Schwabmünchner Allgemeine

Höhmannhau­s: Aus vielen Gründen ein Aufreger

Die Diskussion um die Mieten im städtische­n Gebäude hat viele Facetten. Stadt und Kulturrefe­rent geben in dieser Sache kein gutes Bild ab. Auch der Umgang mit Mitarbeite­rn steht in der Kritik

- VON NICOLE PRESTLE nip@augsburger allgemeine.de

Schwer einzuschät­zen, dieser „Fall Höhmannhau­s“, der in Augsburg gerade so kontrovers diskutiert wird. Hat Christof Trepesch, der Leiter der Städtische­n Kunstsamml­ungen, jahrelang zu wenig Miete bezahlt? Hat er sich einen Vorteil verschafft, indem er als Verwalter der städtische­n Immobilie die Mieten dort selbst mit festlegte? Und welchen Anteil hat die Stadt – oder besser: das Kulturrefe­rat – an der vertrackte­n Situation, die letztlich ein Disziplina­rverfahren gegen Trepesch und einen weiteren städtische­n Beamten nach sich zog?

Es gibt viele Fragen, die Kulturrefe­rent Thomas Weitzel und die Juristen der Augsburger Verwaltung bislang nicht beantworte­t haben. Stattdesse­n behelfen sie sich mit Allgemeinp­lätzen: Man nehme „aus Gründen des Datenschut­z- und Persönlich­keitsrecht­s zu dienstrech­tlichen Themen, die Einzelpers­onen betreffen, keine Stellung“, heißt es lapidar.

Eindeutig beziehen dagegen Museumsexp­erten und Kunstförde­rer Position, die sich mit Briefen an unsere Redaktion wandten. Viele haben in den letzten Jahren mit Chrisselbs­t tof Trepesch zusammenge­arbeitet. Der 51-Jährige ist nicht nur Chef der Augsburger Ausstellun­gshäuser, er ist auch Vorsitzend­er der Arbeitsgem­einschaft der Museen in Bayern und verfügt über ein dichtes Netzwerk. Er sei ein Mann, heißt es, der sich nicht in Depots und hinter Büchern verstecke, sondern sich mühe, mit wenigen Mitteln und wenig Personal das Beste für die Museen in Bayern, vor allem aber in Augsburg herauszuho­len.

Die fachliche Leistung Trepeschs stellt in der aktuellen Debatte auch keiner infrage. In seine Amtszeit – der Saarbrücke­r trat 2004 die Nachfolge von Björn Kommer an – fallen Großprojek­te wie die Ausstellun­g „Zarensilbe­r“, die den kleinen Augsburger Kunstsamml­ungen als erstem städtische­n Museum überhaupt eine Kooperatio­n mit dem Moskauer Kreml einbrachte­n. Kunstförde­rer wie Hubert Stärker, Georg Haindl oder der inzwischen verstorben­e Augsburger Ehrenbürge­r Kurt F. Viermetz unterstütz­en die Museen finanziell, um Kunst anzukaufen oder um Stellen zu finanziere­n, für die die Stadt kein Geld hätte. Ohne die Kontakte Trepeschs, sagen Kenner, wäre dies alles nicht denkbar.

Das ist eine Seite der Medaille. Auf der anderen steht die Frage nach der Rechtmäßig­keit jener günstigen Miete, die Trepesch für seine Privatwohn­ung im Höhmannhau­s bezahlt. Etwas mehr als vier Euro pro Quadratmet­er sollen es sein – ein Spottpreis für die wachsende Stadt Augsburg, in der günstiger Wohnraum längst zur Mangelware geworden ist. Dass er selbst über die Miethöhe mit entschied, hat darüber hinaus ein „Gschmäckle“. Trepesch hätte sich darauf nie einlassen dürfen.

Aus all diesen Gründen taugt der Fall Höhmanhaus auch zu einer zweiten Diskussion, die von Neid befeuert sein mag: Wie kann es sein, dass ein leitender Angestellt­er mit gutem Gehalt so günstig wohnt, während Menschen in finanziell prekärer Situation keine Bleibe finden, weil sie sich die Mieten nicht leisten können? Allzu schnell wird da das Bild des raffgierig­en, korrupten Großkopfer­ten heraufbesc­hworen, der seine Position zum eigenen Vorteil nutzt.

Die Stadt als oberste Dienstherr­in des Kunstsamml­ungsleiter­s hat bislang wenig getan, um der Diskussion ihre Schärfe zu nehmen. Im Gegenteil: Kulturrefe­rent Thomas Weitzel gab vor zwei Wochen auf

bekannt, der Stadt

AZ-Anfrage

könnte durch die Situation im Höhmannhau­s „ein Schaden in nicht unerheblic­her Höhe“entstanden sein. Was er auch sagte, ohne dass zu diesem Zeitpunkt die Notwendigk­eit dazu bestand: Gegen zwei Mitarbeite­r seien dienstrech­tliche Maßnahmen eingeleite­t worden. Weitzel stellte Trepesch und einen weiteren Beamten der Kunstsamml­ungen damit ins Feuer, ohne sich gleichzeit­ig für eine rasche öffentlich­e Aufklärung einzusetze­n.

Nicht nur Stadträte, auch Museumsexp­erten und Bürger wundern sich über diesen Umgang mit der Fürsorgepf­licht. Zwar schob die Stadt nach, dass ein Disziplina­rverfahren auch dazu diene, „ausdrückli­ch alle entlastend­en Umstände zu ermitteln“. Doch selbst wenn sich herausstel­lte, dass bei der Verwaltung der Immobilie alles rechtmäßig lief: Christof Trepeschs Name wird für immer auch mit der Debatte um günstige Mieten im Höhmannhau­s verbunden sein. Dies erinnert an einen ähnlichen Fall vor drei Jahren im Parktheate­r Göggingen: Damals trennte sich die Kurhaus-Theater GmbH wegen des Verdachts auf Untreue überrasche­nd von ihrem bislang unbescholt­enen Geschäftsf­ührer. Die Gesellscha­ft – sie liegt zur Hälfte in Händen der Stadt, auch hier ist das Kulturrefe­rat federführe­nd – hatte die Vorfälle offiziell bestätigt. Die Staatsanwa­ltschaft konnte zwei Jahre später jedoch „kein gravierend­es Fehlverhal­ten“des Kulturmana­gers feststelle­n. Sein Job und seine Reputation waren dennoch dahin.

Fürs Höhmannhau­s heißt dies: Die Fakten müssen schnell auf den Tisch, sonst macht sich die Stadt angreifbar. Der Inhalt des Gutachtens, das den Kunstsamml­ungschef angeblich belastet, ist bislang nicht einmal allen Stadträten bekannt. Dasselbe gilt für die Begründung des Liegenscha­ftsamts, das zum Schluss kam, die Mieten im Höhmannhau­s seien angemessen. Außenstehe­nde können die Rechtmäßig­keit des Disziplina­rverfahren­s aber nur einschätze­n, wenn sie auch erfahren, welche Vorwürfe zu dessen Einleitung führten.

Und aus einem zweiten Grund ist Aufklärung nötig: Weitzel muss weiter mit Trepesch zusammenar­beiten. Die Museen stehen derzeit sogar im Fokus des Kulturrefe­renten; er arbeitet an einem Konzept, das die inhaltlich­e und organisato­rische Zukunft der Kunstsamml­ungen aufzeigen soll. Dem Leiter der Museen kommt in diesem Prozess eine wichtige Aufgabe zu. Trepesch, ist zu hören, setzt sich dabei intensiv für ein neues Römisches Museum ein. Das wiederum dürfte die Stadtregie­rung nerven: Sie kann sich ein neues Ausstellun­gshaus aktuell nicht leisten und hat das Römermuseu­m auf Eis gelegt. Doch das steht wieder auf einem anderen Papier.

Viele Fachleute beziehen eindeutig Stellung für Trepesch

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Das Höhmannhau­s in der Bildmitte (gelbe Fassade) steht aktuell in der Diskussion. Es wird von den Städtische­n Kunstsamml­ungen verwaltet, deren Leiter selbst im Höhmannhau­s wohnt. Rechts daneben ist das Schaezlerp­alais zu sehen, links daneben ein Privathaus. Vor dem Häuserkomp­lex steht der Herkulesbr­unnen.
Foto: Ulrich Wagner Das Höhmannhau­s in der Bildmitte (gelbe Fassade) steht aktuell in der Diskussion. Es wird von den Städtische­n Kunstsamml­ungen verwaltet, deren Leiter selbst im Höhmannhau­s wohnt. Rechts daneben ist das Schaezlerp­alais zu sehen, links daneben ein Privathaus. Vor dem Häuserkomp­lex steht der Herkulesbr­unnen.
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