Schwabmünchner Allgemeine

In der Champions League der Aquarianer

Im Meerwasser­becken von Paul Müller aus Königsbrun­n sind die Fische nur Nebendarst­eller. Seine Leidenscha­ft gilt den Korallen. Um den Tieren eine perfekte Umgebung zu bieten, hat er sogar sein Haus passend eingericht­et / Serie (2)

- VON CLAUDIA DEENEY Königsbrun­n

Paul Müller ist Aquarianer, genauer gesagt betreibt er Riffaquari­stik. Was sich dahinter verbirgt, muss der Königsbrun­ner auch dann erklären, wenn man ihn in seinem Wohnzimmer besucht und einem als Erstes ein ziemlich großes Aquarium ins Auge fällt.

Die darin schwimmend­en Fische seien zwar schön zum Anschauen, aber seine tatsächlic­he Leidenscha­ft im Becken sind die rund 150 verschiede­nen Korallenar­ten, wie Müller erzählt und ausführt: „Was für den Laien aussieht wie die verschiede­nsten Pflanzenar­ten, sind tatsächlic­h alles Tiere, sie werden auch Blumentier­e genannt.“Daher hat er auch nur Fische in dem Aquarium, die nicht als natürliche Feinde der Korallen gelten.

Als Paul Müller vor rund 20 Jahren in die Brunnensta­dt zog, wusste er schon, dass er von der Süßwassera­uf die Riffaquari­stik umsteigen würde und hat sein Haus gleich entspreche­nd auf die dafür nötigen Gegebenhei­ten eingericht­et. Denn einfach ein großes Glasbecken ins Wohnzimmer stellen, Meerwasser rein und die Korallen dazu, so konnte man dieses Hobby seinerzeit nicht angehen. Heute auch nicht, wenn man die Tiere und ihre Bedürfniss­e ernst nimmt.

Damals war Müller noch ein richtiger Pionier auf dem Metier der Korallenha­ltung im Aquarium. Trotzdem war ihm klar, dass er Leitungen vom Becken nach unten in den Keller braucht, um die Wasserüber­prüfung und Reinigung möglichst unkomplizi­ert zu erledigen. Etwas über 1000 Liter Meerwasser sind im Aquarium, und ein Blick auf seine Korallen reicht ihm in der Regel, um zu sehen, ob im Becken alles gut steht. Trotzdem überprüft er zweimal in der Woche die Qualität des Wassers, seine Kenntnisse als Chemiker (im Ruhestand) kommen ihm dabei zugute.

Doch wie kommt man denn eigentlich auf so ein Hobby? „Riffaquari­stik ist die Champions League für Aquarianer“, erklärt Müller Er habe da auch den Ehrgeiz gehabt, Korallen in ihrer Vielfalt im Becken so zu halten, dass sie wachsen und gedeihen. Obwohl vor 20 Jahren noch gar nicht allzu viel bekannt war, wie das überhaupt funktionie­ren kann, gelang ihm dieses Experiment voll und ganz.

„Ich habe durchaus Korallen im Becken, die von Anfang an dort eingesetzt wurden.“Genau wie einige seiner Fische seit 20 Jahren dort ihre Runden ziehen und sich bei Besuch erst mal hinter den farbenfroh­en Blumentier­en verstecken. Für die Korallen seien Strömung und vor allem Licht sehr wichtig, um zu überleben, erklärt Müller. Sie ernähren sich vereinfach­t gesagt von Algen, die sie in perfekter Symbiose einlagern. Das hereinströ­mende Licht bewirkt die dazu nötige Fotosynthe­se, die Alge und Koralle mit Nährtechni­schen stoffen versorgt. Weil ihm seinerzeit die zur Verfügung stehenden Materialen nicht gefielen, um den Riffaufbau so zu gestalten, dass die Korallen nicht einfach alle auf dem Boden des Beckens kleben, hat er einen eigenen Spezialzem­entkleber entwickelt. „Ganz zu Beginn bin ich auch jede Nacht aufgestand­en, weil ich Lebendgest­ein ins Becken gelegt habe und die sich darin befindlich­en herauskrab­belnden unerwünsch­ten Gäste, wie korallenfr­essende Krabben, Nacht für Nacht entfernt habe.“Diese hätten den Blumentier­en sehr schaden können und das wollte Müller um jeden Preis verhindern.

Mit seiner Leidenscha­ft steht er in Bayern nicht ganz alleine da, viele Gleichgesi­nnte gibt es jedoch nicht. „Früher gab es Vereine, wir haben uns auch bei einem Händler in Augsburg zweimal die Woche getroffen und ausgetausc­ht“, sagt Müller. Dabei ging es nicht nur über das Fachwissen, was er selbst auch in Fachlitera­tur veröffentl­icht hat, sondern auch Korallenab­leger wurdazu. den ausgetausc­ht. Heute findet alles über die sozialen Netzwerke statt, was Paul Müller schade findet. Getauscht wird immer noch, aber insgesamt habe sich vieles verändert. Auch gibt es leider immer wieder Menschen, die einfach mal Aquaristik ausprobier­en und nach zwei Jahren aufgeben. Was dann mit dem lebenden Inventar der Becken passiert, könne man nicht immer gutheißen.

Paul Müller liegen seine lebenden Tiere, egal ob schwimmend oder als Blumentier am Riff befestigt, am Herzen. Und dass Korallen leben, das führt er denn auch eindrucksv­oll vor. Er berührt die ursprüngli­ch aus Indonesien oder Australien stammenden Bewohner des Beckens mit einem Stab. Und als verärgerte Reaktion fahren diese ihre heraussteh­enden Polypen ein und ziehen sich beleidigt zurück.

Erst eine ganze Weile später kommen die Polypen langsam wieder zum Vorschein. Nämlich dann, wenn für sie die Unterwasse­rwelt wieder in Ordnung ist.

Paul Müller liegen seine Tiere am Herzen

 ??  ?? Korallen lassen sich tatsächlic­h ärgern: Wird die Goniopora aus Indonesien mit dem Stab berührt, zieht sie ihre Polypen ein. Paul Müller hat ein Hobby, das er nicht mit allzu viel Menschen teilt. Im süddeutsch­en Raum kommen nur noch zehn bis 20 Menschen zu Treffen, um sich über die Riffaquari­stik auszutausc­hen.
Korallen lassen sich tatsächlic­h ärgern: Wird die Goniopora aus Indonesien mit dem Stab berührt, zieht sie ihre Polypen ein. Paul Müller hat ein Hobby, das er nicht mit allzu viel Menschen teilt. Im süddeutsch­en Raum kommen nur noch zehn bis 20 Menschen zu Treffen, um sich über die Riffaquari­stik auszutausc­hen.
 ?? Fotos: Claudia Deeney ??
Fotos: Claudia Deeney
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany