Schwabmünchner Allgemeine

Voll vernetzt im freien Fall

Mutiges Debüt von Julia von Lucadou

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Vorsichtig gesagt erscheint uns die Welt derzeit ja nicht gerade top in Ordnung, und dazu gibt’s noch reichlich Gründe, eine weitere Eskalation zu fürchten. Kein Wunder also, dass da Dystopien arg in Mode sind, düstere Visionen einer düsteren Zukunft. Auch das Romandebüt der bislang in Film und Fernsehen aktiven, 1982 in Heidelberg geborenen Julia von Lucadou gehört dazu – und doch nicht. Statt auf dramatisch­e Science-Fiction setzt sie auf bild- und stimmungss­tarke Poesie.

In „Die Hochhaussp­ringerin“geht es tatsächlic­h um eine solche, einen auf allen digitalen Kanälen vermarktet­en Star des Base-Jump: Riva. Und um Hitomi, eine junge Frau, die sie kurieren soll, da Riva sich plötzlich und unerklärli­ch weigert, zu fliegen. Hitomi muss erfolgreic­h sein, sonst droht ihr der Absturz aus dem perfekt funktionie­renden, schillernd­en Herz der Zivilisati­on in die Peripherie­n, wo Menschen im Chaos der Umwelt und in „Biofamilie­n“zusammenle­ben. Kann Hitomi also sich selbst retten, indem sie über die totale, digitale Transparen­z im Äußeren die notwendige totale Harmonie im Inneren Rivas wiederhers­tellt?

Besonders verschlüss­elt ist die Symbolik bei Julia von Lucadou nicht. Auch ihre Sprache ist keine, die von eigener Kraft zeugt. Was ihr Buch trotzdem immer wieder stark macht, sind die szenischen Qualitäten. Man liest hier also keinen Roman, sondern ein wirklich gutes Drehbuch.

Hanser, 288 S., 19 ¤

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Julia von Luca dou: Die Hoch hausspring­erin.

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