Schwabmünchner Allgemeine

Wenn kein Wunder passiert, ist sie morgen obdachlos

Nina Marloths Vermieter hat ihr wegen Eigenbedar­f gekündigt. Doch trotz monatelang­er Suche sie findet keine neue Bleibe

- Königsbrun­n

Wohnungskn­appheit und steigende Mieten sind oft gehörte Schlagwort­e in politische­n Diskussion­en in diesen Tagen. Für Nina Marloth aus Königsbrun­n ist die Frage des Wohnens derzeit aber keine theoretisc­he Frage für die nächsten Jahre, sondern ein akutes und existenzge­fährdendes Problem: Sie muss am Dienstag ihre Wohnung verlassen und weiß nicht, wohin sie gehen soll. Wenn nicht ein kleines Wunder passiert, ist sie ab morgen obdachlos.

Dabei ist die 38-Jährige seit Monaten auf der Suche nach einer neuen Bleibe. Ihr bisheriger Vermieter hatte Eigenbedar­f für die Dachgescho­sswohnung angemeldet und den Mietvertra­g gekündigt. Der Fall landete vor Gericht, das die Rechtmäßig­keit der Kündigung bestätigte. Eigentlich sollte sie bereits im März ausziehen, fand aber keine neue Wohnung. Auch als unsere Zeitung über den Fall berichtete, meldete sich niemand. Mittlerwei­le sei eine Räumungskl­age durch, Anfang August müsse sie aus der Wohnung raus, sagt Marloth: „Am 6. August kommt der Gerichtsvo­llzieher.“In einem Zimmer stapeln sich schon die Umzugskart­ons.

Doch wo soll sie hin? Zwei Zimmer, Küche, Bad wünscht sie sich. Es sollte in Königsbrun­n sein, um in der Nähe der Mutter zu bleiben. Und ihre Katze Cinderella sollte mit einziehen dürfen. Angeschaut hat sie viele Wohnungen, aber es kamen nur Absagen. Nach unzähligen Besichtigu­ngen, Anrufen bei Maklern, Vermietern und bei der Stadt weiß sie nicht weiter. Ihre Mutter, Dr. Katalin Marloth-Mezey, hat über Kontakte alles versucht: „Ich war jahrelang Museumslei­terin des Mercateums, da kennt man einige Leute. Aber es hat sich nichts gefunden“, sagt sie. In ihrer Mietwohnun­g sei kein Platz für zwei Personen.

Für die Familie ist die Wohnungssu­che ein weiterer Schlag in einem extrem schwierige­n Jahr. Im Januar starb Nina Marloths Vater, im Februar zog sie sich bei einem Reitunfall einen Trümmerbru­ch am Schienbein­kopf zu. Eine lange OPNarbe am linken Bein zeugt davon. Zu allem Übel heilt die Verletzung wegen einer Entzündung nicht. Sie dürfe das Bein nicht belasten, in der Wohnung bewege sie sich meist im Rollstuhl vorwärts, sagt Nina Marloth. Die Mutter schaut regelmäßig nach ihr und hilft, wo sie kann. Für ein paar Stunden finanziert sie eine Haushaltsh­ilfe, die die Tochter unterstütz­t und auch mal zu Besichtigu­ngen oder Arzttermin­en fährt: „Doch ich bin jetzt auch finanziell am Ende meiner Kraft.“

Beide hoffen nun, dass sich noch etwas ergibt. 750 Euro kann Nina Marloth an Miete aufbringen. Wenn sie gesund ist, chauffiert sie als Busfahreri­n für ein Unternehme­n Schüler des Fritz-Felsenstei­n-Hauses und bekommt Zuschüsse vom Jobcenter: „Falls nötig, kann ich Wohngeld beantragen.“Ihre Mutter stünde ihr im Notfall auch zur Seite. Zudem will sie ihr Auto und die Küche verkaufen, die sie extra für die Wohnung angeschaff­t hat. Der Vermieter möchte sie nicht übernehmen. Das Geld bräuchte sie dringend. Das Jobcenter erstattet Klienten zwar die Kosten für einen Umzug, aber nur, wenn diese eine neue Wohnung in Aussicht haben. So bleibt Nina Marloth nur die Hoffnung auf ein Wunder.

O

 ?? Foto: Adrian Bauer ?? Nina Marloth hofft, dass sich doch noch eine Bleibe für sie findet. Ihre Mutter Katalin hilft zwar, wo sie kann. Mit Sack und Pack aufnehmen kann sie ihre Tochter aber nicht.
Foto: Adrian Bauer Nina Marloth hofft, dass sich doch noch eine Bleibe für sie findet. Ihre Mutter Katalin hilft zwar, wo sie kann. Mit Sack und Pack aufnehmen kann sie ihre Tochter aber nicht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany