In der Champions League der Aquarianer
Im Meerwasserbecken von Paul Müller aus Königsbrunn sind die Fische nur Nebendarsteller. Seine Leidenschaft gilt den Korallen. Um den Tieren eine perfekte Umgebung zu bieten, hat er sogar sein Haus passend eingerichtet / Serie (2)
Paul Müller ist Aquarianer, genauer gesagt betreibt er Riffaquaristik. Was sich dahinter verbirgt, muss der Königsbrunner auch dann erklären, wenn man ihn in seinem Wohnzimmer besucht und einem als Erstes ein ziemlich großes Aquarium ins Auge fällt.
Die darin schwimmenden Fische seien zwar schön zum Anschauen, aber seine tatsächliche Leidenschaft im Becken sind die rund 150 verschiedenen Korallenarten, wie Müller erzählt und ausführt: „Was für den Laien aussieht wie die verschiedensten Pflanzenarten, sind tatsächlich alles Tiere, sie werden auch Blumentiere genannt.“Daher hat er auch nur Fische in dem Aquarium, die nicht als natürliche Feinde der Korallen gelten.
Als Paul Müller vor rund 20 Jahren in die Brunnenstadt zog, wusste er schon, dass er von der Süßwasserauf die Riffaquaristik umsteigen würde und hat sein Haus gleich entsprechend auf die dafür nötigen Gegebenheiten eingerichtet. Denn einfach ein großes Glasbecken ins Wohnzimmer stellen, Meerwasser rein und die Korallen dazu, so konnte man dieses Hobby seinerzeit nicht angehen. Heute auch nicht, wenn man die Tiere und ihre Bedürfnisse ernst nimmt.
Damals war Müller noch ein richtiger Pionier auf dem Metier der Korallenhaltung im Aquarium. Trotzdem war ihm klar, dass er Leitungen vom Becken nach unten in den Keller braucht, um die Wasserüberprüfung und Reinigung möglichst unkompliziert zu erledigen. Etwas über 1000 Liter Meerwasser sind im Aquarium, und ein Blick auf seine Korallen reicht ihm in der Regel, um zu sehen, ob im Becken alles gut steht. Trotzdem überprüft er zweimal in der Woche die Qualität des Wassers, seine Kenntnisse als Chemiker (im Ruhestand) kommen ihm dabei zugute.
Doch wie kommt man denn eigentlich auf so ein Hobby? „Riffaquaristik ist die Champions League für Aquarianer“, erklärt Müller Er habe da auch den Ehrgeiz gehabt, Korallen in ihrer Vielfalt im Becken so zu halten, dass sie wachsen und gedeihen. Obwohl vor 20 Jahren noch gar nicht allzu viel bekannt war, wie das überhaupt funktionieren kann, gelang ihm dieses Experiment voll und ganz.
„Ich habe durchaus Korallen im Becken, die von Anfang an dort eingesetzt wurden.“Genau wie einige seiner Fische seit 20 Jahren dort ihre Runden ziehen und sich bei Besuch erst mal hinter den farbenfrohen Blumentieren verstecken. Für die Korallen seien Strömung und vor allem Licht sehr wichtig, um zu überleben, erklärt Müller. Sie ernähren sich vereinfacht gesagt von Algen, die sie in perfekter Symbiose einlagern. Das hereinströmende Licht bewirkt die dazu nötige Fotosynthese, die Alge und Koralle mit Nährtechnischen stoffen versorgt. Weil ihm seinerzeit die zur Verfügung stehenden Materialen nicht gefielen, um den Riffaufbau so zu gestalten, dass die Korallen nicht einfach alle auf dem Boden des Beckens kleben, hat er einen eigenen Spezialzementkleber entwickelt. „Ganz zu Beginn bin ich auch jede Nacht aufgestanden, weil ich Lebendgestein ins Becken gelegt habe und die sich darin befindlichen herauskrabbelnden unerwünschten Gäste, wie korallenfressende Krabben, Nacht für Nacht entfernt habe.“Diese hätten den Blumentieren sehr schaden können und das wollte Müller um jeden Preis verhindern.
Mit seiner Leidenschaft steht er in Bayern nicht ganz alleine da, viele Gleichgesinnte gibt es jedoch nicht. „Früher gab es Vereine, wir haben uns auch bei einem Händler in Augsburg zweimal die Woche getroffen und ausgetauscht“, sagt Müller. Dabei ging es nicht nur über das Fachwissen, was er selbst auch in Fachliteratur veröffentlicht hat, sondern auch Korallenableger wurdazu. den ausgetauscht. Heute findet alles über die sozialen Netzwerke statt, was Paul Müller schade findet. Getauscht wird immer noch, aber insgesamt habe sich vieles verändert. Auch gibt es leider immer wieder Menschen, die einfach mal Aquaristik ausprobieren und nach zwei Jahren aufgeben. Was dann mit dem lebenden Inventar der Becken passiert, könne man nicht immer gutheißen.
Paul Müller liegen seine lebenden Tiere, egal ob schwimmend oder als Blumentier am Riff befestigt, am Herzen. Und dass Korallen leben, das führt er denn auch eindrucksvoll vor. Er berührt die ursprünglich aus Indonesien oder Australien stammenden Bewohner des Beckens mit einem Stab. Und als verärgerte Reaktion fahren diese ihre herausstehenden Polypen ein und ziehen sich beleidigt zurück.
Erst eine ganze Weile später kommen die Polypen langsam wieder zum Vorschein. Nämlich dann, wenn für sie die Unterwasserwelt wieder in Ordnung ist.
Paul Müller liegen seine Tiere am Herzen