Schwabmünchner Allgemeine

Glücksgefü­hle bei den Sensenmänn­ern

Wer mähen möchte wie früher, braucht ein maßgeschne­idertes Werkzeug und eine gute Technik. Beides bringt ein Verein den Menschen in einem Kurs näher. Wie eine alte bäuerliche Handwerksk­unst wieder zu Ehren kommt

- VON INGEBORG ANDERSON

Es macht Spaß. Es kostet nichts. Es ist belebend für Körper und Geist. Es ist leise, es schont die Natur, und man könnte es als einen Trend sehen – das Mähen mit der Handsense wie zu Großvaters Zeiten.

Und wer Peter Roth beobachtet, wie er in eleganten Schwüngen das hohe Gras an der artenreich­en Wiese mäht, kann das alles leicht nachvollzi­ehen. „Ich habe schon als Kind erste Versuche mit der Sense unternomme­n und jetzt will ich das Gras in meinem Garten auf diese Weise schneiden. So zu mähen gefällt mir sehr gut. Ich mag die Bewegung, wenn man erst in den Rhythmus und in den Fluss gekommen ist“, sagt der Bobinger.

Deshalb nahm er an einer der Veranstalt­ungsreihe rund um diese Technik teil, die der Landschaft­spflegever­band für den Landkreis Augsburg dieses Jahr in sein Programm aufgenomme­n hat, um die Wiederbele­bung dieser alten Handwerksk­unst zu unterstütz­en. „Der Artenreich­tum Mitteleuro­pas gründet zu einem guten Teil auf solchen alten Bewirtscha­ftungsform­en. In diesem Jahr widmen wir uns deshalb schwerpunk­tmäßig der Ursprungsf­orm des Mähens, dem Sensen“, erklärt Geschäftsf­ührer Werner Burkhart dazu.

Wer sensen will, braucht erst mal einen maßgeschne­iderten Sensenstie­l, den sogenannte­n Worb. Dazu bietet Schreinerm­eister Fred Theiner aus Bobingen einen Workshop an, bei dem jeder Teilnehmer seinen ganz persönlich­en Worb bauen kann. Theiner erklärt, worauf es dabei unter ergonomisc­hen Gesichtspu­nkten ankommt. „Der obere Griff muss an der Nasenspitz­e sein, der untere in Höhe des Beckenkno- chens.“Das passe bei den gekauften Worben nicht immer, wie Bernhard Schneider, der aus Neusäß zu diesem Kurs gekommen ist, weiß. „In meiner Größe gibt es keinen Worb, und mit einem kürzeren zu mähen, geht aufs Kreuz, und man hat weniger Schwung.“

Und Teilnehmer­in Sigrid Gröber hat praktische und nostalgisc­he Gründe dafür, dass sie künftig ihre Streuobstw­iese in den Stauden mit der Sense mähen will: „Anders geht es anders fast gar nicht. Mein Opa hat sie früher auch immer mit der Sense gemäht“, erinnert sie sich.

Das Material, aus dem die Teilnehmer ihre Worben schreinern, ist Eschenholz. Warum, erklärt Fred Theiner: „Es ist dafür am besten geeignet, weil es sehr fest und trotzdem elastisch ist. Außerdem arbeitet es wenig.“

Peter Roth ist mit seinem so entstanden­en Sensenstie­l sehr zufrieden. Mit jedem seiner Sensenschw­ünge wird die gerade Reihe des taufeuchte­n, gerade geschnitte­nen Grases länger und duftet herrlich. Alle paar Minuten hält er inne und schärft das Sensenblat­t mit einem feuchten Wetzstein nach. Aber nach zwei bis drei Stunden Mähen ist das nicht mehr genug, dann muss gedengelt werden. Und hier kommt Biobauer Georg Hahn vom Sensenvere­in Deutschlan­d ins Spiel.

Wenn er vom Mähen mit der Sense spricht, kommt er regelrecht ins Schwärmen. Er spricht sogar von Glücksgefü­hlen, die dabei freigesetz­t werden. Aber nur, wenn die Sense richtig scharf ist, denn: „Wer beim Dengeln schläft, der wacht beim Mähen auf“, zitiert er eine Bauernweis­heit. Von ihm erfahren Interessie­rte in Workshops, worauf man achten soll, wenn man die Sense auf dem Dengel-Amboss mit einem speziellen Hammer bearbeitet. Man darf nicht zu fest schlagen, sondern lässt den Hammer fast über das Sensenblat­t gleiten.

Und dann steht den Glücksgefü­hlen nichts mehr im Wege. Bleibt nur noch die Frage nach dem Naturschut­zeffekt: Dass erst nach Ende der Blühzeit gemäht wird, wirkt sich positiv auf die Artenvielf­alt aus. Außerdem bleibt durch den glatten Schnitt des scharfen Sensenblat­tes der Eingriff in die Wiesen-Lebensgeme­inschaft sehr gering. Die Schnittflä­chen der Pflanzen verheilen besser, und Wiesenbewo­hner wie Insekten, Frösche oder andere kleine Tiere können sich rechtzeiti­g in Sicherheit bringen.

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Fotos: Ingeborg Anderson Erst mit einem gut gedengelte­n Sensenblat­t macht das Mähen mit der Sense richtig Spaß.
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