„Einem Menschen zu helfen, ist ein tolles Gefühl“
Über 15 Jahre war Walter Keil Thannhauser AWO-Vorsitzender. Er blickt auch zurück auf die zahlreichen Fahrten nach Kroatien
Walter Keil sitzt an seinem Esszimmertisch. Vor ihm ein Stapel voller Zeitungsartikel und ein schwarzes Notizbuch. Er schlägt das Notizbuch auf und blättert. Kroatien 2006 heißt eine Überschrift. Darunter drei Notizpunkte. Der letzte davon lautet 02. November 2006. Er stockt und lächelt: „Insgesamt 60-mal bin ich für die Arbeiterwohlfahrt mit Hilfstransporten allein nach Kroatien gefahren. Zuletzt 2013“, erzählt der 83-Jährige. 15 Jahre war Walter Keil Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Thannhausen. Nun hat er sein Amt an Andreas Götzinger übergeben.
Sieben- bis achtmal im Jahr ist der 83-Jährige mit Hilfstransportern für die AWO nach Kroatien gefahren. Sie waren voller Lebensmittel, Bekleidung oder Medikamente. Er blickt auf einen Zeitungsartikel vom Jahr 1998 und liest die Überschrift vor: „Hilfe für Menschen ohne Hoffnung.“Er erklärt: „Ich habe den Krieg in Kroatien miterlebt. Zur damaligen Zeit konnten sich die Menschen, die dort gewohnt haben, von ihrem Geld nicht einmal eine Scheibe Brot leisten. Von Bekleidung ganz zu schweigen.“Er blickt auf das Bild und stockt: „Damals haben die Menschen sogar in Bunkern gewohnt. Denn das eigene Haus wurde im Krieg niedergeschossen.“
Seine Anlaufstelle in Kroatien war die Stadt Lovec. „Von dort aus bin ich Krankenhäuser, Kinderheime oder Altenheime angefahren“, erklärt er. „Ich war aber auch draußen auf den Dörfern und habe den Familien dort geholfen.“
Er blättert weiter in seiner Bildersammlung. Auf einem Bild steht neben einer kroatischen Krankenschwester ein alter VW Kombi. „Mit dem Kombi bin ich von Deutschland aus in eine kroatische Klinik gefahren. Als ich unten angekommen bin, habe ich ihnen das Auto gespendet.“Er lehnt sich zurück und lächelt. „Wir haben es sogar geschafft, zwei Feuerwehrautos nach Kroatien zu transportieren und zu spenden.“
Während er den kroatischen Zeitungsartikel, in dem über die Feuerwehrauto-Übergabe berichtet wird, zeigt, erinnert sich Walter Keil an eine Zeit in seinem Leben, in der er selbst auf Hilfe angewiesen war. „Vor zwölf Jahren ist mein Haus in Thannhausen abgebrannt.“Bis heute ist unklar, warum der Ölofen im Haus explodierte. Keil blickt sich in seiner neuen Wohnung um und schaut auf seine Frau. „Meine Frau erlitt durch den Brand eine schwere Rauchvergiftung und lag mehrere Wochen im Krankenhaus.“
Fast die Hälfte seiner Fahrten wurde Walter Keil begleitet von zwei Helfern: Christiane Miller und Dietmar Gasse. Schwierigkeiten gab es zu damaliger Zeit vor allem an den Grenzkontrollen. „Einmal haben die Grenzarbeiter alle Säcke des Lasters aufgerissen und die Medikamente für sich selbst genommen. Von da an hatten wir immer Zigaretten im Laster dabei.“Er schmunzelt: „So ging die Fahrt über die Grenze fast problemlos.“
Durch den Freundeskreis stieß Keil 1981 zur AWO. Davor war er Betriebsratsvorsitzender bei der Krumbacher Firma Faist. Als er mit 63 Jahren in Rente ging, hatte er Zeit, seine Leidenschaft auszuleben. „Ich konnte Menschen helfen, die in Not waren und ich sah, wie dankbar die Leute waren.“Er lächelt: „Menschen zu helfen ist wirklich ein tolles Gefühl.“
Neben den Helferfahrten setzte sich Walter Keil auch für hilfebedürftige Kinder und Erwachsene in der Region ein. „Über zehn Jahre habe ich die Kindererholung bei der AWO organisiert und bin mit Kindern aus armen Verhältnissen in den Urlaub gefahren oder habe Essen auf Rädern ausgefahren“, erzählt er. Unterstützung bekam Walter Keil von seiner Frau Monika. Sie schmunzelt mit einem Augenzwinkern: „Manchmal war ich sogar froh, wenn er weg war.“
Walter Keil blättert in seinem Notizblock und zeigt auf unzählige kroatische Namen und Adressen. Aus den Verbindungen in Kroatien hätten sich echte Freundschaften entwickelt. Er lächelt. „Vielleicht fahre ich dieses Jahr wieder nach Lovec. Diesmal nicht mit der AWO, sondern zum Urlaubmachen mit meiner Enkelin Melanie.“