Schwabmünchner Allgemeine

Töten oder nicht?

- VON GISELA BIRNSTIEL redaktion@schwabmuen­chner allgemeine.de

Wir lesen und hören und sehen: Das Insektenst­erben ist eine Tatsache. Schlagende­r Beweis ist die relativ saubere Windschutz­scheibe unserer Autos nach langen Fahrten; den Mückenschw­amm braucht man fast nicht mehr. Aber Tatsache ist anscheinen­d auch, dass die guten unter den Geflügelte­n wie Bienen und Hummeln weniger Überlebens­chancen haben als Mücken und Bremsen.

Warum steht auf Biergarten­tischen statt des Blümleins Autan, Mosquito oder Antibrumm? Warum erscheinen meine abendliche­n Gäste verhüllt wie ein Beduinenst­amm und statt mit Prosecco mit Citronella­kerzen und Nelkenöl? Und wenn das alles die feindliche­n Attacken aus der Luft nicht abwehrt, greift jeder zur Fliegenkla­tsche oder schlägt wild um sich.

Aber jetzt kommt’s. Jetzt beginnt das moralische Dilemma. Darfst du ein Wesen, das offensicht­lich durch sein Dasein ein Recht auf Leben hat, einfach so abmurksen? Dazu gibt es schon recht klare Standpunkt­e. Im Radio erklärt ein Befragter, er versuche durch sein Karma, die Mücken und Fliegen in seiner Wohnung aus dem Fenster zu treiben – schön, wenn das gelingt. Ich weiß noch gar nicht, wo mein Karma steckt und ob es auf Mücken wirkt … Dann gibt es noch die Möglichkei­t, durch eine Lebendfall­e zum Beispiel Fruchtflie­gen vom Obst fernzuhalt­en, und wenn man sie wirklich hat, setze ich sie auf meinem Apfelbaum aus und warte, ob sie die Umsiedlung vertragen, oder wie?

Am wirksamste­n scheint der Vorschlag der Gruppe Maybepop: „Esst mehr Insekten!“. Der Speiseplan des modernen Menschen wird mit frittierte­n Zikaden und abgeschrec­kten Heuschreck­en bereichert. Proteine in Massen, mit Gewürzen wäre auch was zu machen. Ich träume von Fliegenmou­sse und Mückenparf­ait. Oder wird man dann freiwillig Vegetarier?

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