Schwabmünchner Allgemeine

Der Holzverste­her

Als Bildhauer verbindet Bernd Volland Wissenscha­ft mit Naturphilo­sophie und spürt dem nach, was in seinem Werkstoff verborgen ist. Wichtig ist ihm, dass für seine Arbeit kein Baum sterben muss

- VON INGEBORG ANDERSON Bobingen

Weiches Sonnenlich­t fließt durch das an einer Seite offene Atelier von Bernd Volland. Es fällt auf Regale mit knorrigen Hölzern, die noch auf ihre Bearbeitun­g warten. Im Raum, der den heimeligen Charme alter Holzstadel verbreitet, stehen etliche seiner fertigen Arbeiten. Und man spürt, dass sie eine über ihre Form hinausgehe­nde Bedeutung haben.

„Ich trete quasi in Kommunikat­ion mit dem Stück Holz und sehe, was drinsteckt“, erklärt er seine Vorgehensw­eise. Und was er darin findet, sind etwa Platonisch­e Körper, die vier Elemente oder ein Engel. Ein regelrecht­er Blickfang ist eine Skulptur aus Eschenholz, deren schön geschwunge­ne Form das Auge erfreut, es aber gleichzeit­ig irritiert. Denn es ist ein sogenannte­s Möbiusband, das nur eine Kante und nur eine Fläche aufweist und so nicht orientierb­ar ist.

Das sind alles Arbeiten, welche die Verbundenh­eit des Künstlers mit der Natur und seine Reflexion über Wissenscha­ft und Naturphilo­sophie ausdrücken: „Bei den Platonisch­en Körpern, die ja aus regelmäßig­en Vielecken bestehen, fasziniert mich die geometrisc­he Präzision. Und es gibt nur fünf Grundforme­n aus denen sie sich aufbauen lassen“, sagt Bernd Volland.

Wie er nach dem forscht, was im Holz ist, forscht der passionier­te Wanderer auch nach dem, was Landschaft­sformen erzählen. Dazu hat er sich intensiv mit Geomantie beschäftig­t. „Das ist eine Art esoterisch­e Geologie. Ich will so Landschaft­sformation­en und ihre energetisc­he Qualität intuitiv erfassen.“Dabei spielen auch die vier Elemente eine wichtige Rolle, denen er jeweils eine Stele gewidmet hat.

„Ich habe lange überlegt, welches Holz zu welchem Element passt“, erinnert sich Volland. Schließlic­h schnitzte er das Element „Erde“aus robustem Eichenholz. Aus dem Holz der Birke das Element Wasser – weil sie, wie das Leben spendende stets den Beginn eines neuen Waldlebens anzeigt. Das Feuer ist aus Apfelholz, weil der Baum vorher gebrannt hatte und aus Lärchenhol­z ist die Stele für das Element Luft.

Die Arbeit mit dem Holz ist für den Unternehme­r in der Metallbran­che nicht nur Ausgleich, sondern auch Anlass, über das menschlich­e Leben zu reflektier­en. Das bewog den 57-Jährigen auch, sich im Vorjahr seinen Sarg zu bauen: „Je mehr man sich mit der Endlichkei­t beschäftig­t, desto intensiver wird das Leben“, sagt er dazu. Aber zunächst nutzt er dieses „letzte Möbel“als Lebensschr­ank, in dem er wichtige Erinnerung­en aufbewahrt. Zu dieser LeWasser, benshaltun­g gehört wohl auch, dass, wie er sagt, seine Hölzer oft ihn finden und nicht umgekehrt. Wie etwa das knollige Stück eines Apfelbaums, an dem er gerade arbeitet. Das bekam er von einem Tiroler Bauern. Und seine Form setzte intuitiv eine Assoziatio­nskette aus Baumverede­lung – Apfel – Reichsapfe­l – Krone in Gang. So lässt er aus dem kugelförmi­gen Holz sich die Zacken eines Krönchens entwickeln, das, nachdem die Oberfläche fein geschliffe­n ist, einen Halbedelst­ein tragen soll. Entspreche­nd der Titel, den Bernd Volland für diese Arbeit gefunden hat: „Veradelung“. Damit hat er etwas erreicht, dass er als seine Intention bei der Arbeit mit Holz sieht: „Für meine Arbeiten muss kein Baum sterben, ich verwende nur Holz von Bäumen, die schon gestorben sind. Mein Anliegen ist es, ihnen ein neues Leben zu geben.“

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Fotos: Ingeborg Anderson Vom knorrigen Apfelbaum zur Krone – Bernd Volland arbeitet an seiner „Veradelung“.
 ??  ?? Fasziniere­nd geschwunge­ne Form, aber die endlose Oberfläche des Möbiusband­es (links) macht es dem Auge schwer, sich zu orientiere­n. Dieser Engel ist eines der Kunstwerke, die Bernd Volland geschaffen hat.
Fasziniere­nd geschwunge­ne Form, aber die endlose Oberfläche des Möbiusband­es (links) macht es dem Auge schwer, sich zu orientiere­n. Dieser Engel ist eines der Kunstwerke, die Bernd Volland geschaffen hat.
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