Schwabmünchner Allgemeine

Wie vereinbar sind Job und Kind?

Das Arbeitsleb­en zwischen Elternzeit und Kitaschlie­ßzeiten

- VON ADRIAN BAUER adi@augsburger allgemeine.de

Zwei Fragen bekommen meine Frau und ich im Moment häufig gestellt. Bei ihr ist es: „Wie machst du es zukünftig mit der Arbeit?“Bei mir: „Nimmst du auch Elternzeit?“Nun ließe sich ein langer Diskurs anstrengen, ob es nicht antiquiert ist, automatisc­h anzunehmen, dass die Frau erst einmal daheim beim Nachwuchs bleibt. Aber das würde zu weit führen. Denn uns und vermutlich viele andere Familien in derselben Situation beschäftig­en deutlich praktische­re Fragen.

Mit einem Gehalt eine Immobilie abzuzahlen und die laufenden Kosten zu decken, das ist für uns dauerhaft nicht drin. Was im Umkehrschl­uss bedeutet, dass meine Frau nach einer Pause wieder arbeiten wird. Und hier stellt sich schon jetzt eine durchaus entscheide­nde Frage: Wie gut sind Beruf und Familie tatsächlic­h vereinbar?

Hier hat sich in den vergangene­n Jahren viel getan. Das Elterngeld und die zugehörige­n Regelungen verhindern in Deutschlan­d amerikanis­che Verhältnis­se: In den USA stehen junge Menschen oft vor der Frage, ob sie sich Kinder überhaupt leisten können. Denn finanziell­e Hilfen oder ein Rückkehrre­cht in den Job gibt es schlicht nicht. In Deutschlan­d konnten frühere Generation­en nur davon träumen, dass beide Elternteil­e eine Auszeit nehmen können, um sich ihren Kindern zu widmen. Daher ist meine Antwort auf die Frage nach der Elternzeit: „Natürlich nehme ich die.“Das eigene Kind intensiv aufwachsen zu sehen und meine Frau zu entlasten, das will ich mir um nichts in der Welt entgehen lassen.

Engagiert haben sich viele Kommunen und andere Träger in den vergangene­n Jahren beim Aufbau der frühkindli­chen Betreuung. In den letzten zehn Jahren ist so ein flächendec­kendes Netz von Krippen entstanden, auch wenn immer noch nicht alle einen Platz bekommen. Die meisten Eltern aber wissen ihre Kinder in guten Händen, während sie arbeiten gehen – eine enorme Erleichter­ung für alle, die es sich nicht leisten können oder wollen, dauerhaft daheim zu bleiben.

Doch bei allen Errungensc­haften bleiben auch für uns Fragezeich­en: Wie passen unsere Arbeitszei­ten und die Betreuungs­zeiten zusammen? In der Stadt schließen die meisten Kitas um 17 Uhr, auf dem Land noch früher. Sehr früh für Redakteure, aber auch für Verkäuferi­nnen, Polizisten, Krankenpfl­eger und viele andere Menschen, die im Schichtdie­nst arbeiten. So ist man oft abhängig von verständni­svollen Chefs und Kollegen. Denn dass die Großeltern in der Nähe wohnen und einspringe­n können, ist nicht selbstvers­tändlich in einer Gesellscha­ft, in der viele für den Job ihre Heimat verlassen mussten.

Über die Lösung für dieses Problem wird seit Jahren diskutiert. Viel geschehen ist bisher aber nicht Mehr Erzieherin­nen sind gewünscht, bessere Rahmenbedi­ngungen und Verdienste für qualifizie­rte Arbeitskrä­fte konnte man nicht durchsetze­n. Die gestiegene Wertschätz­ung, von der überall zu lesen ist, schlägt sich nicht wirklich zählbar nieder. Ähnlichkei­ten zur Kranken- oder Altenpfleg­e sind leider nicht zufällig. Ohne zusätzlich­e Kräfte wird es auch keine längeren Öffnungsze­iten geben.

Und so bleibt als Antwort auf die Vereinbark­eitsfrage nur: Es ist besser als früher, aber einige Sorgen bleiben. Unserer Vorfreude tut das keinen Abbruch. Wir werden das Kind schon schaukeln.

 ?? Adrian Bauer ?? (37) ist Re dakteur in Schwabmün chen, mit Manuela Bauer verheirate­t. Die beiden leben in Königsbrun­n.
Adrian Bauer (37) ist Re dakteur in Schwabmün chen, mit Manuela Bauer verheirate­t. Die beiden leben in Königsbrun­n.

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