Glücksgefühle bei den Sensenmännern
Wer mähen möchte wie früher, braucht ein maßgeschneidertes Werkzeug und eine gute Technik. Beides bringt ein Verein den Menschen in einem Kurs näher. Wie eine alte bäuerliche Handwerkskunst wieder zu Ehren kommt
Es macht Spaß. Es kostet nichts. Es ist belebend für Körper und Geist. Es ist leise, es schont die Natur, und man könnte es als einen Trend sehen – das Mähen mit der Handsense wie zu Großvaters Zeiten.
Und wer Peter Roth beobachtet, wie er in eleganten Schwüngen das hohe Gras an der artenreichen Wiese mäht, kann das alles leicht nachvollziehen. „Ich habe schon als Kind erste Versuche mit der Sense unternommen und jetzt will ich das Gras in meinem Garten auf diese Weise schneiden. So zu mähen gefällt mir sehr gut. Ich mag die Bewegung, wenn man erst in den Rhythmus und in den Fluss gekommen ist“, sagt der Bobinger.
Deshalb nahm er an einer der Veranstaltungsreihe rund um diese Technik teil, die der Landschaftspflegeverband für den Landkreis Augsburg dieses Jahr in sein Programm aufgenommen hat, um die Wiederbelebung dieser alten Handwerkskunst zu unterstützen. „Der Artenreichtum Mitteleuropas gründet zu einem guten Teil auf solchen alten Bewirtschaftungsformen. In diesem Jahr widmen wir uns deshalb schwerpunktmäßig der Ursprungsform des Mähens, dem Sensen“, erklärt Geschäftsführer Werner Burkhart dazu.
Wer sensen will, braucht erst mal einen maßgeschneiderten Sensenstiel, den sogenannten Worb. Dazu bietet Schreinermeister Fred Theiner aus Bobingen einen Workshop an, bei dem jeder Teilnehmer seinen ganz persönlichen Worb bauen kann. Theiner erklärt, worauf es dabei unter ergonomischen Gesichtspunkten ankommt. „Der obere Griff muss an der Nasenspitze sein, der untere in Höhe des Beckenkno- chens.“Das passe bei den gekauften Worben nicht immer, wie Bernhard Schneider, der aus Neusäß zu diesem Kurs gekommen ist, weiß. „In meiner Größe gibt es keinen Worb, und mit einem kürzeren zu mähen, geht aufs Kreuz, und man hat weniger Schwung.“
Und Teilnehmerin Sigrid Gröber hat praktische und nostalgische Gründe dafür, dass sie künftig ihre Streuobstwiese in den Stauden mit der Sense mähen will: „Anders geht es anders fast gar nicht. Mein Opa hat sie früher auch immer mit der Sense gemäht“, erinnert sie sich.
Das Material, aus dem die Teilnehmer ihre Worben schreinern, ist Eschenholz. Warum, erklärt Fred Theiner: „Es ist dafür am besten geeignet, weil es sehr fest und trotzdem elastisch ist. Außerdem arbeitet es wenig.“
Peter Roth ist mit seinem so entstandenen Sensenstiel sehr zufrieden. Mit jedem seiner Sensenschwünge wird die gerade Reihe des taufeuchten, gerade geschnittenen Grases länger und duftet herrlich. Alle paar Minuten hält er inne und schärft das Sensenblatt mit einem feuchten Wetzstein nach. Aber nach zwei bis drei Stunden Mähen ist das nicht mehr genug, dann muss gedengelt werden. Und hier kommt Biobauer Georg Hahn vom Sensenverein Deutschland ins Spiel.
Wenn er vom Mähen mit der Sense spricht, kommt er regelrecht ins Schwärmen. Er spricht sogar von Glücksgefühlen, die dabei freigesetzt werden. Aber nur, wenn die Sense richtig scharf ist, denn: „Wer beim Dengeln schläft, der wacht beim Mähen auf“, zitiert er eine Bauernweisheit. Von ihm erfahren Interessierte in Workshops, worauf man achten soll, wenn man die Sense auf dem Dengel-Amboss mit einem speziellen Hammer bearbeitet. Man darf nicht zu fest schlagen, sondern lässt den Hammer fast über das Sensenblatt gleiten.
Und dann steht den Glücksgefühlen nichts mehr im Wege. Bleibt nur noch die Frage nach dem Naturschutzeffekt: Dass erst nach Ende der Blühzeit gemäht wird, wirkt sich positiv auf die Artenvielfalt aus. Außerdem bleibt durch den glatten Schnitt des scharfen Sensenblattes der Eingriff in die Wiesen-Lebensgemeinschaft sehr gering. Die Schnittflächen der Pflanzen verheilen besser, und Wiesenbewohner wie Insekten, Frösche oder andere kleine Tiere können sich rechtzeitig in Sicherheit bringen.