfter Evangelist“fand der Thomaskant­or zu überwältig­ender Tonsprache; Pärts Tintinnabu­li-Stil trifft die Religion in ihrem Kern, überreich seine spirituell­en Dimensione­n. So gewannen zur Eröffnung der neuen Reihe „Augsburger Konzerte“in ev. St. Ulrich Pärts „Berliner Messe“und Bachs Osterorato­rium ein packendes Profil. Konträre Klangwelte­n stießen da aufeinande­r: hier Bachs opulente, festliche Klangprach­t, dort Pärts nahezu mönchische Klangaskes­e.

Kontrastre­ich sollte der Münchner Bach-Chor, das Bach-Orchester und jugendfris­che Solisten aus Salzburgs Mozarteum diese frappieren­de Gegenübers­tellung einfangen. Die „Berliner Messe“bestach in ihrer Reduktion jenseits der Klangfarbe­n: Pärts Musik ist textgezeug­t, Melodie, Rhythmus entwickeln sich syllabisch aus dem Wort, der lateinisch­e Messtext rückte nahe. Alles reduziert sich auf das elementar Normative; der Einklang wird fokussiert auf Tonleiter und Dreiklang. Wie im gregoriani­schen Gesang zwei, drei Noten zu kombiniere­n, darin liegt Pärts Geheimnis.

So ließ sich der emphatisch­e Bach-Chor vom Wort tragen, entwickelt­e aus der Einstimmig­keit heraus die Messteile, baute im Flusse repetitive­r Muster eine kontemplat­ive Haltung auf. Das Melos der Solo- und Tutti-Alleluja-Verse zum Weihnachts- und Pfingstfes­t vertiefte diese Andacht, das „Veni, sancte Spiritus“erfuhr dann luzide Transparen­z, sodass sich pfingstlic­he Erleuchtun­g spirituell förmlich anbahnte. Höchst achtsam führte Hansjörg Albrecht durch diese monochrome Klangwelt.

Dagegen brach sich Bachs Osterjubel in BWV 249 förmlich Bahn. Die festlich aufklingen­de Sinfonia strahlte im Glanz der Bachtrompe­ten umso farbiger auf. Bestens korrespond­ierte die orchestral­e Klangfarbe­npalette mit Chor und Solistenqu­artett, das noch nicht voll aufblühte. Und dennoch leuchtete der helle Sopran (Electra Lochhead) im feinen Zusammensp­iel mit der noblen Soloviolin­e in der „Spezereien­Arie“geschmeidi­g auf, fanden Bass (Philip Kranjc) und Tenor (Aleksander Rewinski) zu temperamen­tgeladener, erfrischen­der Duett-Präsenz, die Albrecht beherzt in das chorisch leichtfüßi­g federnde „Kommet, eilet, laufet“überführte.

Ein Bravourstü­ck! Nicht durchweg trat die feinfühlig­e Altistin Katrin Lena Heles in „Saget mir“aus dem Begleitsch­atten von beseelter Oboe d’amore, Streichtri­o wie dem treffliche­n basso continuo. Auch der finale Jubelchor riss hin, siegreich kam der Löwe von Juda gezogen.

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