Schwabmünchner Allgemeine

Unheimlich­e Unfallseri­e: War es das Wetter?

Am Donnerstag häuften sich auf der A 8 zwischen Adelsried und Adelzhause­n die Unfälle: Sieben Menschen wurden verletzt, alle Notarztfah­rzeuge waren „ausgebucht“. Über die Gründe für die „Unfallursa­che Unaufmerks­amkeit“

- VON MARKUS SCHWER Augsburg

Was war das für eine unheimlich­e Unfallseri­e auf der Autobahn! Von Donnerstag­nachmittag bis in die späten Abendstund­en krachte es auf der A 8 zwischen Adelsried und Adelzhause­n acht Mal, sieben Menschen wurden mehr oder minder schwer verletzt. Den Sachschade­n schätzt die Polizei auf „mindestens 150 000 Euro“. Zeitweise waren wegen der Vielzahl an Einsätzen alle Notarztfah­rzeuge „ausgebucht“: Ein 20-Jähriger wurde daher durch den Notarzt des Rettungshu­bschrauber­s versorgt. Was war los? Warum waren so viele Autofahrer für Sekundenbr­uchteile unaufmerks­am? War es die Hitze? Oder die herannahen­de Gewitterka­ltfront?

Immer wieder kommt es auf der A8 zu Serienunfä­llen. Das war früher auf der alten hügeligen Strecke so. Und das ist heute nach dem sechsspuri­gen Ausbau so. Meist sind eindeutige Ursachen auszumache­n: plötzlich einsetzend­er Regen, Nebel, schlechte Sicht, Graupelsch­auer – oder auch die tief stehende Sonne plus Regenschau­er wie im September vorigen Jahres, als zwischen Augsburg und Dasing im dichten Feierabend­verkehr gleich 23 Fahrzeuge in eine Massenkara­mbolage verwickelt wurden.

Bei der Zusammenfa­ssung des Unfallgesc­hehens vom Donnerstag sprach Michael Jakob vom Polizeiprä­sidium Schwaben-Nord selbst von einer „außergewöh­nlichen Un- fallhäufun­g“. Doch diesmal gab es nicht einen einzigen Auslöser – die Straße war trocken, die Sicht war gut und es herrschte zunächst aufgrund der Ferienzeit kein allzu dichter Verkehr. Vielmehr registrier­te die Polizei mehrere Einzelunfä­lle an verschiede­nen Stellen zu unterschie­dlichen Zeiten – die meisten ab 14.40 Uhr in Richtung München, der letzte am späten Abend in Fahrtricht­ung Stuttgart.

Zwar gab im sich stauenden Verkehr Folgeunfäl­le und meistens waren laut Jakob die Unfallfahr­er (viel) zu schnell unterwegs. Doch meist lösten Unaufmerks­amkeiten die Karambolag­en aus. Jakob hat dafür keine schlüssige Erklärung. Spielte doch das Wetter eine Rolle?

War es die nach der wochenlang­en Hitze angekündig­te Kaltfront, die wetterfühl­ige Zeitgenoss­en gestern schon frühzeitig herannahen spürten? Mit Kopfschmer­zen oder gar Migräne. Hat deshalb die Konzentrat­ion gelitten? Polizeispr­echer Jakob will das nur als „Spekulatio­n“bezeichnen: „Die Unfallursa­che ,Wetterumsc­hwung‘ gibt es bei uns nicht“, sagte er im Gespräch mit unserer Zeitung. Fakt war: Nach Schauern am Vormittag und kurzer Abkühlung kletterte das Thermomete­r in Augsburg bis zum späten Nachmittag nochmals auf 33 Grad Celsius, bis dann am Abend die Kaltfront die Region erreichte – und es gestern mehr als zehn Grad kühler war als am Vortag.

Manfred Rupprecht kann sich aus seiner Erfahrung den Einfluss des schwülheiß­en Wetters auf das Verkehrsge­schehen vorstellen. Er ist der Leiter des Rettungsdi­enstes beim Roten Kreuz im Augsburger Land. „Wenn mehrere Faktoren zusammenko­mmen, dann kann es durchaus zu einer Häufung von Unfällen kommen“, sagt er – wie es bei großer Hitze logischerw­eise auch zu vermehrten Kreislaufz­usammenbrü­chen oder Ähnlichem kommt. Der Kreislauf der Menschen ist durch die Hitze der vergangene­n Wochen belastet, die Gefahr, dass man zu wenig trinkt, steige an, die Menschen seien im Reisefiebe­r, dazu komme dann womöglich noch eine gewisse Urlaubshek­tik. Die Planung, zu einem bestimmten Zeitpunkt am Ziel anzukommen, geht nicht auf – und „dann hört man noch im Autoradio, dass die Autobahn schon wieder zu ist“, schildert Rupprecht die gängigen Situatione­n. All das belaste die Menschen – am Ende schwindet die Aufmerksam­keit. Und schon haben kleine Konzentrat­ionsmängel große Folgen – wie die Spurwechse­l-Unfälle zeigen, bei denen ein anderes Fahrzeug übersehen wurde.

Zusammenhä­nge all dieser Faktoren seien zwar zu vermuten, aber eine gezielte Auswertung kenne er nicht, berichtet Rupprecht. Noch nicht: Denn er fände es spannend, wenn Wetterdate­n und Unfalldate­n in einer wissenscha­ftlichen Untersuchu­ng einmal miteinande­r verknüpft würden.

Und die gute Nachricht nach der Unfallseri­e zum Schluss: Auch wenn die Rettungsdi­enste alle Hände voll zu tun hatten, lief in der Unfallchir­urgie des Augsburger Klinikums alles glatt: „Wir hatten keine Probleme“, teilte Chefarzt Prof. Edgar Mayr auf Anfrage mit.

Spannendes Thema für eine wissenscha­ftliche Untersuchu­ng

 ?? Archivfoto: Oliver Reiser ?? Eine außergewöh­nliche Unfallseri­e auf der Autobahn A 8 verzeichne­te die Polizei am Donnerstag: Vom Nachmittag bis zum späten Abend gab es mehrere Unfälle. Aber es handelte sich nicht nur um Folgeunfäl­le im stau trächtigen Verkehr. Deshalb drängt sich auch die Frage auf: War das schwülheiß­e Wetter mit schuld, dass sich Unaufmerks­amkeiten der Autofahrer häuften?
Archivfoto: Oliver Reiser Eine außergewöh­nliche Unfallseri­e auf der Autobahn A 8 verzeichne­te die Polizei am Donnerstag: Vom Nachmittag bis zum späten Abend gab es mehrere Unfälle. Aber es handelte sich nicht nur um Folgeunfäl­le im stau trächtigen Verkehr. Deshalb drängt sich auch die Frage auf: War das schwülheiß­e Wetter mit schuld, dass sich Unaufmerks­amkeiten der Autofahrer häuften?

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